Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 2, 1986

Inhaltsverzeichnis Schwerpunktthema Böhmerwald — Bayerwald Dr. Herta Sandbichler-Schober Das PrämonstratenserstiftSchlögl — Kloster vor dem Böhmerwald 2 Dr. Mag. Rupert Gottfried Frleberger O. Praem. Das Musikzentrum „St. Norbert" In Schlögl — Revltalisierung und Restaurierung im Sinne historisierender Denkmalpflege 9 Mag. Franz Haudum Geschichte und Erzeugnisse der Schlögier Glashütten 15 Dr. Aldemar Schiffkorn Stifter-Gedenkstötten im Böhmer- und Bayerwalde 25 Kulturzeltschrlft Oberösterreich 36. Jahrgang, Heft 2/1986 Vierteljahresschrift: Kunst, Geschichte, Fremdenverkehr Erscheinungstermine: Mörz, Juni, September, Dezember. Medieninhaber (Verleger), Herausgeber und Hersteller: LANDESVERLAG Gesellschaft m.b.H. A-4020 Linz, Landstraße 41. ISSN 0253-7435 Redaktion: Dr. Otto Wutzel, Dr. Elfriede Wutzel, A-4020 Linz, Landstraße 41. Jahresabonnement (4 Hefte): S 396.—; Einzelverkaufspreis: S 110.— (Alle Preise inkl. 10 % MWSt.) Schwerpunktthema Heft 3/1986 Jagd in Oberösterreich Umschlag: Felssöulen am Dreisesselberg an der Gren ze von Österreich, Bayern und Böhmen. Foto: Gerhard Trumler, siehe auch: Der Böhmerwald. Auf den Spuren Adalbert Stifters in Böhmen, Bayern und Österreich. Photos Gerhard Trumler. Hrsg. v. Christian Brandstötter. — Wien-München-Zürich: Molden Edition 1980 Gestaltung: Herbert Friedl Abbildung Seite 1: Schlögl, Prömonstratenserstift, Blick in die Bibliothek, erbaut 1830—1852, ein interessantes Beispiel des Historismus in Oberösterreich. — Foto: Elfriede Wöhry, Linz DDr. Dietmar Stutzer Kindheit in oberösterreichischer Nachbarschaft 33 Dr. P. Canlslus L. Noschltzka Das Zisterzienserstift Hohenfurth im Böhmerwald (1259—1950) 43 Hans Pilz Wandern im Grenzraum Böhmerwald — Bayerwald 53 Christoph Graf Nationalpark Bayerischer Wald 63 Dr. Alois Sonnleitner Der Schwarzenbergsche Schwemmkanai 69 Oberösterreich aktuell Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck Mühlviertel: Ein Modeii für erfolgreiche Regionaientwicklung 77 Kulturlnformatlonen Bücherecke 86 87 Autoren Heft 2/1986 Dr. Mag. Rupert Gottfried Frieberger, O. Praem., Schlögl, Musikwissenschafter und Komponist Christoph Graf, Forstrat, Grafenau, BRD, Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald Mag. Franz Haudum, Wiihering, Professor für bildnerische und Werkerziehung, Konsulent für Volksbildung und Heimatpflege Dr. P. Canisius L. Noschltzka, Kleinostheim, BRD Hans Pilz, Linz, Bergführer und Alpinschriftsteller Dr. Josef Ratzenböck, Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Herta Sandbichler-Schober, Innsbruck und Linz, Kulturhistorikerin und Kulturjournalistin Dr. Aldemar Schiffkorn, Neuhofen an der Krems und Linz, W. Hof rat i. R., Professor Dr. Alois Sonnleitner, Rohrbach, Gymnasiaidirektor i. R., Hofrat DDr. Dietmar Stutzer, Grafrath, BRD, Kulturhistoriker Auflage kontrolliert NORMALPRÜFUNG Veröffentlicht Im Pressehandbuch Auflage dokumentiert Im Protokollbuch des ÖZV und unter der Btx-Nummer * 2270 *

Ober reich Kulturzeitschrift l „Das langgestreckte, mächtige Waldgebirge, seit altersher der Böhmerwald genannt, bil det mit seinem bayerischen Teil ein untrenn bares Ganzes. Obwohl ich seit einem Men schenalter an seinen äußersten Abhängen hause, fügte es das Geschick, daß ich erst in der Reife der Jahre diese, nur von Mooren und mageren Wiesen unterbrochenen, tiefen Wälder kennenlernte und ihren Zauber zu spüren bekam. Seither weiß ich, daß diese oft düstere, menschenarme Landschaft die eigentliche Heimat meiner Seele ist, daß in ihr die tiefsten Wurzeln meines Wesens ruhen. Dieses Be wußtsein erfüllt mich seitdem ganz und gar. mit unwiderstehlicher Gewalt zieht es mich Jahr für Jahr in dieses Land." Alfred Kubin aus „Phantasien im Böhmer wald", Erstausgabe 1951. 1

Das Prämonstratenserstift Schlägt Kloster vor dem Böhmerwald Herta Sandbichler-Schober Oberösterreich war ein stiftereiches Land und ungefähr die Hälfte von ihnen hat die vie len Wechselfälie der Jahrhunderte überlebt, legt heute noch Zeugnis ab von der religi ösen, wirtschaftlichen und kulturellen Bedeu tung dieser geistlichen Zentren. Besonders im oberösterreichischen Zentralraum prägen die breit hingestreckten klösterlichen, barocken Baukörper die Landschaft nicht un wesentlich. Ein wenig anders sind die Verhältnisse im Land nördlich der Donau. Sicher standen auch hier weite Landstriche unter der Herr schaft des Krummstabes, unter dem sich an geblich gut leben ließ, doch Stifte selbst gab es hier nur zwei — eines im Südosten, das andere im Nordwesten des Landes: Wald hausen und Schlögl. Ersteres fiel den josephinischen Reformen zum Opfer, Schlögl jedoch hat zu neuer Bedeutung, sowohl in wirtschaftlicher, wie auch kultureller und schulischer Hinsicht gefunden. Eines haben diese beiden Stifte gemeinsam: sie wurden zunächst an einem anderen Platz.gegründet und erstanden erst im zweiten Anlauf in ihrer bekannten Art. Bis es zur Gründung von Schlögl kam, ver ging noch manche Zeit, verglichen mit den Stiften südlich der Donau. Vom Strom aus kämpfte sich die Rodung nach Norden, im mer den schon lange bestehenden Saumpfa den folgend, denn nur hier konnten Siedlun gen entstehen. So ist auch mit Sicherheit anzunehmen, daß die Gründung eines Klo sters ebenfalls nicht abseits, in unwegsamem Gebiet erfolgt ist. Vorerst mag es allerdings noch interessant erscheinen, wer das in Frage stehende Ge biet eigentlich beherrschte. Ursprünglich war der Nordwald in seiner weiten Ausdehnung Königsgut; im 11. und beginnenden 12. Jahr hundert treten einige Grafen- und Herrenge schlechter als Inhaber einiger Landstreifen auf, die auch die Rodungsbewilligung besa ßen. Unter diesen Rodungsberechtigten be fand sich das Kloster Niedernburg in Passau. Als dieses in der 2. Hälfte des 12. Jahrhun derts dem Bischof von Passau unterstellt wur de, besaßen die Passauer Bischöfe nun auch grundherrliche Rechte über weite Gebiete im Nordwald. Ein bedeutendes Rodungsgeschlecht waren neben anderen noch die hochfreien Herren von Kirchberg, aus dem bayrischen Raum stammend, die östlich der Ranna einen Ge bietsstreifen zwischen Donau und Böhmer wald besaßen und sich nach ihrer Burg von Falkenstein nannten. Die schriftliche Quellenlage ist in diesem Ge biet für die frühe Zeit sehr lückenhaft, wir sind daher zum großen Teil auf Kombinationen an gewiesen. Bald nach 1200 gründete demCßur- Sch^mifatt dch'nc-giäi:' ' ''' . i^dt/ia.z.Vmiaj^unuBMx-Praläiurti-^.Citnymtus.S.' Schlägl 1657, Kupferstich des Augsburger Meisters Wolfgang Kilian nach Zeichnung von Burkhart Schraman. Das Stift im Mittelpunkt der Darstellung in Verbindung von himmlischer und irdischer Symbolik. Siehe dazu: Schiägier Schrif ten 2: isfried H. Pichier O. Praem., Schlägl in alten Ansichten. — Linz: OÖ. Landesverlag 1974, S. 73 f.

