Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 2, 1986

Bücherecke Kunst, Landeskunde, Politik Ingeborg Jordan: Photographie im Böhmerwald 1880—1940. — Steyr: Verlag Ennsthaler 1983, 308 Seiten, zahlreiche Schwarzweißabbildungen, For mat 25,5 X 24 cm, Leinen mit Schutzumschlag, La denpreis S 420.— In einem Heft mit dem Schwerpunktthema „Böh merwald—Bayerwald" gebührt einem Werk Vor rang, das als einmalige Dokumentation des Böh merwaldes und seiner Menschen gewertet werden kann. Die Autorin, die sich auf dem Titelblatt bescheiden nur als Herausgeberin bezeichnet, hat ein bemer kenswertes Lebenswerk hinterlassen — sie starb kurz nach Erscheinen ihres Buches. Dargestellt wird, der Geschichte der Photographie entspre chend, der Zeitraum von 1880 bis 1940. Die Bild auswahlorientiertsich im wesentlichenan den Ar chiven der „Photopioniere des Böhmerwaldes", den beiden Krummauer Photographen Josef Wolf und Josef Seidel, die in biographischen Würdigun gen vorgestellt werden. Daran schließt sich ein beeindruckendes Bilder buch über und aus dem Böhmerwald mit den Bild kreisen: Die Böhmerwäldler — Personenaufnahmen im Atelier und im Freien; Der Lebenskreis — Alltag, kirchliches Leben, Höritzer Passionsspiele, Feste und Feiern; Die Arbeit — Landwirtschaft, Wald und Holz, Handwerk und Industrie, Anfänge des Fremden verkehrs; Die Umwelt — Landschaft, Orte, Krummau. Die Bilder begleiten einführende Texte und Bildbe schriftungen, die eine Kulturgeschichte des Böh merwaldes im angegebenen Zeitraum vermitteln. Geschrieben sind diese Texte mit großer Sach kenntnis und in schmerzlicher Liebe zur alten, ver lorenenHeimat. Dieses Werk sollte auch in Oberösterreich in jede heimatkundliche Bücherei — privat und öffentlich — Eingang finden. NIcolö Rasmo: Kunstschätze Südtirols. — Rosen heim: Rosenheimer Veriagshaus Alfred Förg 1985, 304 Seiten, 208 Farbtafein, 90 Schwarzweißfotos, 24,5 X 32,5 cm, Leinen mit Schube,r Ladenpreis S 975.— Dr. Nicolö Rasmo ist durch zahlreiche Arbeiten über kunstgeschichtliche Themen Südtirols, vor allem durch seine vorzügliche Michael-Pacher Mo nographie, auch in Österreichs Kunstgeschichte ein Begriff. Gerne erinnert man sich hierzulande an seine korrekte Amtsführung ais Leiter des Südti roler Denkmalamtes 1960—1973 und an seine er folgreiche Tätigkeit 1940—1981 als Direktor des Bozener Stadtmuseums. Der gebürtige Trientiner kann als wahrer Freund Südtirols bezeichnet wer den. Er bekennt sich zur wohltuenden Tendenz des Ausgleichs und gegenseitigen Verständnisses. Vorliegendes Werk, wieder ein Prachtband der „Rosenheimer Raritäten", verdankt sein Entstehen in erster Linie der Sparkasse Bozen, die 1973 für ihren Kundenkreis vom Autor eine „Kunst in Südti rol" herausgab. Nunmehr wird diese Publikation in einer erweiterten Neuauflage einem breiten Publi kum bekannt gemacht. Die Lektüre ist jedem Freund Südtirols wärmstens zu empfehlen. Eine reiche Bildausstattung vermittelt eine Gesamt schau der Kunstlandschaft Südtirols bis herauf in die Gegenwart. Bei der Textgestaltung bemühte sich der Autor, gemäß seinen eigenen Worten, „einen klaren und leicht lesbaren Abriß der Kunst geschichte Südtirols anzubieten". Neben Bekann tem werden wir auf viel Neues aufmerksam ge macht, auf verborgene Kostbarkeiten hingewiesen, über den neuesten Forschungsstand informiert. In allen Kapiteln wird deutlich die geographische Brückenlage Südtirols als wesentliches, befruch tendes Element seiner kulturellen Entwicklung herausgearbeitet. Beschränkt sich der Denkmälerbestand aus der Vorgeschichte des Landes auf wenige Beispiele — vorgeschichtliche Steinsäulen (Menhire), Bronze gürtel und Situlen, Gebäudereste der römischen Straßenstationen, vor allem in St. Lorenzen im Pu stertal (Sebatum) —, so zeigt sich bereits in der „Kunst des Frühmittelalters" Südtirol als eine der bedeutendsten europäischen Kunstlandschaften. Das Wallfahrtskirchlein St. Prokulus bei Naturns, die Kirche St. Benedikt in Mals zählen zum interna tional bekannten Denkmälerbestand der Karolin gerzeit. Bereits im 8. Jahrhundert beginnt eine einmalige Entwicklungsreihe von Wandgemälden, die Südti rol als ein Zentrum abendländischer Freskomalerei erscheinen lassen. Nur wenige Hinweise; Krypten fresken in der Stiftskirche von Marienberg, Gemäl dezyklen in Hocheppan und Grissian, Iwein-Zyklus auf Schloß Rodeneck, Zyklus in der Johanneska pelle der ehemaligen Dominikanerkirche in Bozen, Kreuzgang von Neustift (zur österreichischen