Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 2, 1986

Die Stifter-Buche in Oberplan im Frühjahr. — Foto: Jiri Plechaty, Prag. denkstätten schlagen immer auch den Weg nach dem Gutwasserkirchiein ein, wo sich noch einer der beiden von Stifter erwähnten Brunnen in gut erhaltenem Zustand befindet, während von dem anderen Brunnen nur noch die Reste der Umfassung zu erkennen sind. Das im „Beschriebenen Tännling" erwähnte Kreuz besteht nicht mehr. Wann dieses Gip felkreuz gesetzt worden war, wußten die Orts ansässigen zu Stifters Jugendzeit nicht mehr zu sagen. Eine Zeichnung Stifters, die Gut wasserkapelle darstellend, stammt aus dem Jahr 1845. Blickt man von dort auf die Pfarrkirche herun ter, so erinnert der Kirchturm noch an ein Er lebnis aus Stifters Knabenjahren, über das Stifters Freund Aprent berichtet: „Es bestand in Oberplan, wie auch anderwärts, die Ge wohnheit, daß einer der älteren und verläßli cheren Knaben abends das Gebetläuten be sorgte. Im Frühjahr und Herbst fiel es schon in die Zeit der Dämmerung, und da war es denn auch Adalbert, welcher sich regelmäßig vor dem Schulhause einstellte und den Leh rer um Übertragung des Geschäftes bittend anging. Mit einem großen Bund Schlüsseln, darunter den großen Kirchentürschlüssel, ging es nun zur Kirche. Er sperrte auf, stieg zuerst über eine steinerne Treppe zur Empor kirche, und dann über eine hölzerne in den Turm. Alles das ging noch so so. Aber mit dem Brummen der großen Glocke kam das Grauen immer stärker, und zuletzt vereinigte sich mit ihr zum Entsetzen auch noch die klei ne. Doch jetzt war's aus — der letzte Zug am Strange, unten sein und den Schlüssel ein mal umdrehen, das Alles war eins. Alles an dere geschah schon in ruhigerem Tempo, denn jetzt war er sicher. Triumphierend brachte er die Schlüssel zurück, um sie am nächsten Abend als Belohnung wieder zu empfangen." Früher bot sich dem Wanderer unterhalb des Gnadenkirchleins mit dem Bildnis der schmerzhaften Muttergottes die Aussicht auf das von den Windungen der jungen Moldau gebildete sogenannte „Moldauherz"; heute breitet sich vor den Augen des Beschauers die weite Wasserfläche eines Stausees aus. Von der Gutwasserkapelle nicht weit entfernt, findet sich das von Karl Wilfert geschaffene Bronzestandbild Adalbert Stifters, das am 6. August 1906 mit einer bedeutenden Festre de des Begründers der textkritischen PragReichenberger Ausgabe von Stifters Werken und Briefen, Universitätsprofessor Dr. August Sauer, enthüllt worden war. Die Inschrift für das Denkmal war aus dem „Hochwald" ge wählt worden: „Da ruhen die breiten Waldes rücken und steigen lieblich schwarzblau dämmernd ab gegen den Silberblick der Mol- / dau. Es wohnt unsäglich viel Liebes und Wehmüthiges in diesem Anblick." Unzugänglich ist der Stifter-Obelisk am Plateau der Seewand des Plöckensteins, von wo aus der Besucher dieses eindrucksvollen Stifter-Denkmals einst eine zauberhafte Fern sicht genießen konnte. Das Gebiet befindet sich heute in der militärischen Sperrzone. Jordan Kajetan Markus hatte die Errichtung dieses imposanten Denkmals angeregt. Der Architekt Heinrich Ritter von Ferstl zeichnete den Entwurf, die Steinmetzarbeiten leistete Adolf Paleczek. Die feierliche Enthüllung des ungefähr fünfzehn Meter hohen Obelisken er folgte am 26. August 1877. „A. STIFTER DEM DICHTER DES HOCHWALD" lautet die Wid mung auf der Vorderseite des Obelisken. Die Rückseite trägt den Vermerk: „Errichtet 1876—1877". Auf der linken Seite steht zu le sen: „Auf diesem Anger, diesem Wasser ist der Herzschlag des Waldes", auf der rechten Seite: „Lieg in hohes Gras gestrecket, schaue sehnend nach der Felswand". Der See am Fuße der Plöckensteinwand hat Stif ter zu seiner wohl ergreifendsten Naturschil derung im „Hochwald" inspiriert: „Man kann hier tagelang weilen und sinnen, und kein Laut stört die durch das Gemüt sinkenden Gedanken ... Oft entstieg mir ein und dersel be Gedanke, wenn ich an diesen Gestaden saß: als sei es ein unheimlich Naturauge, das mich hier ansehe — tief schwarz — überragt 29

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