'<!» ' '• m Schlägl, romanische Krypta, bemerkenswerter „Elnstützraum". nach Kaihoch von Falkenstein ein Kloster, das erden Zisterziensern von Langheim in der Di özese Bamberg übergab. Wenn auch diese Gründung, der Zeitgewohnheit gemäß, zum Seelenheil des Gründers und seiner Eltern geschah, hat sich die Sage natürlich auf ihre Weise der Materie bemächtigt und damit auch versteckt historische Wahrheiten über liefert. Der Sage nach soll sich Kaihoch auf der Jagd verirrt und gelobt haben, an dem Platz, an dem er sich befand, ein Kloster zu bauen, wenn er wieder nach Hause käme. Im Traum erschien ihm die Muttergottes, die ihm Rettung versprach; er wurde am nächsten Morgen von Jägern, die ihn suchten, ge funden. Die herbeigerufenen Mönche mußten nicht erst selbst eine Unterkunft erbauen — dies hätte auch den zisterziensischen Ordensre geln widersprochen —, sondern fanden Haus und Kirche, natürlich klein und einfach, aus Holz errichtet, bereits vor. Dieses Gebäude hätte den Mönchen Unterkunft geben sollen, bis sie sich das eigentliche Kloster, wieder den Ordensregeln entsprechend, im Tal an einem Wasserlauf, nach ihrem eigenen Wil len erbaut hätten. Trotzdem erwiesen sich die Umstände anscheinend so mißlich, daß die Mönche, nachdem der Abt und ein Mitbruder gestorben waren, nach ungefähr sieben oder acht Jahren in das Mutterkloster zurückkehr ten. 1218 verzichtete der Abt von Langheim auf alle Recht hier im Nordwald. Kurz darauf übergab Kaihoch v. Falkenstein seine Gründung in „Slage" den Prämonstratensern aus Mühlhausen in Böhmen. Nach vielfachen und langwierigen kritischen Unter suchungen kann mit ziemlicher Sicherheit — wenn auch immer noch etwas umstritten — festgehalten werden, daß die erste Gründung sich am Platz des heutigen Odenkirchen be funden hat. Der Name dieses Dorfes hat sich wohl aus der von den Mönchen verlassenen Kirche (= öde Kirche) entwickelt; außerdem gibt es nicht weit davon entfernt, im Tal, am Wasser liegend noch heute den Flurnamen „Frauenschlag". Die Zisterzienser hatten ihre Kirche der Muttergottes geweiht, und hier im Tal sollte wohl das endgültige Kloster erstehen. Noch einige weitere Beweise sind in dem von Isfried H. Pichler vom Kloster Schlägl herausgegebenen Heimatbuch „Aigen-Schlägl" festgehalten. Sie hier anzu führen, ist aus Platzgründen nicht möglich. Die zweite Gründung wurde dann im Mühltal durchgeführt, wobei aber wiederum auf die selbe Art vorgegangen wurde. Ein kleines provisorisches Haus mit Meierhof und Kirche wurde den Geistlichen übergeben; es han delte sich dabei um die heutige Maria-Anger-Kirche. Von hier aus wurden dann sehr bald unter dem ersten Propst, Ortolf, die ei-

gentliche Stiftskirche und das Klostergebäu de errichtet. Von der ersten, romanischen Kir che ist noch die Unterkirche erhalten, die sich in einer hohen Stufenanlage auch noch in der heutigen Kirche abzeichnet. In dieser Krypta wurde, dem damaligen Recht folgend, das Gründerehepaar bestattet; Kaihoch starb 1238, seine Gemahlin Elisabeth von Tann heim war bereits 1225 verstorben. Die beiden Hochgräber wurden im Laufe der Jahrhun derte allerdings entfernt. Auch die Prämonstratenser nannten ihr Klo ster „Slage", wie es eben für einen neu gero deten Platz üblich war, wie Kaihoch die erste Gründung genannt hatte, und auch sie weih ten Kirche und Kloster der Muttergottes, so daß es bald „zum Frauenschlag, sand Marein Slag" hieß. Anfangs übten die Falkensteiner, auch Chunrat, der Sohn des Gründers, die Schirmvogtei über das junge Kloster aus. 1236 allerdings verzichteten sie auf das Vogteirecht und statteten das Kloster mit zusätzli chen Einkünften aus. Gebietsschenkungen verschiedener Adels geschlechter verbesserten in der Folgezeit die wirtschaftliche Lage der Prämonstraten ser. Hervorzuheben sind in dieser Hinsicht die Witigonen. König Wladisiaus von Böh men bezeichnete 1479 in einer Urkunde dieses Geschlecht sogar als zweite Stifter von Schiägl. Um die Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert erhielt das Kloster zudem Besit zungen in Niederösterreich, Weingärten mit eingeschlossen. Die Schlägler Prämonstra tenser widmeten sich aber auch selbst der Rodung; früh schon wurde der Grund für die Siedlung Aigen gelegt, der Ort Ulrichsberg ist nach einem Propst des Stiftes benannt und weist somit wiederum auf die Rodungs- und Gründungstätigkeit hin. Neben Gebiets schenkungen trugen Privilegien viel zur gu ten wirtschaftlichen Steliung des Klosters bei, wie z. B. die Mautfreiheit für Getreide, Salz und Wein oder das Wochenmarktsrecht für Aigen im Jahr 1362, um nur einige zu nen nen. Das junge Kloster hatte Hilfe auch wahr lich nötig, denn es hatte inzwischen schon einen schweren Schlag erlitten: im Krieg zwi schen Ludwig v. Bayern und Friedrich v. Österreich war es 1321 niedergebrannt wor den, nachdem es erst um die Mitte des voran gegangenen Jahrhunderts neu und, wie es in einem päpstlichen Ablaßbrief heißt, unter großem Aufwand erbaut worden war. Die folgenden Jahrhunderte brachten ein ständiges Auf und Ab, wobei das Tief, den ali gemeinen Zeitumständen entsprechend, oft überwogen hat. Das 14. Jahrhundert brachte eine Konsolidierung der geistiichen und wirt schaftlichen Lage des Klosters. Doch schon wieder drohte Unheil; Unstimmigkeiten unter den Klostergeistlichen führten zu einer PropstDoppelwahi. Kaum war dieser Mißstand be reinigt, trugen die Anhänger von Johannes Hus Krieg und Brand ins Land. Das Kloster wurde geplündert und stark beschädigt, Aigen und Ulrichsberg wurden zum Teil zer stört. Die Mitte des Jahrhunderts bringt wie der wirtschaftlichen Aufschwung, neue Priviiegien kommen hinzu, wie die Maut von Klaffer, die Landgerichtsbarkeit. Eine zweite, große Welle der Rodung setzte ein, verschie dene Mühlen wurden installiert und erwiesen sich als sehr einträglich. Auch Gebietserwei terungen waren in diesen Jahrzehnten noch möglich. Aber schon zeichneten sich neue Krisenzeiten ab. Der erste Bauernkrieg zog das Kloster nicht in direkte Mitleidenschaft, wenn es auch Spannungen gab. Dann aber brach die schwere Zeit massiert herein. Im mer größere finanzielle Belastungen durch den Landesfürsten führten zu immer neuen Differenzen mit den Untertanen, die zudem weitgehend der Lehre Luthers gefolgt waren und so automatisch dem Kloster feindlich ge genüberstanden. Wie überall war die Abliefe rung der Dienste nur mangelhaft, das Kloster geriet in Schulden, Besitztümer mußten ver kauft werden, Veruntreuungen trugen dar über hinaus das Ihre dazu bei, daß das Klo sterwesen an den Rand des Untergangs geriet. Schnell wechselten die Pröpste, sie kamen von verschiedenen anderen Klöstern, in den 80er Jahren gab es keinen Priester mehr im Haus. Mit Wenzeslaus Zypser wurde 1589 ein tüch tiger Mann Propst des Klosters, dem es ge lang, eine wirtschaftliche Sanierung und auch ein geordnetes Klosterwesen wieder in die Wege zu ieiten. Tüchtig war auch Zypsers Nachfolger Crispin Fuck. Ihm gelang es, eini ge Kandidaten für Schiägl zu gewinnen und verschiedene Wiederaufbauten durchzufüh ren, wie 1617 die Taverne, 1618 den Mitteltrakt des Klostergebäudes. Seine Tatkraft führte al lerdings dazu, daß er bereits 1622 zu anderen Tätigkeiten berufen wurde. Ab 1644 bekleide te er das Amt eines Weihbischofs von Prag und wurde zum Titular-Erzbischof von Trapezunt ernannt. Glücklicherweise konnte Fucks Nachfolger Wilhelm I. Capreolus das Aufbau werk fortsetzen, unterstützt vom Prior Martin Greysing, der 1627 seibst Propst wurde. Ihm war es bestimmt, wieder einmal fast von vor ne anzufangen. Der Bauernkrieg von 1626 hatte das Kloster nicht mehr, wie die vorheri gen, verschont. Allerdings waren es kaum die ortsansässigen Bauern, die das Kloster stürmten, sondern Fremde, aber was half das, der Effekt blieb der gleiche. Rund 3000 Mann hatten am 27. Mai 1626 das Kloster ge plündert und am 21. Oktober desselben Jah res wurde es in Brand gesteckt. Wieder war kein Getreide, kein Vieh, kaum Geld vorhanSchiägl, Westtor der Stiftskirche von Joahnn Spaz, bezeichnet 1654, Architekturteile aus rotem Adneter, die figürlichen Teile aus weißem Untersberger Marmor, über dem Torbogen Madonna mit Kind auf Mondsichel. den. Durchziehende Soldaten forderten im mer wieder ihren Tribut und nahmen sich, was sie wollten. Noch 1648 zogen 4700 Sol daten mit 3500 Pferden durch unser Gebiet. Die Lage von 1626 wird im Vorwort zum Urbar dieses Jahres anschaulich geschildert: „Das Gotteshaus wurde dermassen in Asche ge setzt, daß nit ein einziges Zimmer, so be wohnt werden könnte, übrig gebiieben ist. Das Feuer ist auch durch das Ventil des Or gelwerkes in den Chor der Kirchen kommen, das Werk ganz und gar verderbt und auch die Chorstühl angezündet, von welchen der im Frühling zuvor mit großen Unkosten neu auf gerichtete schöne Hauptaltar verdörbt, also was daran verguld und nackend gefaßt gewe sen, alles mit großer Spesa erneuert werden muß. Und haben mehr übel gedachte Rebel len unsinnige noch dazu den oberen Meier hof samt allen in den Stadeln vorhandenen Getreid und Fütterei in Grund mit Feuer ver wüst, durch welche unchristliche Tathand lung obbesagtes Stift Schiägl dermassen rui niert worden, daß nit ein einziges Körnlein Getreid, damit die Hoffelder hätten angebaut werden können, geschweige denn was zum Leben übrig blieb."

