Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 1, 1986

Bücherecke richtet wurde, Ist die Diskussion über seinen „Fall" noch immer nicht abgeschlossen. Ganz im Gegen teil: In der aktuellen Friedens- und Wehrdienstdis kussion ist in Österreich Franz Jägerstätter so et was wie eine Galionsfigur pazifistischer Gruppen geworden. Aber auch der Widerstreit der Meinungen ist noch keineswegs verebbt. Ist für die einen Jägerstätter ein Heiliger, der für die gerechte Sache sein Leben hingab, so gibt es auch andere, die ihn nicht frei von Querulantentum und Starrköpfigkeit sehen, die ihm religiösen Fanatismus vorwerfen, manch mal bis zum Zweifel an seiner normalen Geistes verfassung. Wer war nun dieser Franz Jägerstätter wirklich? Die Autorin Erna Putz ist dieser Frage sehr gründ lich nachgegangen. Sie hat sich ihre Aufgabe nicht leicht gemacht, sondern versucht, sich durch in tensives Studium aller verfügbaren Quellen, be sonders aber auch durch Gespräche mit seiner Witwe und anderen wichtigen Zeugen, in die Moti ve dieses Mannes hineinzudenken. Auf diese Weise entstand eine überaus lebendige und fundierte Dokumentation, die über den konkre ten Fall hinaus grundsätzliche Fragen nach Recht und Unrecht, Gewissen und Gehorsam, Kirche und Nationalsozialismus, Freiheit und Glauben aufwirft. W. Kaltenbrunner Verschiedene Verlage Johannes Christ: Deutschland ist Oberall. Ein Kiagebuch zum 40. Jahr der Befreiung. — Trotzwind-Edi tion, 84 Seiten, kartoniert, Ladenpreis S 150.—. Mit Aphorismen ganz anderer Art haben wir es in diesem Buch zu tun. Schon der Untertitel („Ein Kla gebuch") verrät, was uns erwartet. Nun, worüber wird denn im Wohlstandsland Deutschland „zum 40. Jahr der Befreiung" so heftig geklagt (und es wird gar heftig geklagt!)? Über den bösen Herrn Kohl, über die böse Polizei und die bösen Leute, die sich nichtfür Homosexuelleund Hausbesetzer begeistern können, über alles, was in gewissen Kreisen als „Recht und Ordnung" verstanden und verschrien wird. Nun, all das soll seinen Platz ha ben, und es lassen sich gewiß auch „linke" Gedan ken in pointierter Form an den Mann bringen. Da von kann aber hier absolut nicht die Rede sein. Manches ist sprachlich unbeholfen, schlicht und einfach nicht deutsch und manches gleitet so ins Geschmacklose ab („Die Welle des deutschen Massennudismus begann schon viel früher, an der Rampe in Auschwitz"), daß man geneigt ist, ein Klagelied über dieses Klagebuch anzustimmen. J. .F Bioberger: Bemerktes. Aphorismen. — Steyr: Verlag Ennsthaie,r 1985. 95 Seiten, kartoniert, La denpreis S 88.— Es ist immer wieder ein Erlebnis, die in Form von Aphorismen komprimierte Lebensweisheit eines Menschen kennenzulernen. Zumal in unserer Zeit, die sich weißgott nicht rühmen kann, sich durch die Hervorbringung übermäßiger Weisheit auszu zeichnen. Die in knapper Form dargebotenen Einsichten des erst 36jährigen (!) Autors berühren so gut wie alle Gebiete des Lebens. Sie fußen auf einer christlich inspirierten Ethik, ohne moralisierend zu sein. Es sind einfach Streiflichter, die auf diverse Zeiter scheinungen gerichtet werden und gleichzeitig aufzeigen, wie vieles, das „verrückt" ist, wieder ins Lot gebracht werden kann. Sehr zu empfehlen allen, die auf der Suche nach philosophischem Tiefgang nicht unbedingt bis nach Ostasien pilgern wollen ... W. Kaltenbrunner Herbert Junger: Ein Künstler sieht Weis. Einführende Worte Carl Hans Watzinge,r 24 Zeichnungen, einsei tig mit Passepartout auf Aquareilkarton gedruckt. — Steyr: Verlag Ennsthaie,r 1985, Format 29 x 44 cm, que,r Ladenpreis S 380.—. Mit dieser Kunstmappe (Kunstbuch) hat Herbert Junger, passionierter Zeichner und Aquarellist, seine oberösterreichische Städtetrilogie abge schlossen. 1981 sind seine Steyrer, 1983 sind seine Linzer Aussichten erschienen (siehe Besprechung in „Oberösterreich", Heft 4/1983). Herbert Junger ist ein liebevoller Topograph mit ge schultem „Malerauge". Er sucht in seinen Städte porträts nach den charakteristischen Motiven einer Stadtpersönlichkeit. Er bevorzugt die verborgenen Plätze und Motive. Dadurch wirken seine Zeich nungen literarisch. Er zeigt Wels, wie er es erlebt, wie er es sich erwandert hat. Er regt mit seinen Zeichnungen zu einem idyllischen Stadtbummel an, Einkehr zu halten in das romantische Stadtbild, wie es von der Vergangenheit geprägt worden ist und heute noch Gültigkeit besitzt. Dem Beschauer werden Entdeckerfreuden bereitet. Hervorzuheben ist auch die technische Perfektion dieser Blätter. Dem Verlag gebührt Anerkennung für eine splendide Ausstattung und einen erstaun lich günstigen Ladenpreis. Carl Hans Watzinger stellte, wie bei der Linzer Kunstmappe, einen lesenswerten Einführungstext zur Verfügung — eine historische Einstimmung. Helmut Grassner: Oberösterreich Kunst am Weg. Ein Führer zu den bedeutendsten Kunstschätzen. — Wels: Verlag Johann Kellne,r 1985, 117 Seiten, 145 Farbfotos, Ladenpreis S 268.