Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 2, 1986

Das Musikzentrum „St. Norbert" in Schiägi Revitalisierung und Restaurierung Im Sinne historisierender Denkmaipflege Rupert Gottfried Frieberger Das Haus Schaubergstraße 7, Gemeinde Schiägi, 4160 Aigen i. M., gehört zum Besitz des Praemonstratenserstiftes Schlag! und wurde in längerer mündlicher Tradition (we nigstens seit dem 19. Jahrhundert) als „Som merhaus" bezeichnet. Seit dem Norbertustag, dem 6. 6., des Jahres 1983 hat es der Verein „Schlägler Musiksemi nare — Schlägler Orgelkonzerte" angemie tet, um es für musikalische, musikbildneri sche und musikwissenschaftliche Zwecke zu nutzen. Bevor es am 12.2.1985 von Bundes präsident Dr. Rudolf Kirchschläger seiner neuen Bestimmung übergeben werden konn te, war eine von Grund auf zu konzipierende Restauration notwendig, wozu sich der Ver ein gemäß seinen Satzungen derart ent schloß, daß man ein Beispiel von strengsten Maßstäben stilgetreuer, historisierender Denkmalpflege setzen wollte. Das Ineinan dergreifen von Ideen, die auch aus dem mu sikalischen Sektor herrühren, mit dem Musi zieren im Klangbild der jeweiligen Zeit sei dazu erwähnt; es galt also als Leitmotiv, das Haus im Sinne des 18. Jahrhunderts wieder herzustellen, entweder mit historischen Ma terialien und Techniken oder mit Rekonstruk tionen und Nachbildungen; so wie auch bei der historischen Musizierpraxis es unum gänglich geworden ist, auf originalen Kopien von Originaiinstrumenten zu spielen. Das Haus wurde ursprünglich unter Abt Mi chael Felder um das Jahr 1700 wahrschein lich als mathematischer Turm geplant; weni ge Reste von Fresken im Obergeschoß, die die damals bekannten Planeten zeigen, las sen dies vermuten, sowie auch der Grundriß, der sich auf 3 regelmäßige, aneinandersto ßende Achtecke zurückführen läßt. Bereits nach 1720, unter Abt Siard Worath, weiß man von der Verwendung des Hauses als Recreationsgelände für die Praemonstratenserchorherren mit Brettspielen und Mahl zeiten an Sommerabenden. Später ist auch eine Kegelbahn nachweislich. Vermutlich von den Maßnahmen Kaiser Jo sephs II. ausgehend, fand das Haus seit dem 19. Jahrhundert eine andere Bestimmung: Wohnung für den Gärtner und in späterer Fei ge nur mehr Depot für Gartengeräte. Nach dem zweiten Weltkrieg diente es als Wohn haus; von 1965—1976 war ein Tischlerei betrieb des „Holzwerks Norbertus" unterge bracht, für den entsprechende Adaptierun gen vorgenommen werden mußten: einige Räume wurden mit Beton ausgegossen für Stabilisierung schwerer Maschinen; zur La stenbeförderung wurde ein Eisentram im Obergeschoß eingezogen, der weit über das Balkonareal ins Freie ragte; das Balkonfront geländer wurde demontiert und kam auf diese Weise abhanden. Von 1976 an wurde das Gebäude als Absteil raum verwendet und war natürlicherweise mutwilligen und unbeabsichtigten Beschädi gungen ausgesetzt. Die barocken Räumlich keiten wieder stilvoll zu beleben und einen Verfall durch neue Zweckwidmung und Revi talisierung aufzuhalten, war die Idee des Ver eines SCHLÄGLER MUSIKSEMiNARE — SCHLÄGLER ORGELKONZERTE, die nach längerer Prüfung schließlich auch bei der öffentlichen Seite Bundesregierung, Land Oberösterreich und Eigentümer Stift Schiägi gutgeheißen wurde, so daß dem Vorhaben nichts mehr im Wege stand und am 8. 7.1983 mit den Sanierungsarbeiten begonnen wer den konnte. Am 12.2.1985 eröffnete Bundespräsident Dr. Rudolf Kirchschläger das Haus als Musikzen trum St. Norbert in Anwesenheit von Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck, Vertretern der Bundesregierung aus den Ministerien für Unterricht und Kunst sowie Wissenschaft und Forschung, Abt Dipl.-Ing. Florian Pröll und des Konventes des Stiftes Schiägi, der Bürgermeister von Schiägi und ülrichsberg und vieler Vertreter aus Wirt schaft und Kultur, die als Gönner und Förde rer das Vorhaben unterstützt hatten. Die Restauration wurde in enger Zusammen arbeit zwischen dem Vorstand des Vereines und dem Bundesdenkmalamt/Landeskonservator durchgeführt; auch Kontakte des Vereinsvorstandes zur Denkmalpflege in den Niederlanden und Italien sowie das eigene Wissen der Vereinsvorstände auf dem Sektor der instrumentenrestauration und Musik denkmalpflege kamen dem Gesamtergebnis zugute, das inzwischen von vielen Interes senten für die gegenwärtige österreichische Denkmalpflege aus dem In- und Ausland für sehr gelungen bezeichnet wird. Die Nutzung des nun (bis auf eine Elektrohei zung, Stromversorgung und Sanitärbereich) Eröffnung des Musikzentrums „St. Norbert" in Schiägi am 12. Februar 1985 durch den Herrn Bundespräsidenten Dr. Rudolf Kirchschläger, neben ihm Landeshauptmann Dr. Josef Ratzen böck und Abt Dipl.-Ing. Florian Pröll. — Foto; Bernhard Haudum, Vorderweißenbach.

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