' 1, Schlägl, Stiftskirche, Kanzel von Johann Worath 1646/47. Martin Greysing war der richtige Mann, das klösterlich-wirtschaftliche und auch das reli giöse Leben wieder in Ordnung zu bringen; die lange Zeit, die er dem Stifte vorstand — fast 40 Jahre — kamen ihm dabei zugute. Seine Hauptaufgabe war natürlich, das zer störte Stiftsgebäude wieder instand zu set zen. Dabei ließ er es keineswegs bei den not wendigen Arbeiten bewenden, er legte auch Wert auf künstlerische Ausgestaltung und berief dafür namhafte Persönlichkeiten in das Stift, wie die Baumeister Castelazzi und Spaz oder den Bildhauer Johann Worath (dessen Sohn 1701—1721 als Siard I. Abt von Schlägl war), der u. a. die prachtvolle Kanzel schuf. Der mittelalterliche Kapitelsaal wurde damals in die Loretokapelle umgewandelt, die Wall fahrtskirche St. Wolfgang am Stein wurde da mals erbaut, in Linz erstand das Freihaus an der Landstraße, in Aigen begründete Grey sing das Martinsspital für sechs alte und kranke Leute — das Geld für diese Stiftung nahm er von seinen Bezügen als Prälatenstandsverordneter — und er ließ bei Klaffer eine Glashütte errichten, womit er für die Zu kunft einen bedeutenden Wirtschaftsbereich bzw. für die Untertanen zusätzliche Erwerbs möglichkeiten eröffnete. Es gelang ihm auch, die Herrschaft zu vergrößern und neue Pfar ren dem Stift zu inkorporieren. In Anbetracht seiner Verdienste wurde Martin Greysing 1657 zum Abt erhoben, die Propstei Schlägl somit zu einer Abtei. Von allen geliebt und verehrt, starb Greysing 1665 im Rufe der Heiligkeit; er wurde im Presbyterium der Stiftskirche beigesetzt. Sicher gab es auch in den folgenden Jahr hunderten noch manche Heimsuchung für das Stift, das Schlimmste allerdings war für lange ausgestanden. 1702 zerstörte ein Brand den prachtvollen Hochaltar von Hans Waldburger aus dem Jahre 1626; durch diesen Brand, einen weiteren 1739 und den wirtschaftlich äußerst wichtigen Ankauf der Herrschaft Cerhonitz in Böhmen geriet das Stift vorübergehend in starke Schulden, die für einige Jahre sogar zu einer staatlichen Administration führten. Abt Hugo Schmidin ger konnte dann die Finanzen weitgehend wieder in Ordnung bringen. Äußerst kluges Verhalten mit Hintansetzung eigener Zielsetzung kennzeichnet die Regie rung von Abt Siard II. Dengler, wodurch er die josephinische Aufhebung des Stiftes zu ver hindern wußte und in seelsorglicher Hin sicht sogar noch Verbesserungen für den Stiftsbereich durchsetzen konnte. Franzosen kriege und Aufklärung brachten natürlich ge wisse Schwierigkeiten, Gefahren für das stif tische Leben. Abt Adolf Fähtz aber, ein ge bürtiger Linzer, verstand es, durch Transak tionen im Wirtschaftsbereich und Intensivie-

