Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 2, 1986

Das Rosenbergergut im Bayerischen Wald mit Blick zum „Steinernen Meer". — Foto: H. Lehner, Breitenberg, Bayerischer Wald. Die Schriftleitung dankt dem Adalbert-StifterInstitut des Landes Oberösterreich für kollegiale Unterstützung bei Beschaffung des Bildmaterials zu diesem Beitrag. iriLfri Am 19. Juli 1864 reisten Stifter und seine Frau über Passau in den Bayerwald, um im Rosen bergergut den Sommer zu verbringen. Nach einem drei Monate währenden Erholungsauf enthalt sieht Stifter seine „lange schleppende Krankheit" behoben. Linz war ihm, wie er ge genüber Katharina Rosenberger später äu ßerte, „auf das prächtige Waldland hinaus wie ein Kerker. . ." Für 1865 wurde wiederum bei Rosenberger um gastliche Aufnahme gebe ten: „Geben Sie mir auf die schöne Sommer zeit wieder das Ladenstöcklein, ich bitte Sie auf das Freundschaftlichste darum. . . . mei ne ganze Seele hängt an der Gegend. Wenn ich irgendwo genese, so ist es dort. . ." Im Gedanken an das Rosenbergergut ver weist er den Besitzer auf seinen großen Ro man „Witiko": „Im ,Witiko' steht Ihr Waldhaus prachtvoll als Eigentum eines bairischen Rit ters im Jahre 1138. Nun später ist es zerstört worden, es ist wieder Wald geworden und das jetzige erst in unseren Zeiten aufgebaut worden." Das Rosenbergergut ist vom Drei sesselfelsen bloß eine Wegstunde entfernt, der Plöckensteinersee wäre in zwei Stunden zu erreichen. Im „Hochwald" wird erzählt, daß an den Ufern dieses Sees die Töchter des Herren von Wittingshausen Zuflucht vor den Kriegsgefahren suchten. In dieser Ge gend läßt der Dichter Witiko seine Braut Berta finden, hier lebt auch das braune Mädchen aus Stifters „Waldbrunnen". Neuerlich traf das Ehepaar Stifter am 2. Juli 1865 in den Lackenhäusern ein, wo wieder im „Laden stöcklein" bei Rosenberger Quartier bezogen wurde. Im Herbst nach Linz zurückgekehrt, hält es Stifter nicht lange in der Stadt. Er flüchtet nach Kirchschlag: „Was die Lacken häuser begonnen hatten, vollendet dieser Berg; ich bin fast völlig gesund", gesteht er Katharina Rosenberger. Am 7. Juni 1866 kam Stifter, von seiner Nichte begleitet, wieder in das Rosenbergergut. Wie man aus den Brie fen an seine Frau entnehmen kann, ist der Ta gesablauf in den Lackenhäusern — unterbro chen von regelmäßigen Spaziergängen und Wanderungen — der Malerei und schriftstel lerischer Arbeit gewidmet. Häufig begibt er sich auch an die bayrisch-oberösterreichische Grenze nach Schwarzenberg, um dort die Post und den Stellwagen mit den aus Linz benötigten Sendungen zu erwarten. Einge hend wird der Gattin über den Fortgang der Arbeiten am „Witiko" wie an der Staffelei be richtet. Der Ausbruch des preußisch-österrei chischen Krieges schreckt Stifter aus der Idylle des Bayerwaldes. Nach der Schlacht bei Königgrätz eilt er nach Linz zu seiner Frau, doch nur zu bald flieht er die Unruhe der Stadt, um in Kirchschlag Aufenthalt zu nehmen. Aber die innere Unrast treibt den Dichter zurück in den Bayerwald. Der Eintritt einer Schlechtwetterperiode lastet schwer auf dem Gemüt Stifters und hindert ihn am Malen: „Ich gab mich den besten Hoffnungen hin und richtete meine Malgeräte zurecht. Bald kamen die Wolken, der Wald hüllte sich in Nebel... ich bin mit dem Bilde in einer Lage, daß ich einen schönen Tag brauche, den ich sehnlichst erwarte . . Endlich kann Stifter am 27. August berichten: „Ich habe einen himmlischen Tag gehabt ohne ein ein ziges Wölkchen. Ich bin aber auch den gan zen Vormittag mit meinem Bilde auf dem Hügel gesessen, und heute habe ich das Stu dium des Waldes vollendet. Es hat mich bei nahe froh und glücklich gemacht. .." Für einige Tage begibt sich Stifter nach Ober plan: „Ich hatte eine große Sehnsucht, meine Heimatgegend wieder einmal zu sehen . . . Wer weiß, wann ich wieder einmal hierher komme." Die zweite Septemberhälfte und den Oktober verbringt auch Amalia Stifter im Ro senbergergut. Stifter berichtet: „Es ist ein herrlicher Nachsommer gekommen, und hat mich in meiner Malerei gefördert." Ende Ok tober kehrt Amalia Stifter mit der Nichte nach Linz zurück. Um sein Bild von den Lacken häusern zu vollenden, bleibt Stifter noch im Rosenbergergut. An Amalia schreibt er: „Was mir in der Einsamkeit den festesten Halt ge währt, sind meine Arbeiten . . . Abends dich te ich, und so fühle ich das Kerkerartige der Einsamkeit weniger, das Dich so niederge drückt hat. . ." An Heckenast berichtet er über seine Arbeit am ,Witiko': „Ich bin tief in ihm verfangen, und mag mich nicht auch für kurz von ihm zerstreuen . . ." Das unwirtliche Wetter und schließlich die einsetzenden Schneestürme ängstigen Stifter, der — nun mehr ans Haus gefesselt — zunächst vergeb lich nach einer Fahrgelegenheit sucht, um der Unbill des Lackenhäuser Winterwetters zu entkommen und Aigen zu erreichen. Aber der aus Aigen bestellte Schlitten läßt auf sich warten, denn alle Wege im Bayerwald sind verschneit. Immer erneute Schneefälle ver zögern die Abreise. „Am ärgsten ist es zwi schen hier und Schwarzenberg ... Ich wer de .. . nach Schwarzenberg hinübergehen, und die Sachen auf einen Handschlitten hin überziehen lassen." Am 27. November hält es Stifter nicht mehr im Rosenbergergut. Durch tiefen Schnee führt der Weg an die österrei chische Grenze, von wo ab die Straße bereits freigeschaufelt ist. Ein behelfsmäßig zuge richteter Fuhrschlitten bringt Stifter in zwei31

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