Sperlingskauz. Seine Heimat ist der Bergmischwald. sogar die sehr selten gewordene Elbe wächst hier noch an manchen versteckten Plätzen. Hier ragen In einzelnen Urwaidresten noch gewaltige Baumriesen mit weit über einem Meter Durchmesser und bis zu 50 m Höhe über das Kronendach heraus und schützen den Wald vor Sturm. Werden, Sein und Ver gehen vollzieht sich In dieser natürlichen Le bensgemeinschaft Wald allein nach den Ge setzen der Natur auf engstem Raum. Einzelne tote Bäume sind hier nicht Zeichen der Auflösung oder Zersetzung, sondern Ga ranten für eine stetige Walderneuerung. Eine Vielzahl von Lebewesen besiedelt diese „toten" Lebensräume. Flechten, Pilze, Insek ten, Spechte, Höhlenbrüter bilden zusam men ganze Nahrungsketten, die sich auf das tote Holz spezialisiert haben. Über 50 Vogel arten brüten z. B. Im Urwald am Rachelsee, einem Urwaldrest, der einen Eindruck vermit telt von der gewaltigen Vielfalt des Lebens, der zeigt, welch gewaltige Kolosse die Wald bäume bei uns werden können, wenn man sie nur läßt, der zeigt, daß nicht Ordnung Im Wald von Natur aus, sondern scheinbare „Unordnung" das Prinzip Ist. Hier Im Bergmischwald wäre das natürliche Vorkommen der Auerhühner, die durch Unru he und Nutzung In die unwirtlichen Hochla gen zurückgedrängt wurden. Durch Schutz vor Beunruhigung und durch den Wegfall der Nutzung werden sie wieder In Ihre ange stammten Lebensräume zurückkehren können. Hier leben noch viele Tiere, die anderswo kaum mehr vorhanden und längst vom Aus sterben bedroht sind. Der Weißrückenspecht z. B. Ist auf schwaches, absterbendes Laub holz angewiesen. Für den Dreizehenspecht wiederum sind vom Schnee gebrochene Fichten lebenswichtig. Von Ihm Ist der Sper lingskauz abhängig, der In seinen Höhlen nistet. Eine Vielzahl von solchen Abhängig kelten bestimmten das Gefüge dieses natur nahen Waldes. Aufichtenwald In den vorgelagerten Talmulden staut sich die von den Hängen abfließende Kaltluft. Die Bö den sind häufig vernäßt und neigen zur Bil dung von Flachmooren, den Auen. Hier wächst auch ein von Natur aus reiner Fich tenwald, fast das Gegenstück zum Hochla genfichtenwald, der Aufichtenwald. Die häu fig auftretenden Nachtfröste — sogar Im Juni, Juli oder August — lassen hier keine Tannen und Buchen aufkommen. Lediglich die an spruchslose Moorbirke und In günstigeren Standorten die Erle können neben der Haupt baumart Fichte hier spärlich gedeihen. Die Bäume des Aufichtenwaldes sind bis zum Bo den sperrig beastet. Je nässer der Unter grund Ist, um so vereinzelter stehen sie. Welt mehr als In den Wäldern der Hochlagen trägt hier der Windwurf zur Walderneuerung bei. Die Fichten können Im nassen Untergrund nur sehr flach wurzeln und werden so häufig einzeln oder gruppenweise, manchmal auch flächig vom Sturm geworfen und machen da mit einer neuen Waidgeneration Platz. Kreuz und quer liegende Stämme, Sämlinge auf ge kippten Wurzeltellern, dazwischen wieder dunkle, dicht geschlossene, sperrige Waldpartlen prägen das Bild dieser Auflchtenwaldgesellschaft. Der schwankende Boden Ist meist dicht mit Moosteppich und Beerkräu tern bedeckt. Die Ziele des Nationalparks Naturschutz Das Bayerische Naturschutzgesetz stellt für Nationalparks vier Ziele In den Vordergrund; Naturschutz, Forschung, Bildung und Erho lung, allerdings mit der wesentlichen Ein schränkung, daß Forschung, Bildung und Er holung nur dort statthaft sind, wo der Naturschutzzweck nicht beeinträchtigt wird. So dient der Nationalpark Bayerischer Wald vornehmlich der Erhaltung und Wiederher stellung natürlicher Lebensgemeinschaften sowie eines artenreichen heimischen Tier und Pflanzenbestandes. Naturschutz Ist demnach die oberste Aufgabe Im National park Bayerischer Wald und es Ist die konse quente Erfüllung dieses gesetzlichen Natur schutzauftrages, wenn nunmehr fast 6000 ha Waldfläche überwiegend In den Hochlagen des Parks als sogenannte Reservatsfläche ausgewiesen sind. Reservat, das bedeutet, daß hier weder Holz geschlagen, noch gejagt werden darf. Es bedeutet auch, daß die Wan derer auf den Wanderwegen bleiben müssen. Große Waldbestände, eine zusammenhän gende Waldfläche zwischen Rachel, Lüsen und Steinfleckberg werden damit sich selbst überlassen. Das Ist einzigartig In Mitteleuro pa. Die Kräfte der Natur, Werden und Verge hen vollziehen sich hier ohne menschliche Beeinflussung. Natürliche Entwicklungen und Naturereignisse, die gemeinhin und In normal bewirtschafteten Wäldern mit Recht als Katastrophen bezeichnet werden, zählen auch dazu. So bedeuten die Windwürfe von 1983 und 1984 deshalb für die Wälder des National parks auch keine Katastrophen, sondern sie sind natürliche Ereignisse. Rund 40.000 Fest meter Holz, verteilt auf über 90 kleinere Ein zelflächen, wurden geworfen. Ein Großteil da von liegt Innerhalb des rund 6000 ha um fassenden Reservats. Es werden aus diesem Grund nach einer dem Gesetz entsprechen den Entscheidung etwa 25.000 Festmeter Windwurfholz nicht aufgearbeitet. Aus ehe mals bewirtschafteten Wäldern entwickelt sich so auf natürliche Welse wieder Urwald. Verschiedenartige und verschieden alte Bäu me, Baumriese neben Sämling, umgestürzte und stehende tote Baumstämme — so etwa müßte man sich den Wald Im Urzustand auf der größten Fläche des Nationalparks vorstel len und so soll er eines Tages wieder ausse hen. In einem „gesunden" Urwald beträgt der Anteil des toten Holzes Immerhin 10 bis 20 Prozent der Gesamtholzmasse. Der Ur wald am Rachelsee Ist ein Beispiel dafür, wie eines Tages unsere Kinder den Natlonalparkwald auf größerer Fläche sehen könnten. Forschung Eine weitere wichtige Aufgabe weist das Ge setz dem Nationalpark zu: die Forschung. Gerade die Windwürfe, die In den Reservats bereichen nicht aufgearbeitet werden, bieten erstmals In Mitteleuropa die Gelegenheit, na türliche Abläufe bei der Entstehung neuer Wälder nach einem so einschneidenden Na turereignis wie einem Windwurf zu beobach ten und zu erforschen. Von den über 150 abgeschlossenen oder lau fenden Forschungsprojekten, die den Natio nalpark Bayerischer Wald zum besterforsch ten Waldreservat Mitteleuropas machen, seien hier nur einige genannt: Das Leben und Verhalten von Hirsch und Reh In einem geschlossenen Waidgebiet z. B. 66
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