rung im geistigen Bereich die Lage des Stif tes zu festigen. Eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des Stiftes Schlögl wurde Abt Dominik Lebschy. Der gebürtige Wiener wandte sich in nerhalb des Klosters erst der akademischen Laufbahn zu — so wie ja viele Schlägler Äbte zuerst oder nebenbei wissenschaftlich oder schulisch tätig waren —, widmete sich nach seiner Abtwahl 1838 aber voll den Stiftsauf gaben. Es gab wieder Verschiedenes zu bau en; 1850 hatte ein Brand einiges zerstört. Er ließ fast alle Kirchen und Pfarrhöfe der inkor porierten Pfarren restaurieren, schaffte wert volle Paramente an und förderte die akademi sche Bildung der Kleriker. Daneben ist hervorzuheben, daß er der erste Landes hauptmann von Oberösterreich, 1861—1868, war. 1884 starb Abt Dominik Lebschy. Auch sein Nachfolger Norbert Schachinger (bis 1922) errang Bedeutung über die Kloster mauern hinaus. Der gebürtige Innviertier war nicht nur ein guter Seelsorger, sondern an scheinend auch ein hervorragender Mann der Wirtschaft. Neben seiner Bautätigkeit ist vor allem der Kauf der Wälder am Hongar im Salzkammergut hervorzuheben. Zudem war Schachinger durch 30 Jahre Präsident der oberösterreichischen Landwirtschaftskam mer und wurde 1906 zum Generalabt des Prämonstratenserordens gewählt. Was Schlögl unter Joseph II. erspart geblie ben war, traf das Stift mit 30. April 1941; die Aufhebung. Kajetan Lang, am 11. September 1946 zum Abt gewählt, führte den in der NS-Zeit zer streuten Konvent wieder zusammen, gewann junge Kleriker und leistete wertvolle Restau rierungsarbeit. Er schuf so die beste Grund lage für neue kraftvolle Impulse in den folgen den Jahrzehnten, die sein Nachfolger Florian Pröll — seit 1968 Abt — in die Tat umsetzen konnte. Der gebürtige Mühlviertlerund absol vierte Dipl.-Ing. der Forstwirtschaft intensi vierte das gesamte Wirtschaftsleben des Stif tes und ist zudem auch allen kulturellen Belangen gegenüber aufgeschlossen. Seine Tüchtigkeit brachte ihm überall Anerkennung und Ansehen. Dies führte zur Übertragung internationaler Ämter; 1965 wurde er Admini strator der Abtei Hamborn (BRD), 1968 Provi sor des Prämonstratenserordens und 1976 Definitor Ordinis. Zum Abschluß sollen die einzelnen Wirt schaftszweige, aber auch verschiedene Ge biete der klösterlichen Kultur näher betrach tet werden. Da der jetzige Abt Forstmann ist, liegt es wohl nahe, diesen Überblick mit der Forstwirtschaft zu beginnen. Der Waldbesitz des Stiftes setzt sich aus fast 6000 ha im Böh merwald und über 800 ha am Attersee zu sammen. Er ist in seiner Mühlviertler AusdehPorträt Abt Dominik Lebschy, 1861—1868 Landeshauptmann von Oberösterreich, bereits in seinem 33. Lebensjahr zum Abt von Schlögl gewählt. nung seit Jahrhunderten gleichgeblieben, nur hat sich die Nutzungsart des Waldes ge ändert. Früher diente der Wald vornehmlich der Jagd, während seit der Jahrhundertwen de die Nutzholzgewinnung im Vordergrund steht. Die Holznutzung der früheren Zeit lag vorwiegend im Brennholz für die nahe Umge bung; große Holzabnehmer waren die Glas hütten. Für den Fernhandel bediente man sich im 18. Jahrhundert der Holzschwemme auf der Mühl, die dem Hochstift Passau zu stand, später erhielt der Abt von Schlögl das Mitbenützungsrecht am Schwarzenbergschen Schwemmkanal. Durch technische Hilfsmittel konnten Schlägerung und Brin gung natürlich immer effektiver gestaltet werden. In engem Zusammenhang mit der Forstwirt schaft steht das 1960 gegründete Spanplat tenwerk Norbertus, das aber infolge der Marktsituation 1975 stillgelegt wurde. Die Fa. Isovolta pachtete das Areal mit allen Einrich tungen und übernahm auch die Beschäf tigten. Die Landwirtschaft ist neben der Forstwirt schaft der älteste Wirtschaftszweig des Stif tes, doch wurde ihre Bedeutung im Laufe der Jahrhunderte immer geringer, nicht zuletzt bedingt durch ungünstige klimatische Ver hältnisse. Es lag also nahe, von der Quantität auf bestimmte Qualität umzustellen. Der Stiftsmeierhof wurde nach der Jahrhundert wende zu einem Musterbetrieb umgebaut, wobei auch die Errichtung eines eigenen E-Werkes großen Anteil hatte. Umstellungen in der Viehhaltung und Verwendung von Kunstdünger wirkten bald beispielgebend auf die Bauern der Umgebung. 1908 begann der damalige Stiftsschaffner Adrian Lichtenauer mit der Züchtung besonders widerstandsfähi ger Getreidesorten, deren Ergebnis der soge nannte Schlägler Roggen ist; seine Verbrei tung dehnte sich auf den alpinen Raum aus. Ab 1959 wird schließlich die Gärtnerei, früher nur zur Selbstversorgung des Klosters mit Gemüse und Blumen bestimmt, als eigener landwirtschaftlicher Betrieb geführt. Sie ent wickelte sich zu einem nicht zu unterschät zenden Wirtschaftszweig, da diese Gärtnerei die einzige im obersten Mühltal ist. In enger Verbindung zur Landwirtschaft steht die Landwirtschaftliche Fachschule. Dem Beispiel der landwirtschaftlichen Winterschu len Otterbach und Schlierbach folgend, wur de im November 1924 auch in Schlögl eine solche Schule eröffnet; 25 Bauernsöhne hat ten sich zum 1. Lehrgang angemeldet. Die Schule erfreute sich bald so großer Beliebt heit, daß man 1930 mit einem Neubau zu einer Vergrößerung schreiten mußte; nun konnten zwei Jahrgänge nebeneinander ge führt werden. 1942 wurde die Winterschule wieder in das Stiftsgebäude verlegt und der Neubau als landwirtschaftliche Haushalts schule für Bauerntöchter verwendet. Nach dem die Besatzungstruppen das Schulge bäude geräumt hatten, konnte nach gründ licher Renovierung 1946 wieder ein einklassiger Lehrbetrieb aufgenommen werden; ein zweiter Jahrgang folgte im nächsten Jahr. 1957 fand ein weiterer Ausbau für ein Fas sungsvermögen von 100 Internatsplätzen statt. Seit 1971 wird daneben auch eine Be rufsschulklasse geführt und 1975 stellte man den Unterricht auf eine ganzjährige Form um. Weiten Kreisen bekannt ist das Schlägler Bier, laut Flaschenetikett seit 1580 beste hend, tatsächlich aber sicher viel älter und immer ein bedeutender Wirtschaftszweig, da im ganzen Herrschaftsgebiet nur das Kloster bier ausgeschenkt werden durfte, ausgenom men die Märkte Aigen und Haslach. 1820 wurde hier das erste Märzenbier erzeugt, das großen Anklang fand, wie auch das soge nannte Rauchbier sehr beliebt war. Von den ursprünglich zwölf Stiftsbrauereien Ober-

Schlägl, Gemäldesammlung, Madonna Im Ährenkleid, um 1413, Tafelbild, nach Vorbild der Budweiser Ährenkleldmadonna, seit dem Mittelalter in Schlägler Stiftsbesitz. Schlägl, Stiftskirche, vorzügliches Chorgestühl mit flach geschnitzten Ornamenten, 1735, vermutlich ein Werk des Tischlermeisters Johann Georg Stempel. — Sämtliche Fotos, ausgenommen der Kupferstich 1657: Elfrlede Wöhry, Linz. I i I österreicfis ist nur die von Schlägl übrigge blieben. Sie ist heute die einzige Stiftsbraue rei Österreichs. Unter den sieben Brauereien des Mühlviertels nimmt sie derzeit den zwei ten Rang hinter Freistadt ein. Die Hoftaverne von Schlägl, 1618 erbaut und Immer ein florierender Betrieb, da alle Feste der Untertanen hier abgehalten werden muß ten, verlor in unserer jüngsten Vergangenheit immer mehr an Bedeutung, so daß sie 1976 stillgelegt wurde. Eines großen Bekanntheits und Beliebtheitsgrades erfreut sich stattdes sen die 1957 eröffnete Weinstube; besonders die Faßlräume werden gerne aufgesucht. Im Lauf der Geschichte gab es in Schlägl be stimmt eine bescheidene Klosterschule, es gab im 17. und 18. Jahrhundert eine philoso phisch-theologische Hauslehranstalt, ins Le ben gerufen von Propst Martin Greysing, und seit 1704 wissen wir im Stift von Konvent- und Sängerknaben, doch scheint dabei auf das Singen nicht allzu viel Wert gelegt worden zu sein. 1925 wurde in dieser Hinsicht ein neuer Anfang gemacht, denn „der Verfall der Kir chenmusik drängte zur Aufnahme von Sän gerknaben". Sechs Knaben aus Grieskirchen und Umgebung im Alter von 9 bis 11 Jahren legten den Grundstein. Schließlich wurde auch ein Stiftsgymnasium als Expositur von Wilhering für die Sängerknaben geführt. 1934—38 gab es zehn interne Sängerkna ben, fünf externe Studenten und, man höre und staune, auch zehn (externe) Mädchen im Stiftsgymnasium. Während die Knaben nach Wilhering fahren mußten, um ihre Jahresprüfung abzulegen, kamen die Wilheringer Pro fessoren zur Prüfung der Mädchen hierher. Mit der NS-Zeit fand das Stiftsgymnasium sein Ende. Das Landesmusikschulgesetz von 1976 schuf die Grundlage, in Schlägl eine Landesmusik schule zu installieren. Mit 1. März 1978 wurde der Konventuale und Musikprofessor Mag. Rupert Gottfried Frieberger mit der Direktion dieser neuen Schule betraut. 162 Schüler wurden im 1. Semester in den Fächern Kla vier, Orgel, Cembalo, Blockflöte, Gitarre, Trompete, Musiktheorie, Solo- und Chorge sang unterrichtet. Die große musikalische Aktivität des Stiftes — man denke nur an den Schlägler Orgel sommer — findet in dieser Schule eine sinn gemäße Ergänzung.

