•''JT,^ ^r 75»-fi » .«t^- •^- , ^Ar ^ir-t ' y^§!in'^^¥ ■■ » Fritz Cernajsek, Das Donautal bei Aschach, Radierung, signiert links unten; Fritz Cernajsek. dem geographischen Mittelfeld Europas drei deutsche Staaten existieren, die es neben einander aushalten können. Und In der Tat, — so verhält es sich. Der Versuch, den alten mittelalterlichen Universalstaat des Heiligen Römischen Reiches, der auch ganz Öster reich umfaßt hat. In dem die deutschspre chenden Teile Österreichs ein Kernstück waren, In einen Nationalstaat mit Grenzen umzuformen, die von niemandem und zu kei ner Zelt zu verteidigen gewesen sind, er kann als so endgültig gescheitert gelten, wie In der Geschichte überhaupt etwas endgültig sein kann. Die europäische Mitte muß anders aus balanciert werden, nicht nur politisch, nicht nur machtpolltlsch, auch siedlungs- und kul turgeographisch, als durch Versuche einer deutschen Natlonalstaatllchkelt, von der es zu den Konstanten deutscher Kultur keine Brücke gibt. Das In der Nachkriegszeit gefun dene Konzept von drei deutschen Staaten auf dieser geographischen Mitte Europas, so wie Hans Heigert beschrieben hat, scheint eine zukunftsfähige Konzeption zu sein, wenn es denn gelingt, daß die bestehenden deut schen Staaten so miteinander umgehen kön nen, wie Deutschland und Österreich seit 40 Jahren miteinander umgehen und vor allem wie Niederbayern und Oberösterreich mitein ander leben, wie sie miteinander, nebenein ander, aber auch füreinander leben, denn die alte Kulturgemeinschaft, die ein rundes Jahr tausend bestanden hat, über die Grenzen hinweg, über die Institutionsverschiedenhel ten hinweg, hat sich In einem einzigartigen Maße wiederentfaltet, man kann die Universi tät Passau, man kann die Europäischen Wo chen In Passau, man kann aber umgekehrt auch die mannigfachen kulturellen, vor allem alltagskulturellen Abstützungen, die die bay erische Kultur durch das benachbarte Ober österreich erfährt, als Beispiele heranziehen. Sicher hat dazu auch viel beigetragen, daß Oberösterreich Zentren besitzt, die über das ganze Land verstreut sind, daß es deshalb auch dem benachbarten Bayern Modelle für die Entwicklung der letzten Jahrzehnte gege ben hat. Es kann ja kaum ein Zweifel daran bestehen, daß die eigentliche Sensation der Nachkriegszelt Im deutschen Sprachraum nicht In erster Linie In dem so viel beschriebe nen Wirtschaftswunder, sondern vor allem In dem kulturellen Wunder bestanden hat, das eine Karrlere des Dorfes, der Landstadt, überhaupt des ländlichen Siedlungsraumes geworden Ist, ganz anders als die extrem auf Hauptstädte, auf Metropolen konzentrierte und deshalb oft schwache und wenig tragfä hige kulturelle Entwicklung der benachbar ten sozialistischen Staaten. Zu den großen Erinnerungen der Jugend ge hören aber auch noch zwei Erscheinungen, die eine mit dem Kriegsende verbunden, die andere mit der Hochlndustriallslerung der Nachkriegszelt. Die erste war die Anwesen heit von zwölf ungarischen Divisionen auf der bayerischen. In geringem Maße auch auf der österreichischen Seite In den Frühllngswochen des Jahres 1945. Die erste große Be gegnung für mich mit der ungarischen Spra che, mit der Erscheinung von Ungarn, vor allem mit den Offizieren und Ihren Frauen, die mit diesen Truppen bei uns das Alltags bild beherrschten, die Bekanntschaft mit Südosteuropa, das alles hat sich durch diese Gestalten, durch die fremde Sprache, durch die Pferde, die sie mitführten, Ihre Uniformen, die Planwagen, alles das, was eine damals ziehende Armee begleitet hat, realisiert. Sie sind später verschwunden, Ungarn schien 1956 auf Immer hinter den Rand Europas zu versinken, aber wir wissen heute, daß die Ent wicklung völlig anders verlaufen Ist, daß Österreich seine alte Brückenfunktion, unter stützt durch seine sonderbare geopolltlsche Gestalt mit einer überlangen Ost-West-Aus dehnung, zurückgewonnen hat. Daß der Weg nicht nur In den geographischen Raum Süd osteuropas, vor allem zur Slowakei und nach Ungarn, sondern noch mehr In die kulturellen Überlieferungen der südosteuropäischen Nachbarländer wieder die Donau entlang, zuerst über Oberösterreich, dann durch den niederösterreichischen Donauraum und Wien führt, das sind Erfahrungen, die durch den Umgang mit dem Nachbarland auf die sem Wege zurückgewonnen werden konn ten. Für mich Ist dieses Nachbarland Immer die Brücke zu der einst als schmerzlich abge schnürt erlebten Welt des Ostens und beson ders Südosteuropas geblieben. Dann die andere Erfahrung, die am Beginn der Hochlndustriallslerungsphase steht, der Bau des Jochenstein-Kraftwerkes. In den letzten Monaten, die Ich In der Heimat ver38
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