Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 1, 1986

Oberösterreich aktuell Grußwort an das Augustiner Chorherrenstift St. Florian Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck Vor genau dreihundert Jahren wurde im Au gustiner Chorherrenstift St. Florian der Grundstein zum Neubau der Klosterkirche gelegt. Das ist ein Datum, das es zu feiern gilt, merkbar schon allein deshalb, weil es den Ausgangspunkt fixiert zum Entstehen eines der vollendetsten sakralen Kunstwerke des Barock nördlich der Alpen. Doch nicht nur die Barockkirche zu St. Florian ist es, die im Schwung und Überschwang dieses Stils das Lob des Herrn preist, nein, die Pröpste von St. Florian ließen ihr gesamtes Stift zu einem einzigen großartigen Jubilate der bil denden Künste erstehen, zu einem Kloster palast, der zum Inbegriff, zum Signum des Barock erblühte und würdig war, daß weltli che und geistliche Fürsten in ihm zu Gast weilten — der Kaiser ebenso wie der Papst. Wir Oberösterreicher sind dankbar, daß es dieses St. Florian heute noch gibt. Wir haben es zu einem Stück von uns selbst gemacht — jeder von uns, egal aus welchem Teil des Lan des er kommt, wo er wohnt oder arbeitet. St. Florian ist für uns ein Kleinod, das wir lie ben, immer wieder bestaunen und das wir auch herzeigen: unseren Gästen und unse ren Freunden — dem hohen Staatsbesuch ebenso wie den Bekannten und Verwandten der Familie. Die Verbundenheit des Oberösterreichers mit St. Florian hängt aber nur vordergründig mit der barocken Prachtentfaltung der Klosteraniage zusammen — zumal sie ja nicht die einzige ist in unserem Land —, diese Verbun denheit wurzelt tiefer, sie erklärt sich unter anderem aus der Geschichte. Und da ist es die Gestalt jenes Heiligen, der dem Ort den Namen gab und von dem die Legende be richtet, er sei an eben dieser Stelle bestattet worden. Der Beamte Florianus, der einzige nament lich bekannte Märtyrer der Römerzeit in Ufernorikum, erfreut sich gerade in Oberöster reich besonderer Beliebtheit. Kaum anderswo begegnet er uns — teils ritterlich mit Schild und Fahne, teils mit seinem typi schen „Sechterl" Wasser ein brennendes Haus löschend — an so vielen Hausfassaden und auf Marterln, in Kapellen und Kirchen wie in Oberösterreich. Er war schon lange Zeit der heimliche Landespatron, ehe er 1971 zum Schutzpatron des Bistums Linz auserwählt wurde. Im Stift St. Florian hat dieser beliebte ste Heilige der Oberösterreicher seine „Grab kirche", hierher wallfahren Gläubige seit dem Mittelalter und hier halten die Augustiner Chorherren die Tradition seiner Verehrung hoch. Diese Augustiner Chorherren sind es aber auch, die einen Teil der Faszination St. Flo rians ausmachen. Seit der Einführung der Augustinusregel im Jahre 1071 wirken sie — allen Tiefschlägen im Lauf der Geschichte zum Trotz — ungebrochen im Sinne des Or dens. Sie haben gerodet und gebaut und die Seelsorge ausgeübt, sie haben dem „Floria ner Land" ihren Stempel aufgedrückt. Sie ha ben geforscht und gelehrt. Der Bogen reicht dabei von der mittelalterlichen „Schreib schule" bis zur berühmten „Historikerschuie", die den Grundstein zur österreichischen Ge schichtsforschung legte, und weiter zur Lehr tätigkeit an den Theologischen Hochschulen von heute. In St. Florian haben jedoch nicht nur der Glaube, die Kunst und die Lehre ihre Heim statt, sondern vor allem auch die Musik. Das mögen schon die großen Baukünstler St. Flo rians im Barock gespürt haben, und vielleicht sind ihnen gerade deshalb einzelne Architek turteile, etwa das herrliche Treppenhaus, zu „Stein gewordener Musik" geraten. Ganz si cher aber hat St. Florian Anteil am musikali schen Genie eines Anton Bruckner, der schon als Sängerknabe im Stift einkehrte und dem es Zeit seines Lebens geistige Heimat blieb. Die Landschaft um St. Florian spiegelt sich wider in Bruckners Musik, die große Stiftsorgel, seine geliebte „Chrismannin", hat seine symphonischen Werke geprägt. Bruck ners Land war das Florianer Land, und somit ist auch uns Oberösterreichern das Florianer Land zum Brucknerland geworden. Was für das Land gilt, gilt sinngemäß für das Stift: Wer St. Florian sagt, denkt unwillkürlich an Anton Bruckner, der direkt unter der großen Orgel seine letzte Ruhestätte gefunden hat. So sind die Bande, die Oberösterreich und seine Bewohner an St. Florian binden, zahl reich und stark. Sichtbar drückt sich diese Verbundenheit in vielerlei Aktivitäten aus, die das Land Oberösterreich fördert und unter stützt. Stiftskirche und Marmorsaal sind Auf führungsorte von Konzerten, die höchstes Ni veau bieten, rund um das Stift hat sich ein Kranz von Fachmuseen gebildet, deren jüng stes, das historische Feuerwehrzeughaus, im ehemaligen Stiftsmeierhof eingezogen ist. Damit konnte ein stiftseigenes Gebäude re stauriert, saniert und einer sinnvollen Ver wendung zugeführt werden, wie dies schon vor Jahren mit dem vom Verfall bedrohten stiftlichen Jagdschloß Hohenbrunn dadurch gelang, daß man in ihm das oberösterreichi sche Jagdmuseum etablierte. Land und Stift gehen im Jubiläumsjahr 1986 am augenscheinlichsten Hand in Hand mit der großen Landesausstellung „Welt des Ba rock" in den Repräsentationsräumen des Au gustiner Chorherrenstiftes. Darnit kehren die Landesausstellungen an ihre Wiege zurück: Mit der „Kunst der Donauschule" 1965 wurde in St. Florian der Grundstein gelegt zu einer Serie von Großausstellungen, die bislang be reits von mehr als zweieinhalb Millionen Men schen besucht wurden. Daß es möglich war, die „Welt des Barock" am Beispiel eines Klo sters zu dokumentieren, verdanken wir der Baufreudigkeit der Barockäbte und dem ge nialen Bauprogramm, das Carlo Antonio Garlone und Jakob Prandtauer entwarfen und das nicht weniger als 26 Meister ausführten. Daß die Pläne und Ideen der Ausstellungslei tung restlos verwirklicht werden konnten, danken wir dem Verständnis und der Einsatz freude der Herren im Stift. Ihnen gilt daher im Jubiläumsjahr „300 Jahre Barockstift St. Flo rian" mein besonderer Gruß! 73

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