Prämonstratenser Chorherrenstift Schlägl Einen frohen und gemütlichen Aufenthalt wünscht die Gastronomie des Stiftes Schlägl mit den nachstehenden Betriebsstätten: Die WEINSTUBE im Stiftskeller von Schlägl mit ihren originellen Faßlräumen samt Grill- und Fonduestube bietet in ihrer gemüt lich-rustikalen Einrichtung gepflegte Getränke und ein breites Angebot von schmackhaften Imbissen. Die Weinstube wurde 1955 errichtet und bietet ca. 200 Personen Platz. Eine wahre Stätte der Erholung, der Besinnung und sportlichen Ertüchtigung — insbesondere für die Jugend — ist das im Jahre 1971 neu adaptierte JUGEND- UND SPORTHEIM HOLZ SCHLAG. Der mit 74 Betten und einem Hallenbad ausgestattete Pensionsbetrieb befindet sich inmitten der ruhigen und erholsa men Landschaft des Böhmerwaldes. Er bietet auch dem Wande rer, der auf den ausgedehnten Wegen die Wälder und Wiesen der Heimat Adalbert Stifters durchstreift, eine frohe Einkehr und lädt zum beschaulichen Verweilen ein. Die SCHLAGLERHÜTTE HOCHFICHT liegt inmitten des weitum bekannten Schigebietes Hochficht. Mit der Erschließung dieses Schigebietes wurde zuerst im Jahre 1966 und dann im Jahre 1978 ein modernst ausgestattetes Restaurant auf Selbstbedie nungsbasis errichtet. Das Restaurant verfügt über eine bestens eingerichtete Küche sowie Getränkeausgabe und kann ca. 550 Personen unterbringen und verköstigen. Das VEREINSHAUS Aigen wurde 1976/77 gänzlich neu adap tiert, restauriert, mit einem teilweisen Neubau versehen und zu einem vielseitig verwendbaren Veranstaltungszentrum umge staltet. Der Saal verfügt über Parterre und auf den Galerien über eine Fassungskapazität von ca. 400 Personen und im kleinen Saal über 60 Personen und ist für alle Veranstaltungen musikali scher, literarischer und volkstümlich-unterhaltsamer Art geeig net. Die vorhandene Gastronomie ist besonders auf Hochzeiten, Bälle, Empfänge und Betriebsfeiern spezialisiert. Die KONDITOREI-CAFE hat im 1. Stock des Vereinshauses eine würdige Heimstätte gefunden. Mit diesem neuen, im Jahre 1977 etablierten Gaststättenbetrieb wurde nicht nur eine langjährige Marktlücke geschlossen, sondern konnte damit auch den inten siven Bemühungen um den Fremdenverkehr weitgehendst Rechnung getragen werden. Diese neue Stätte der Gastlichkeit ist stets bemüht, sowohl den Ansprüchen der Urlauber und Touri sten gerecht zu werden, als auch den Bedürfnissen der heimi schen Bevölkerung nachzukommen. Besuchen Sie das Stift Schlägl! Gotische Stiftskirche Romanische Krypta (eigentl. Kapitelsaal, erbaut um 1250) Stiftsmuseum Gemäldegalerie mit gotischen Tafelbildern etc Stiftsbibliothek mit 60.000 Bänden Neuer Kapitelsaal mit Sonderausstellungen, derzeit „Die Tierwelt des Böhmerwaldes". Stiftsmuseum geöffnet: Mai bis Oktober wochentags: 10—12 und 13—17 Uhr an Sonn- und Feiertagen: 11—17 Uhr Im Winter gegen Voranmeldung. Seit 130 Jahren ERZEUGEN WIR FEINSTE BUCHEINBÄNDE IN LEDER, EXQUISITE GOLDSCHNITTE DURCH MEISTERHAND CEFERHCT, EUROPAWEIT BEKANNT UND BELIEBT, OFTMALS NACHGEAHMT, DOCH NIE ERREICHT! WIR SIND SPEZIALISTEN für wattierte Einbände und verfügen über ein reich sortiertes Lederlager, vom Schafspalt- bis zum echten Oasenziegenleder, in zahlreichen Farben und vielfältigen Narben. UNSER WEITERES ERZEUCUNCSPROCRAMM IN LEDER umfaßt sämtliche einschlägigen Artikel wie: Adreßbücher Fotoalben Schreibmappen Buchhüllen Gästebücher Schreibtischgarnituren Chroniken Münzalben Telefonmappen Dokumentenmappen Münzkassetten Werbegeschenke OHG GHGR. II1S5 IN WINI RRBl-RC (I VERLAG • GROSSBUCHBINDEREI SPEZIALWERKSTÄTTE FÜR GOLDSCHNITTE A-1780 SCHÄRDING KURHAUSSTRASSE I-IM EICHBÜCHL 1 • POSTFACH 3 • TELEFON 07712/2038

