Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 2, 1986

Geschichte und Erzeugnisse der Schiägier Giashütten Franz Haudum Nach den ersten Rodungswellen entlang des Mühltales durch die Falkensteiner und das Stift Schlägt (13. bis 15. Jh.) gab es seit dem 17. Jh. durch die Ansiedlung von Glashütten entlang des Böhmerwaldrückens erneut Vor stöße zur Urbarmachung, allerdings nicht im Hinblick auf Bodengewinnung, sondern in Anbetracht des brachliegenden, schier uner schöpflich vorhandenen Holzpotentials. Die Besiedlung dieser Rodungsinseln folgte un mittelbar darauf. Unweit des Stiftes Schlägt, am Galgenbach, dem Zufluß des sogenannten Glashüttentei ches, befand sich die erste Glashütte auf stiftsherrschaftlichem Boden. Sie war etwa in der 1. Hälfte des 16. Jh. in Betrieb, 1674 erin nerte nur noch ein Stein am Bach an sie. Vor 100 Jahren notierte der Schlägler Chorherr Laurenz Pröll, daß an jener Stelle noch viele Scherben gefunden werden könnten. Von manchen Autoren wird angenommen, es könnte eine uralte Glashütte auch in Hinten berg (Gemeinde Ulrichsberg) gegeben ha ben. Der Ulrichsberger Heimatforscher Gu stav Wasmayr entkräftet diese Annahme damit, daß weder Flurnamen noch Reste von Baulichkeiten, weder eine urkundliche Er wähnung noch Glasscherbenfunde diesbe züglich aufhorchen ließen. Aus genannten Gründen ist die Existenz einer Glaserzeu gung in Hintenberg stark zu bezweifeln, wenn nicht ganz auszuschließen. Glashütte in Sonnenschlag (1638—1716) Der „Forst obers Claffern" war zweifellos in den Tallagen durch Waldwiesen schon eini germaßen aufgelockert, als der Waldviertler Hüttenmeister Hans Waltguny mit Zustim mung des Schlägler Konventes im Frühjahr 1638 ans Werk ging, mit seiner siebenköpfi gen Mannschaft aus 500 Ziegeln einen Glas ofen und aus böhmischem Ton die Glashafen zu fertigen. Die Herrschaft Schlägl gab dieser Rodungsinsel den Namen Sonnen schlag, bezugnehmend auf den damaligen Abt Martin Greysing, der einen Mann mit Sonne in seinem persönlichen Wappen führte. Die Geschichte von Sonnenschlag wurde von Vater und Sohn Landgraf geschrieben. Georg Landgraf wirtschaftete von 1654 an umsichtig und konnte 1694 seinem Sohn Jo hann Anton ein florierendes Unternehmen überantworten. Johann Anton dagegen hatte keine so glückliche Hand und führte seines Vaters Erbe in den Ruin. Nachdem er sich wegen Holzknappheit beim Stift Schlägl um einen neuen Hüttenstandort bemüht hatte, sich aber beide Parteien nicht einig werden konnten, verließ Landgraf seine stark ver schuldete „Hüttenwerkhstatt", um sich als Leiter der Glashütte Freudenthal (im Atter gau) zu bewerben. Mit dem Kauf des verwai sten Betriebes „sambt behausung, städl, ställ, mühl und saag, auch allen dazuegehörigen gründten und inwohnungsheuslen" durch das Stift Schlägl hatte die Sonnen schlager Hütte am 9. Oktober 1716 ein un rühmliches Ende gefunden. Aufschlüsse über den Standort und die Er zeugnisse der Glashütte, die nach ihrer Stille gung abgebrannt war, geben verkohlte Bal ken und zahlreiche Scherben, die 1967 unterhalb des heutigen Gasthauses Leitner — einstmals Herren- und Schankhaus — beim Wiesendrainagieren zum Vorschein ka men. Darunter befand sich dünnwandiges, grünes Waldglas, innen und außen rubinrot überfangenes Glas, milchigweißes, bern steinfarbenes und kobaltblaues Glas. Diese Funde bestätigen den Inhalt eines 1720 in Freudenthal von J. A. Landgraf abgefaßten Briefes, in dem jener betont, er verstünde „nit allein unterschiedlich Farben des Glaß, Krei den Glaß, DafI, ja in Suma was nur auf einer Glaßhiten kann gemacht werden, auch von Golt und Robin, große und kleine Hangleich ter und anderes zierliches Glaß" herzustel len. In den genannten Farben prangen auch die glatten, gerippten, genoppten oder kantig geformten Glasperlen, mit