Kon gregation der Augustiner Chorherren gehörend), Domkreuzgang in Brixen . . . Neue Höhepunkte bringt die Gotik. Großartige Kir chenbauten im Spannungsfeld lombardischer Bauhütten und deutscher Baumeister, wie etwa Martin Schiebe aus Augsburg, von dem die Bozner Dombauhütte in eine neue Richtung gewiesen wurde. Hervorragend die Leistungen der Plastik, gipfelnd in den Werkstätten der Flügelaltäre; Hans Multscher in Sterzing, Hans Klocker, Hans Schnat terbeck, Jörg Lederer, vor allem Michael Fächer mit Sohn Hans und Gehilfen Friedrich. Hingewie sen sei auch auf den Maler Marx Reichlich, der 1465 in Neustift geboren wurde, 1494 in Salzburg das Bürgerrecht erwarb. Aus dem Barock sind für österreichische Leser be sonders interessant die Ausführungen über die Ba rockmaler Stefan Kessler, gebürtig aus Wien, den aus Schlesien stammenden Karl Henrici, Franz und Michelangelo Unterperger aus Cavalese. Und Paul Troger? „Die beiden größten Maler der Ba rockzeit, Johann Evangelist Holzer und Paul Tro ger, wurden im Ausland berühmt." Wie sehr sich der Autor um eine Gesamtschau der Südtiroier Kunstgeschichte bemüht, beweist sein abschließendes Kapitel „Die Neuzeit". Dieses Werk „Kunstschätze Südtirols" ist in seiner Qualität und Bedeutung der ebenfalls im Rosen heimer Verlagshaus erschienenen „Kunst in Bay ern" von Hermann Bauer anzureihen, die im vori gen Heft unserer Zeitschrift ausführlich beschrieben worden ist. Franz Unterkircher: Das Stundenbuch des fJiitteiaiters. — Graz: Akademische Druck- u. Veriagsanstait 1985, 220 Seiten, 16 Farbtafein, Format 14,8 x 21 cm. Ganzleinen mit farbigem Schutzumschlag, Ladenpreis S 280.— Die akademische Druck- und Verlagsanstalt in Graz ist bekannt für ihre Faksimile-Ausgaben kost barer mittelalterlicher Handschriften. Die Serie nennt sich „Codices selecti". Bedeutende Beispiele aus Oberösterreich sind der „Codex Millenarius" und „Speculum Humanae Salvationis" aus der Stiftsbibliothek Kremsmünster. Mit dieser Neuerscheinung wendet sich der Verlag an ein breites Lesepublikum. Cimelien mittelalterli cher Buchkunst werden bekannt gemacht. Die 16 Farbtafeln sind entnommen dem Codex Vindobonensis Series nova 1844 („Rothschild-Gebetbuch") und dem Codex Vindobonensis 1857 („Gebetbuch der Maria von Burgund") in der Handschriften sammlung der Österreichischen Nationalbiblio thek. Es sind edle Miniaturen aus dem Spätmittel alter, die wir in vorzüglichen Reproduktionen betrachen können. Dem Herausgeber Dr. Franz Unterkircher, wohl einem der bekanntesten österreichischen Biblio thekswissenschafter, geht es in diesem Buch aber auch darum, neben Kunstgenuß das Wesen der mittelalterlichen Stundenbücher neu zu erschlie ßen. In seinem einleitenden Text erläutert er das mittelalterliche Stundenbuch — Livre d'heures — als ein Laienbrevier, das in der Zeit des 14. bis ins 16. Jahrhundert beliebt und gefragt war. Den Gläu bigen wurde in diesen Gebetbüchern eine ähnli che tägliche Andacht wie im mönchischen Chorge bet ermöglicht. Die Texte in dieser Ausgabe wurden aus den be reits angeführten Codices ausgewählt, mit Ergän zungen aus anderen Handschriften, aus der ur sprünglichen Gebetssprache Latein ins Deutsche, also für einen praktischen gegenwärtigen Ge brauch, übertragen. Die religiöse Bedeutung dieses Buches drückt sich in der kirchlichen Druckerlaubnis des Bischöflichen Ordinariates Graz-Seckau vom 24. Mai 1985 aus. „Die Gebete des Livre d'heures können aber noch mehr bedeuten als ein Zeugnis für die Frömmigkeit in vergangenen Zeiten. Sie eignen sich durchaus als Gebetsformen für den modernen Christen." Werner Jobst: Antike Mosaikkunst in Östereich. — Wien: Österreichischer Bundesveriag 1985, Leinen, zahlreiche Färb- u. Schwarzweißbilde,r Leinen mit Schutzumschlag, Ladenpreis S 598.— Dr. Werner Jobst, Universitätsprofessor für Klassi sche Archäologie in Wien und designierter Direktor des Museums Carnuntinum, gestaltete dieses „Österreich-Thema aus dem Bundesverlag" als „in formatives Fachbuch", ein Vorhaben, das sich in Österreich auch die Kunsthistoriker zum Vorbild nehmen sollten. Bei voller Wahrung der Wissen schaftlichkeit des Textes ist die Darstellung anre gend, leicht verständlich. Thema des Buches ist die Entstehung, Entwick lung und Verbreitung der antiken Mosaikkunst auf dem Boden der Austria Romana. Rund 400 Jahre gehörte unser heutiges Bundesgebiet zur „antiken Supermacht Rom". Trotz Grenzlage entwickelte 87

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