Das Musikzentrum „St. Norbert" in Schiägi Revitalisierung und Restaurierung Im Sinne historisierender Denkmaipflege Rupert Gottfried Frieberger Das Haus Schaubergstraße 7, Gemeinde Schiägi, 4160 Aigen i. M., gehört zum Besitz des Praemonstratenserstiftes Schlag! und wurde in längerer mündlicher Tradition (we nigstens seit dem 19. Jahrhundert) als „Som merhaus" bezeichnet. Seit dem Norbertustag, dem 6. 6., des Jahres 1983 hat es der Verein „Schlägler Musiksemi nare — Schlägler Orgelkonzerte" angemie tet, um es für musikalische, musikbildneri sche und musikwissenschaftliche Zwecke zu nutzen. Bevor es am 12.2.1985 von Bundes präsident Dr. Rudolf Kirchschläger seiner neuen Bestimmung übergeben werden konn te, war eine von Grund auf zu konzipierende Restauration notwendig, wozu sich der Ver ein gemäß seinen Satzungen derart ent schloß, daß man ein Beispiel von strengsten Maßstäben stilgetreuer, historisierender Denkmalpflege setzen wollte. Das Ineinan dergreifen von Ideen, die auch aus dem mu sikalischen Sektor herrühren, mit dem Musi zieren im Klangbild der jeweiligen Zeit sei dazu erwähnt; es galt also als Leitmotiv, das Haus im Sinne des 18. Jahrhunderts wieder herzustellen, entweder mit historischen Ma terialien und Techniken oder mit Rekonstruk tionen und Nachbildungen; so wie auch bei der historischen Musizierpraxis es unum gänglich geworden ist, auf originalen Kopien von Originaiinstrumenten zu spielen. Das Haus wurde ursprünglich unter Abt Mi chael Felder um das Jahr 1700 wahrschein lich als mathematischer Turm geplant; weni ge Reste von Fresken im Obergeschoß, die die damals bekannten Planeten zeigen, las sen dies vermuten, sowie auch der Grundriß, der sich auf 3 regelmäßige, aneinandersto ßende Achtecke zurückführen läßt. Bereits nach 1720, unter Abt Siard Worath, weiß man von der Verwendung des Hauses als Recreationsgelände für die Praemonstratenserchorherren mit Brettspielen und Mahl zeiten an Sommerabenden. Später ist auch eine Kegelbahn nachweislich. Vermutlich von den Maßnahmen Kaiser Jo sephs II. ausgehend, fand das Haus seit dem 19. Jahrhundert eine andere Bestimmung: Wohnung für den Gärtner und in späterer Fei ge nur mehr Depot für Gartengeräte. Nach dem zweiten Weltkrieg diente es als Wohn haus; von 1965—1976 war ein Tischlerei betrieb des „Holzwerks Norbertus" unterge bracht, für den entsprechende Adaptierun gen vorgenommen werden mußten: einige Räume wurden mit Beton ausgegossen für Stabilisierung schwerer Maschinen; zur La stenbeförderung wurde ein Eisentram im Obergeschoß eingezogen, der weit über das Balkonareal ins Freie ragte; das Balkonfront geländer wurde demontiert und kam auf diese Weise abhanden. Von 1976 an wurde das Gebäude als Absteil raum verwendet und war natürlicherweise mutwilligen und unbeabsichtigten Beschädi gungen ausgesetzt. Die barocken Räumlich keiten wieder stilvoll zu beleben und einen Verfall durch neue Zweckwidmung und Revi talisierung aufzuhalten, war die Idee des Ver eines SCHLÄGLER MUSIKSEMiNARE — SCHLÄGLER ORGELKONZERTE, die nach längerer Prüfung schließlich auch bei der öffentlichen Seite Bundesregierung, Land Oberösterreich und Eigentümer Stift Schiägi gutgeheißen wurde, so daß dem Vorhaben nichts mehr im Wege stand und am 8. 7.1983 mit den Sanierungsarbeiten begonnen wer den konnte. Am 12.2.1985 eröffnete Bundespräsident Dr. Rudolf Kirchschläger das Haus als Musikzen trum St. Norbert in Anwesenheit von Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck, Vertretern der Bundesregierung aus den Ministerien für Unterricht und Kunst sowie Wissenschaft und Forschung, Abt Dipl.-Ing. Florian Pröll und des Konventes des Stiftes Schiägi, der Bürgermeister von Schiägi und ülrichsberg und vieler Vertreter aus Wirt schaft und Kultur, die als Gönner und Förde rer das Vorhaben unterstützt hatten. Die Restauration wurde in enger Zusammen arbeit zwischen dem Vorstand des Vereines und dem Bundesdenkmalamt/Landeskonservator durchgeführt; auch Kontakte des Vereinsvorstandes zur Denkmalpflege in den Niederlanden und Italien sowie das eigene Wissen der Vereinsvorstände auf dem Sektor der instrumentenrestauration und Musik denkmalpflege kamen dem Gesamtergebnis zugute, das inzwischen von vielen Interes senten für die gegenwärtige österreichische Denkmalpflege aus dem In- und Ausland für sehr gelungen bezeichnet wird. Die Nutzung des nun (bis auf eine Elektrohei zung, Stromversorgung und Sanitärbereich) Eröffnung des Musikzentrums „St. Norbert" in Schiägi am 12. Februar 1985 durch den Herrn Bundespräsidenten Dr. Rudolf Kirchschläger, neben ihm Landeshauptmann Dr. Josef Ratzen böck und Abt Dipl.-Ing. Florian Pröll. — Foto; Bernhard Haudum, Vorderweißenbach.

Das sogenannte barocke „Sommerhaus" in Schlägl, heute Musikzentrum „St. Norbert", Grundrißpläne, von oben nach unten; GrundrißIdee / Erdgeschoß / Obergeschoß. auf historischer Basis beruhenden Objektes liegt bei den Aktivitäten des Vereines: im Sin ne der musikwissenschaftlichen Forschung und Bildung Abhaltung von Seminaren, Kon zerten und zusammenarbeitenden Veranstal tungen mit dem Institut für Musikwissen schaft der Universität Salzburg; im Sinne der musikalischen Fortbildung für die nähere Umgebung Zusammenarbeit mit dem Land Oberösterreich und der Gemeinde Schlägl durch Verwendung der Räumlichkeiten für die Landesmusikschule Schlägl, Veranstal tungen von Musikabenden (z. B. 1985 ein Bach-Kantatenzyklus mit dem Kammerchor der Landesmusikschule Schlägl), für die künstlerische und musische Bildung vor allem der Bevölkerung des oberen Mühlvier tels zum Nulltarif. Beherbergung eines Musikinstrumentenmuseums und damit zu sammenhängend Zusammenarbeit auf Ex kursionsbasis mit allgemeinbildenden höhe ren Schulen Oberösterreichs. Unterbringung eines Bild- und Tonarchives zur Orgeldenk malpflege Europas, der organologischen Sammlung Krauss und eines Mikrofilmarchives zur Pflege Alter Musik. Die Führung des Flauses unter diesen Aspek ten hat sich nun nach einjähriger Erprobung nicht nur als richtig erwiesen, sondern wurde von den vielen Seminarteilnehmern (an den Internationalen Schlägler Musikseminaren nehmen jährlich über 200 Interessenten aus Europa und auch aus Übersee teil) herzlich und dankbar angenommen; bleibt zu hoffen, daß das Wohlwollen auch auf Seiten der öf fentlichen Hand weiterhin die wissenschaftli che, künstlerische und pädagogische Arbeit anerkennt, die nicht zuletzt auch den Frem denverkehr im oberen Mühiviertel entspre chend belebt. Beschreibung des Hauses Außenansicht Über dem aus drei aneinander grenzenden regelmäßigen Achtecken sich ergebendem Grundriß erhebt sich ein zweigeschossiger Steinbau, mit Granitbruch und Mörtel ausge führt, teilweise mit Ziegelbruch ausgebes sert, der von einem von der Grundrißstruktur bedingten besonders geformten Walmdach abgeschlossen ist. Der Dachstuhl wurde stel lenweise (da durch Blitzschlag früher be schädigt) erneuert, die Deckung mit stili stisch passenden Biberschwanzziegeln durchgeführt. Das Mauerwerk schließt oben hin mit einem reichprofilierten Kranzgesimse ab. An der Südseite befindet sich ein Balkon aus Granit, gelagert auf bemerkenswerten, weitausladenden Granitkonsolen, die mit Vo luten verziert sind; die Seitenteile des Eisengeländers Schmiedearbeit um die Mitte 10

Außenansicht des Schiägler „Sommerhauses" nach seiner Renovierung. des 18. Jahrhunderts, die Front 1983 nachge bildet. Darunter Haupttüre aus der Entste hungszeit, mit Rautenrelief, zweiflügelig, Fassung mit Ölfarben jetzt blau-rot gehalten. Das Mauerwerk nach Abdeckung von 7 Schichten als ursprünglich gebrochen weiß — mit rosa Lisenen, Fensterumrandungen und Gesimse festgestellt und danach neu ge faßt. Fensterleibungen aus Granit, rosagefärbelt, im Obergeschoß eher ungewöhnlich mit über die gesamte Breite durchgehenden, profilierten Sohlbänken. Erdgeschoß „Renaissancezimmer" (seit 1985 „EgonKrauss-Gedächtniszimmer") Regelmäßiges Achteck als Grundriß und dar aus gebildetes, seltenes Klostergewölbe mit Stichkappen für die höher liegenden Fenster (Florentiner Vorbild?). Ziegelboden handge schlagen, Florenz. Flämischer Messingluster, Niederlande Ende 17. Jahrhundert. 2 Messingblaker (Wandbeleuchtung mit Ker zen) und 1 Paar Messingleuchter, achteckige Grundplatte, ziseliert, mit gedrehtem Schaft, Dänemark/Schweden 18. Jahrhundert, Fay encen (1 Vase, 1 Teller), blau-weiß, Delft, 2. Hälfte 18. Jahrhundert (private Leihgabe). 2 Archivschränke, neu, mit scheingemalter Intarsierung im Stil des 18. Jahrhunderts. Instrumente: Regal von Romano Zölß, Burgenland, 1980. Nach österreichischem Vorbild um 1600. Orgelpositiv von Oscar Metzler & Söhne, Schweiz, 1969. 3 Register; Eichengehäuse mit Flügeltüren; Prospektpfeifen mit vergol deten Labien. Cembalo von David Leigh, Oxford, 1980. Nach italienischem Vorbild, Zedernholz, Kla viatur aus Buchsbaum. Renaissanceposaune, Kopie, England 1979. 1 Satz Krummhörner (Sopran, Alt, Tenor, Baß), Moeck, 1977. 1 Renaissanceblockflöte, Diskant, Türe Berg ström, Dänemark 1985. Bild- und Tonarchiv zur Organologie Europas, Notenarchiv zur Ensemblemusik des 17. Jahrhunderts. Rechts: Orgelpositiv von Oscar Metzler & Söhne, Schweiz, 1969 im „Renaissancezimmer", seit 1985 „Egon-Krauss-Gedächtniszimmer" des Musikzentrums „St. Norbert". ■■ .■ ■ mm%m .V i »jJ kV« * /I 11