denen Georg Landgraf einen schwungvollen Handel bis in die Türkei getrieben haben soll. Seit frühestens 1661 haben sich Abrech nungszettel erhalten, die Tafelgläser, Opferkandl, Biergläser, Kelterflaschen, Speisbe cher, Uringläser ebenso wie durchsichtige Scheiben, Mittelscheiben, gemeine und gro ße Waldscheiben verzeichnen. Unter letztge nannten Scheiben sind Butzenscheiben zu verstehen, wie sie z. B. beim Bau des Pfarr hofes in Ulrichsberg Verwendung fanden (1660); außerdem wurden 6000 Stück für den Pfarrhof des Marktes Haslach (nach dem Brand 1680), 1000 Stück für den Bau der Michaelskapelle in Obernhof (1695), 8000 Scheiben ans Kloster Engelszell (1701) und 8900 Stück ans Stift Schlägl (1704) geliefert. Demnach war die Tafelglaserzeugung neben der Hohlglaserzeugung ein festes Standbein dieser Hütte (wie auch der drei folgenden). Den Abrechnungen zufolge waren die Vergol dung, der Glasschnitt und der Glasschliff als Veredelungstechniken in Sonnenschlag be kannt, ebenso hatte das Zinngießerhandwerk seinen festen Platz in der Hütte. Als Zinn gießer sind bekannt: Johann Georg Landgraf und Georg Greiner. Schon 1661 wurden Deckelgläser aus Sonnenschlag am Bartho lomäusmarkt in Linz feilgeboten. Das Glas aus der Schlägler Hütte hatte weit hin besten Namen. Der Glasversand mittels Pferdefuhrwerk hatte Absatzstützpunkte in Linz, Obermühl an der Donau und Passau, einem wichtigen Umschlagplatz für Glaswa ren, wo böhmische, venezianische und türki sche Händler miteinander in Verbindung standen. Johann Anton Landgraf beklagte bitter, sein Ruf wäre in Venedig von der böh mischen Konkurrenz geschädigt worden. Jo hann Adam Grobbauer ist der erste nament lich bekannte Glashändler, der vorerst für die Hütte in Sonnenschlag, danach auch für jene in Schwarzenberg seine Frachten durchführ te. Er sollte für die kaiserliche Illuminations kommission in Wien 600 Stück runde Tafel walzen für die neuen Hoflaternen und 2000 Laternen aus weißem Salinglas liefern. Über die Auftragsdurchführung ist weiter nichts bekannt. Glashütte in Schwarzenberg (1719—1749) Aus den Glasmacherhäuseln entwickelte sich der heutige Ort Schwarzenberg im Mühl kreis. Mit der Einsetzung einer eigenen Ge richtsbarkeit — losgelöst vom Gericht Klaffer — und der Bestellung eines Richters in der Person des neuen Hüttenverwalters bekam im Jahre 1719 die Siedlung auch einen neuen, besser gesagt: den alten Flurnamen „Schwarzenberg" zurück, der — im Schlägler Wiesenurbar von 1571 erstmals genannt — jenen Berg bezeichnet, der sich als dunkle Silhouette vor dem Böhmerwaldrücken ab hebt (Steingupf, im Volksmund „Teufels schüsseln"). Am Südhang dieses „schwarzen Berges", im Waldstück, welches „zwischen des Plenken ten Steins und den Klafferwald gegen die Hütten herabhängt", organisierte das Stift Schlägl den Bau und Betrieb der Nachfolge hütte in Eigenregie. Abt Siard Worath sandte seine besten Kammerdiener — Mathias Kneidinger und Jakob Obermüller — in die Hütte am Weißenbach nahe dem heutigen Grenz zollamt Schwarzenberg. Als Kneidinger 1719 übernahm, fand er folgendes von der alten Hütte vor: von 7 Glasmachern zusammen 7200 Stück und 37 Bund gewöhnliches Glas, 1700 Stück Kreideglas, 6 Bund gefärbtes Glas, 800 Mittelscheiben und 4 Truhen durch sichtige Scheiben, ferner 289 Pfund Fluß; an Glashüttenwerkzeug: 16 Glasmodel, 2 Siebe aus Messing, 2 Haarsiebe, 2 Feuerspritzen aus Messing, 2 eiserne Aushebgabeln, 3 ei serne Einlegkellen, 1 eiserner Mörser, 4 Schaumeisen, 1 Haken, 1 Abfastschaufel, 1 Zange, 1 große Eisenstange, 1 Schaufel, 3 Krücken, 2 Bratofenbleche, 1 Flußblech, 3 Waagen; im Meierhof und Pferdestall: 4 Zugpferde samt Zubehör, 1 „Kämplstockh", 1 Glaswagen, 2 Leiterwagen, 1 Sperrkette und 4 Schlitten. 15

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