Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 1, 1986

der Römer vielfach dazu geführt, daß die Ge beine angesehener Persönlichkeiten auf dem Rückzug mitgenommen wurden, wie es ja auch beim heiligen Severin der Fall gewesen ist. Sicher ist es kein Zufali, daß dieser Florian, der im Leben wie im Tod ins Konfliktgebiet der Römer, Germanen, Hunnen, Awaren und schließlich der Türken geraten ist, prädesti niert zum Notheifer wurde. Ist es wirklich nur ein Zufall, daß 1683 König Jan Sobieski nach seinem glanzvollen Sieg über die Türken vor dem belagerten Wien durch das Floriani-Tor der Stadt Krakau als Triumphator eingezogen ist? Und in der unbändigen Freude über die Besiegung der Türken, die direkt und indirekt tausendfach in der Kunst ihren Niederschlag gefunden hat, war es immer wieder Florianus, dem das Volk eine besondere Wert schätzung entgegenbrachte, die in vielen Fa cetten des Brauchtums zum Ausdruck kam. In dieser Hinsicht ist in den letzten hundert Jahren eine Stagnation eingetreten, ehe die Verehrung des Heiligen auf ganz andere Wei se eine Renaissance erlebte. Erst vor rund hundert Jahren wurden die Menschen gegen die Feuerbrünste, die in re gelmäßigen Abständen Dörfer und Städte in Rauch und Asche legten, erfolgreich aktiv. Selbst in unseren Tagen, in denen Legenden keinen besonderen Stellenwert mehr haben, kommt der Florianigedanke quasi durch die Hintertür wieder herein. Sogar in Ländern, in denen man dem religiösen Gedankengut re serviert gegenübersteht, und bei Männern, die zwar der Feuerwehr angehören, religiös aber nicht fixiert sind, ist die Bezeichnung „Florian" in Verbindung mit den vielen Aspek ten des Feuerwehrwesens eine unwiderspro chene Selbstverständlichkeit, wie etwa die Bezeichnung „Florian LFK" als Kennwort im Feuerwehrfunk. Florianifeiern, Floriani-Messen, Floriani-Stüberl, Floriani-Darstellungen auf den Feuer wehrhäusern, auf den Türen der Einsatzfahr zeuge, Medaillen, Plaketten und in Form von Statuen, die als Ehrengaben im In- und Aus land verschenkt werden, festigen die Bezie hung zwischen dem hl. Florian und den soge nannten Florianijüngern, die, und das ist wieder ein Phänomen, in dieser auf materiel le Werte bezogenen Welt immer mehr wer den und im Dienste der Allgemeinheit Lei stungen vollbringen, die nur noch peripher oder überhaupt nicht unter dem Begriff Feu erwehr einzuordnen sind. Zum Beispiel; Am 11. Juni 1965 barg die FF Wiihering 50.000 Chrysanthemen aus den vom Hoch wasser bedrohten Gewächshäusern des Stif tes Wiihering. Vor ein paar Jahren hat die FF Thalheim bei Wels — zusammen mit anderen Feuerwehren des Landes — eine Menge Der hl. Florian, Wetterfahne, um 1850, Leihgabe OÖ. Landesmuseum Schwalben, die von einem jähen Winterein bruch überrascht worden sind, gefangen und sie per AUA in wärmere Gefilde fliegen las sen. Apropos Flugzeug: Nicht alltäglich ist, daß die Feuerwehren in der Stadt und auf dem Land für Bienenschwärme und Hornis sennester zuständig sind. Es ist nicht lange her, daß die Feuerwehr einen flügellahmen Bienenschwarm, der sich ausgerechnet für einen kostenlosen Betriebsausflug auf der Tragfläche eines Flugzeugs niedergelassen hatte, barsch von der Fläche in einen Sack bürstete. Ein Papagei machte der FF Pichling zu schaffen, der in seinem Freiheitsdrang auf einen hohen Baum flog und jeweils dann, wenn Oberbrandinspektor Alfred Wimmer zufassen wollte, auf der jeweils der Westbahn gegenüberliegenden Seite aufbäumte, was mit diversen Stellungswechseln verbunden war und zu langen Umwegen von einer Bahn unterführung zur anderen zwang, ehe man den „Paperl" doch noch zu fassen bekam, der sich mit einem kräftigen Schnabelhieb für die Einschränkung seiner persönlichen Frei heit revanchierte. Ins Wasser gestürzte Fahr zeuge werden — mit und ohne Insassen — von Feuerwehrtauchern geborgen. Wald und Wiesen werden in Sonderaktionen von Feu erwehrleuten nach Abfällen und Unrat durch kämmt. Besonders schweißtreibend wirkt sich dabei die Bergung von Fahrzeugwracks aus, die man bei uns mit Vorliebe an schwer zugänglichen Stellen über eine Böschung hinab in einen Bach oder sonstwohin rollen lassen „darf". Ohne Feuerwehr geht es einfach nicht, weil wir Menschen von ungezählten Gefahren umgeben sind. Ein Kilo Sägemehl kann die gleiche zerstörende Kraft entwickeln wie ein Kilo Dynamit. Zwei Millionen elektrischer An lagen (Radio, Wecker, Fernseher, Geschirr spüler etc.) befinden sich allein in den ober österreichischen Haushalten ständig unter Strom, und wenn in einer EDV-Anlage ein „Kurzer" entsteht, mag sich der effektive Sachschaden nur auf ein paar Tausend Schil ling beschränken, doch die mit dem Produk tionsablauf gekoppelten Steuermechanis men können, wie Industriebrände überhaupt, den Ruin eines Unternehmens heraufbe schwören. Nicht unterschätzen darf man die Auswirkun gen des Frusts. In den USA sind 30 Prozent aller Brandlegungen auf Brandstiftungen zu rückzuführen, in der BRD ebenso, in Großbri tannien sind es gar zwischen 35 und 40 Pro zent der Brände und bei uns in Österreich? Nummer 4, bezogen auf die Häufigkeit der Brandursachen! Schlimmer noch: Was die Schadenshöhe betrifft, sind bei uns die Brandstiftungen die Nummer 1! 1300 Gewitter (Oberösterreich) im Jahr mit rund 60 Blitzschlägen — darin sind die indi rekten Blitzschläge nicht enthalten, halten die Feuerwehren ganz schön auf Trab. Nicht minder gefährlich wie das Feuer ist der Rauch. Ein Kilo Holz entwickelt 50 Kubikme ter Rauch, der sich 0,9 Meter die Sekunde ausbreitet. In verqualmten Räumen verliert der Mensch zuerst die Orientierung und dann die Nerven. Verbrennen in einer Wohnung Gegenstände aus Kunststoff, so werden bis zu neun Gase frei, die lebensbedrohend sein können. Ein Teppich-Schwelbrand, kaum einen halben Quadratmeter groß, tötete zwei Kinderl Das Einsatzgeschehen 1984: Bei 4648 Brän den standen 52.090 Mann 106.878 Stunden im Einsatz. Dazu kommen 15.930 technische 64

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