Blick in das „Hölzerne Kabinett" des Musikzentrums „St. Norbert". „Besprechungszimmer" Einrichtungsgegenstände aus dem bäuerli chen Milieu der Umgebung. (Mitte und 2. Hälfte 19. Jahrhundert) „Hölzernes Kabinett" Originale Holztramdecke, 18. Jahrhundert. Glas-Spiegelbeleuchtung, Nachbildung aus Venedig. Fußboden Tafelparkett, 1. Hälfte 19. Jahrhun dert, aus dem „Schlägler Haus", Linz, Land straße 16. Standuhr mit auf Eisen figural bemaltem Zif fernblatt, intarsiertes Gehäuse, Mitte 18. Jahr hundert (Leihgabe des Stiftes Schlägl). Kommode mit Glasvitrinenaufsatz, 1. Hälfte 19. Jahrhundert. Instrumente: Tafelklavier von Aloys Bieber, München, 1887, 1 Geige, barock, mit geschnitztem Men schenkopf statt Schnecke. 1 Cello, Wien, Mitte 19. Jahrhundert. 1 Cello, signiert Amati, jedenfalls Cberitalien, Mitte 17. Jahrhundert. Wendeltreppe zum Obergeschoß, Fichten holz, 1. Hälfte 19. Jahrhundert. Türen im Erdgeschoß neu, nachgebildet nach Criginalvorlage mit 4 Füllungen, Be schläge Salzburger Schneckenbänder, Fas sung blaugrau dunkel und hell, Kaseinfarben, gewachst. Fenster im Erdgeschoß neue Kastenfenster mit einfachem Sprossenkreuz. Drehver schluß Messing, um 1900. Innenansicht braun gebeizt, außen grau gestrichen. Obergeschoß: Türen: Original, 1. Hälfte 18. Jahrhundert, mit originalen schmiede eisernen Beschlägen Barocksaai: Neue Holztramdecke, Schilfrohr, mit Mu schelkalk verputzt. Grundriß von 2 aneinandergrenzenden Achtecken. 8 große Fenster, Kastenfenster innen bleiver glast, historisches Glas; zugehörige Beschlä ge (Angeln und Bänder) alt, Mitte 18. Jahr hundert, verzinnt. Fenster grün kaseinfarbengestrichen und gewachst; Ausmalung nach barocken Vorbildern neu, mit Deckengemäl de (musizierende Engel), rosa-grau-grün ge halten; Scheinarchitektur einer Wandverklei dung und Portalaufbauten um die Türen. Fußboden: Parkett in Eiche, in Rauten verlegt. Messingkronleuchter: nach barockem Vor bild, Schweden 1984. Wandbeleuchtungen: Nachbildungen nach schwedischen barocken Blakern. Bestuhlung: 70 Stilsessel, italienisch, 1985. Instrument: Orgel, 2manualig, 12 Register, nach barockem Vorbild des Nordens von H. & A. Reil, Niederlande, 1984. Pfeifen aus Zinn, 12

Orgel Im „Barocksaal" des Musikzentrums „St. Norbert". ' ',.1 V ■■ ■■■ .4'ä'" .vail »Mi fe^ m13

Blei und Klefer; Keilbalg hinter dem Gehäu se; Prospektpfeifenlabien vergoldet. Färbig gefaßtes Eichengehäuse in Rot-Grau-Blau gehalten. Flache Gehäusefront mit 7 Pfeifen feldern. An den Seitenwänden Sprüche (Psalm 150) und Instrumentenabbildungen. Am Gesimse und am Vorsatzbrett Aufschrif ten in Blattgold auf dunkelblauem Grund („Musica est praeludium vitae aeternae", „Laudate Dominum in chordis et organo"). Klaviaturen aus Elfenbein mit Holznägeln. Registerzüge Ebenholz mit Elfenbeinzierat. Spiegelsalon: Klassizistisch imitierter Stuck mit Rosetten und Laub. Farbhaltung grau-dunkelrosa. 3 Türen innen weiß-goldfarben mit Messing beschlägen aus der Zeit. Grundriß regelmäßi ges Achteck. 5 Fenster, bleiverglast, weiß. Da zwischen 8 längliche Spiegel, bleigefaßt, in weiß-goldenen Rahmen, mit kleinen Roset ten an den 4 Ecken. Möbel: 1 Tisch mit Vase im Unterbau, 4 Ses sel, 2 Armstühle, 1 Sofa: schwedisch, Ende 18. Jahrhundert (gustavianischer Stil, weißgrau-goldenfarben, mit Zopfmuster und ähn lichen Verzierungen; Stoffbezug rosa ge streift) dazu Nachbildungen von 4 Bordtisch chen unter den Spiegeln. Fayencen (2 Stilvasen, 2 Deckelvasen, reich mit Reliefs, blau-weiß, Delft und Nürnberg 1725. Private Leihgabe). Instrumente: Hammerflügel von John Broadwood & Son, London 1804. Bemerkenswert gut erhalten; stilvolles Kirsch-Nußgehäuse mit Messingbe schlägen. Am Vorsatzbrett intarslertes Na mensschild. (Private Leihgabe). Cembalo nach französischem Vorbild (Taskin) des 18. Jahrhunderts von Michael John son, England, 1983. Gehäuse rot-goldfarben, reichverzierter Resonanzboden mit Fasan. 2 Manuale. Rechts oben: Fayencen im „Spiegelsalon" des Musikzentrums „St. Norbert". Rechts: Hammerflügel von Broadwood & Son, London, 1804, im „Spiegelsalon" des Musikzentrums „St. Norbert". Sämtliche Fotos zu diesem Beitrag, wenn nicht anders bezeichnet: Elfrlede Wöhry, Linz. •J* ' '"It iis t! ti! »t {11 f»t f (Hilf \ , ■ . 14