—. Helmut Grassner ist hauptberuflich Lehrer, in sei ner Freizeit ein begeisterter Landeshistoriker und Fotograf, den Lesern unserer Zeitschrift als Mitar beiter bestens bekannt. Die Erfahrungen seiner oberösterreichischen Wanderjahre legt er in einem reich illustrierten Wanderführer vor. Das Buch ist gut ausgestattet, die Fotos stammen in der Mehr zahl vom Autor selbst mit Ergänzungen von Hofstetter, Ried, und Pichlmaier, Neuzeug. Der Text ist praxisbezogen, anregend zu lesen. Ziel des Autors ist es, aus der Fülle der oberösterreichischen Kunstlandschaft eine „Auswahl, einen bunten Bil derbogen zu liefern". Vollständigkeit wird nicht an gestrebt, wäre auch nicht erreichbar. Dafür stehen das Dehio-Handbuch und der Reclam-Kunstführer zur Verfügung. Die Gliederung des Textes erfolgt nach „Ausgangs punkten" — Linz, Enns, Grein, Freistadt, Rohr bach, Steyr, Bad Hall, Kirchdorf, Wels, Vöcklabruck, Gmunden, Bad Ischl, Braunau, Ried/Inn kreis, Schärding —, die mit ihren wichtigsten Kunstdenkmälern vorgestellt und von wo aus Be suchsrouten in die Umgebung empfohlen werden. Dabei wird auch auf Kunstschätze hingewiesen, „die im Verborgenen blühen". Im Anhang werden Themengruppen vorgestellt: Kunst des frühen und des hohen Mittelalters — Flügelaltäre — Johann Michael Prunner (Linzer Barockbaumeister) — Wolfgang Andreas Heindl (Barockmaler) — Schwanthaler und Zürn — Mein rad Guggenbichler — Alfred Kubin. Man merkt den Pädagogen, der nicht nur Kunstbe trachtung, sondern auch Kunsterziehung anbieten möchte. Herbert Schindler: Bayerische Bildhaue.r Manieris mus, Barock, Rokoko im aitbayerischen Unterland. Fotos V. Woif-Ohristian von der Müibe. — München: Süddeutscher Verlag 1985, 280 Seiten mit 165 Schwarzweiß- und 25 Farbbildern, Format 29,7 X 21 cm, Leinen mit Schutzumschlag und Schube,r Ladenpreis S 764.40. Herbert Schindler, Mitarbeiter des Heftes 1/1986 der Zeitschrift „Oberösterreich" mit dem Schwer punktthema „Der hl. Florian und Stift St. Florian", ist auch in Österreich durch bedeutende Kunst bücher bekannt geworden. Er arbeitete viele Jahre für den Bayerischen Rundfunk, ist derzeit Inhaber des Lehrstuhls für Kunstgeschichte und christliche Archäologie an der Universität Passau. Ihm gelingt es, journalistische Praxis und exakte wissenschaft liche Methodik in eine gute Einheit zusammenzu fügen. Diese Synthese zeichnet alle seine Veröf fentlichungen aus. Auch Wolf-Christian von der Mülbe ist uns seit län gerem gut bekannt. Hingewiesen sei auf seine vor züglichen Aufnahmen in den Büchern über „Die Brüder Asam" und „Johann Michael Fischer, Bau meister und Raumschöpfer im späten Barock Süd deutschlands", die in unserer Zeitschrift in früheren Folgen besprochen worden sind. Nach einer umfassenden „Großen Bayerischen Kunstgeschichte" legt Herbert Schindler mit seiner jüngsten Veröffentlichung „Bayerische Bildhauer" ein weiteres Standardwerk zur bayerischen Kultur geschichte vor. Sein Anliegen ist die Erforschung und Darstellung der „Bildhauerlandschaft zwi schen Donau und Inn" mit ihrer Ausstrahlung nach Oberösterreich bis an die Enns und in die Ober pfalz. Seine Neigung besitzt nicht so sehr der fürst liche (imperiale) Barock, dem vor allem das Inter esse der Wiener Kunsthistorie gilt. Seine besondere Aufmerksamkeit widmet er den „Lokal meistern". „Was wir untersuchen, ist auf weite Strecken Landkunst, und gerade darin reinste Selbstverwirklichung der bildnerischen Begabun gen in den Landkirchen zwischen Isar und Haus ruck, Donauebene und Voralpen", so ein wörtliches Zitat aus seinem Vorwort. Dort, in dieser bäuerli chen Landschaft, findet er das „pralle Barockge fühl", das ihn so anzieht, und das, wie er richtig be obachtet, bis in die Gegenwart fortwirkt. In diesem Sinne weist er u. a. auf den Innviertier Bildhauer Josef Furthner hin, an den in Oberösterreich ge genwärtig kaum mehr gedacht wird. Die Oberösterreich-Bezogenheit in diesem Kunst buch möchte ich hervorheben. Aus dem Inhalt 84

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2