Geschichte und Erzeugnisse der Schiägier Giashütten Franz Haudum Nach den ersten Rodungswellen entlang des Mühltales durch die Falkensteiner und das Stift Schlägt (13. bis 15. Jh.) gab es seit dem 17. Jh. durch die Ansiedlung von Glashütten entlang des Böhmerwaldrückens erneut Vor stöße zur Urbarmachung, allerdings nicht im Hinblick auf Bodengewinnung, sondern in Anbetracht des brachliegenden, schier uner schöpflich vorhandenen Holzpotentials. Die Besiedlung dieser Rodungsinseln folgte un mittelbar darauf. Unweit des Stiftes Schlägt, am Galgenbach, dem Zufluß des sogenannten Glashüttentei ches, befand sich die erste Glashütte auf stiftsherrschaftlichem Boden. Sie war etwa in der 1. Hälfte des 16. Jh. in Betrieb, 1674 erin nerte nur noch ein Stein am Bach an sie. Vor 100 Jahren notierte der Schlägler Chorherr Laurenz Pröll, daß an jener Stelle noch viele Scherben gefunden werden könnten. Von manchen Autoren wird angenommen, es könnte eine uralte Glashütte auch in Hinten berg (Gemeinde Ulrichsberg) gegeben ha ben. Der Ulrichsberger Heimatforscher Gu stav Wasmayr entkräftet diese Annahme damit, daß weder Flurnamen noch Reste von Baulichkeiten, weder eine urkundliche Er wähnung noch Glasscherbenfunde diesbe züglich aufhorchen ließen. Aus genannten Gründen ist die Existenz einer Glaserzeu gung in Hintenberg stark zu bezweifeln, wenn nicht ganz auszuschließen. Glashütte in Sonnenschlag (1638—1716) Der „Forst obers Claffern" war zweifellos in den Tallagen durch Waldwiesen schon eini germaßen aufgelockert, als der Waldviertler Hüttenmeister Hans Waltguny mit Zustim mung des Schlägler Konventes im Frühjahr 1638 ans Werk ging, mit seiner siebenköpfi gen Mannschaft aus 500 Ziegeln einen Glas ofen und aus böhmischem Ton die Glashafen zu fertigen. Die Herrschaft Schlägl gab dieser Rodungsinsel den Namen Sonnen schlag, bezugnehmend auf den damaligen Abt Martin Greysing, der einen Mann mit Sonne in seinem persönlichen Wappen führte. Die Geschichte von Sonnenschlag wurde von Vater und Sohn Landgraf geschrieben. Georg Landgraf wirtschaftete von 1654 an umsichtig und konnte 1694 seinem Sohn Jo hann Anton ein florierendes Unternehmen überantworten. Johann Anton dagegen hatte keine so glückliche Hand und führte seines Vaters Erbe in den Ruin. Nachdem er sich wegen Holzknappheit beim Stift Schlägl um einen neuen Hüttenstandort bemüht hatte, sich aber beide Parteien nicht einig werden konnten, verließ Landgraf seine stark ver schuldete „Hüttenwerkhstatt", um sich als Leiter der Glashütte Freudenthal (im Atter gau) zu bewerben. Mit dem Kauf des verwai sten Betriebes „sambt behausung, städl, ställ, mühl und saag, auch allen dazuegehörigen gründten und inwohnungsheuslen" durch das Stift Schlägl hatte die Sonnen schlager Hütte am 9. Oktober 1716 ein un rühmliches Ende gefunden. Aufschlüsse über den Standort und die Er zeugnisse der Glashütte, die nach ihrer Stille gung abgebrannt war, geben verkohlte Bal ken und zahlreiche Scherben, die 1967 unterhalb des heutigen Gasthauses Leitner — einstmals Herren- und Schankhaus — beim Wiesendrainagieren zum Vorschein ka men. Darunter befand sich dünnwandiges, grünes Waldglas, innen und außen rubinrot überfangenes Glas, milchigweißes, bern steinfarbenes und kobaltblaues Glas. Diese Funde bestätigen den Inhalt eines 1720 in Freudenthal von J. A. Landgraf abgefaßten Briefes, in dem jener betont, er verstünde „nit allein unterschiedlich Farben des Glaß, Krei den Glaß, DafI, ja in Suma was nur auf einer Glaßhiten kann gemacht werden, auch von Golt und Robin, große und kleine Hangleich ter und anderes zierliches Glaß" herzustel len. In den genannten Farben prangen auch die glatten, gerippten, genoppten oder kantig geformten Glasperlen, mit denen Georg Landgraf einen schwungvollen Handel bis in die Türkei getrieben haben soll. Seit frühestens 1661 haben sich Abrech nungszettel erhalten, die Tafelgläser, Opferkandl, Biergläser, Kelterflaschen, Speisbe cher, Uringläser ebenso wie durchsichtige Scheiben, Mittelscheiben, gemeine und gro ße Waldscheiben verzeichnen. Unter letztge nannten Scheiben sind Butzenscheiben zu verstehen, wie sie z. B. beim Bau des Pfarr hofes in Ulrichsberg Verwendung fanden (1660); außerdem wurden 6000 Stück für den Pfarrhof des Marktes Haslach (nach dem Brand 1680), 1000 Stück für den Bau der Michaelskapelle in Obernhof (1695), 8000 Scheiben ans Kloster Engelszell (1701) und 8900 Stück ans Stift Schlägl (1704) geliefert. Demnach war die Tafelglaserzeugung neben der Hohlglaserzeugung ein festes Standbein dieser Hütte (wie auch der drei folgenden). Den Abrechnungen zufolge waren die Vergol dung, der Glasschnitt und der Glasschliff als Veredelungstechniken in Sonnenschlag be kannt, ebenso hatte das Zinngießerhandwerk seinen festen Platz in der Hütte. Als Zinn gießer sind bekannt: Johann Georg Landgraf und Georg Greiner. Schon 1661 wurden Deckelgläser aus Sonnenschlag am Bartho lomäusmarkt in Linz feilgeboten. Das Glas aus der Schlägler Hütte hatte weit hin besten Namen. Der Glasversand mittels Pferdefuhrwerk hatte Absatzstützpunkte in Linz, Obermühl an der Donau und Passau, einem wichtigen Umschlagplatz für Glaswa ren, wo böhmische, venezianische und türki sche Händler miteinander in Verbindung standen. Johann Anton Landgraf beklagte bitter, sein Ruf wäre in Venedig von der böh mischen Konkurrenz geschädigt worden. Jo hann Adam Grobbauer ist der erste nament lich bekannte Glashändler, der vorerst für die Hütte in Sonnenschlag, danach auch für jene in Schwarzenberg seine Frachten durchführ te. Er sollte für die kaiserliche Illuminations kommission in Wien 600 Stück runde Tafel walzen für die neuen Hoflaternen und 2000 Laternen aus weißem Salinglas liefern. Über die Auftragsdurchführung ist weiter nichts bekannt. Glashütte in Schwarzenberg (1719—1749) Aus den Glasmacherhäuseln entwickelte sich der heutige Ort Schwarzenberg im Mühl kreis. Mit der Einsetzung einer eigenen Ge richtsbarkeit — losgelöst vom Gericht Klaffer — und der Bestellung eines Richters in der Person des neuen Hüttenverwalters bekam im Jahre 1719 die Siedlung auch einen neuen, besser gesagt: den alten Flurnamen „Schwarzenberg" zurück, der — im Schlägler Wiesenurbar von 1571 erstmals genannt — jenen Berg bezeichnet, der sich als dunkle Silhouette vor dem Böhmerwaldrücken ab hebt (Steingupf, im Volksmund „Teufels schüsseln"). Am Südhang dieses „schwarzen Berges", im Waldstück, welches „zwischen des Plenken ten Steins und den Klafferwald gegen die Hütten herabhängt", organisierte das Stift Schlägl den Bau und Betrieb der Nachfolge hütte in Eigenregie. Abt Siard Worath sandte seine besten Kammerdiener — Mathias Kneidinger und Jakob Obermüller — in die Hütte am Weißenbach nahe dem heutigen Grenz zollamt Schwarzenberg. Als Kneidinger 1719 übernahm, fand er folgendes von der alten Hütte vor: von 7 Glasmachern zusammen 7200 Stück und 37 Bund gewöhnliches Glas, 1700 Stück Kreideglas, 6 Bund gefärbtes Glas, 800 Mittelscheiben und 4 Truhen durch sichtige Scheiben, ferner 289 Pfund Fluß; an Glashüttenwerkzeug: 16 Glasmodel, 2 Siebe aus Messing, 2 Haarsiebe, 2 Feuerspritzen aus Messing, 2 eiserne Aushebgabeln, 3 ei serne Einlegkellen, 1 eiserner Mörser, 4 Schaumeisen, 1 Haken, 1 Abfastschaufel, 1 Zange, 1 große Eisenstange, 1 Schaufel, 3 Krücken, 2 Bratofenbleche, 1 Flußblech, 3 Waagen; im Meierhof und Pferdestall: 4 Zugpferde samt Zubehör, 1 „Kämplstockh", 1 Glaswagen, 2 Leiterwagen, 1 Sperrkette und 4 Schlitten. 15

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