Der hl. Florian in der Volkskunst Dietmar Assmann Nachdem sich in der Gotik, genauer im Laufe des 15. Jahrhunderts, der charakteristische Bildtypus für Darstellungen des hl. Florian herauskristallisiert hat, wurde dieser Typus auch zur vorzüglichsten Darsteliungsart in der Volkskunst. Er zeigt den hl. Florian als zu meist jugendlichen Heiden in phantasievoiier römischer Rüstung mit Federbuschhelm, dazu als Attribute eine Fahne, häufig mit dem „Tatzenkreuz", weiters einen Löscheimer und zu seinen Füßen ein brennendes Haus.^ Kaum etwas davon stimmt mit den historisch belegbaren Tatsachen aus seiner Vita über ein, doch fragen bekanntlich weder Volks frömmigkeit noch Volkskunst nach histori schen Tatsachen, sondern orientieren sich häufig an viel späteren Legendenmotiven. Zudem ist von allem Anfang an zu berück sichtigen, daß es im Bereich der Volkskunst auch nicht um individuelle Neuschöpfungen geht, sondern um eine zwar mitunter durch aus originelle und auch individuelle Rezep tion bereits vorhandener Gestaltungsformen, die nicht nach stilistischen Maßstäben, viel mehr nach der Stärke ihrer Ausdruckskraft ausgewählt und wiedergegeben werden. Ursprünglich ein Frühiings- und Wasserheiliger Der Wasserkübei, das unverkennbare Attri but für den hl. Florian, ist ursprünglich kei neswegs ein Löscheimer gewesen, sondern nur der Hinweis auf sein Martyrium, nämlich seinen gewaltsam erlittenen Tod am 4. Mai des Jahres 304 in den Fluten der Enns (vgl. Bratrost als Attribut für den hl. Laurentius, Steine für den hi. Stephanus, Pfeile für den hl. Sebastian usw.). Florian wurde daher vor seiner Schutzherrschaft gegen das Feuer und damit über die Feuerwehren auch als Frühlingsheiliger verehrt und in diesem Zu sammenhang für das Gedeihen der Feld früchte, für ein gutes, neues Vegetationsjahr angerufen. Darauf beziehen sich noch so manche „Florianisingen" vor allem in Unterkärnten. Auch das „Florianibründl" hinter der Johanneskirche im Markt St. Florian erinnert daran, wie auch an jene Legendenstelle, wo nach die „weisenden Tiere" mit dem Leich nam Florians an diesem Ort plötzlich Halt machten und eine heilkräftige Quelle hervor sprudelte. Die Umdeutung des Wasserkübeis zu einem Löscheimer erfolgte erst im 14./15. Jahrhundert; damals entstand wohl auch die Legendenerweiterung, wonach auf die Für sprache des hi. Florian ein großer Brand ver hindert wurde. Das in kaum einer volkstümli chen Darstellung des Heiligen fehlende brennende Haus zu seinen Füßen ist dem nach als jüngste Zutat anzusehen. Beim soeben erwähnten steinernen Floriani bründl hinter der Marktkirche in St. Florian ist die Queiifassung eben jener Löscheimer, aus dem unentwegt das einst als heilbringend an gesehene Wasser auf einen Vierkanthof zu Füßen des Heiligen fließt, womit auch noch das Lokalkolorit angedeutet ist. Holzfiguren des hl. Florian auf steinernen oder hölzernen Podesten als Zierrat, ursprünglich sicher auch als Beschützer eines öffentlichen Dorf brunnens, finden wir vor allem in Tirol und in Oberbayern. Die phantastische Rüstung stimmt ebenfalls nicht, wissen wir doch, daß Florianus zur Zeit seines Martyriums zwangspensionierter hö herer Beamter des römischen Imperiums war, der von seinem Amtssitz in Lauriacum (Lorch bei Enns) nach Cetium (St. Pölten) ge zogen war. Diese Art der Darstellung als römi scher Offizier machte ihn auch zum Beschüt zer der Ostgrenze, als der er vor allem in der Zeit der Türkenkriege angerufen wurde. Dem hi. Florian geweihte Kirchen und Kapellen im Burgeniand und in Unterkärnten verweisen ebenfalls auf diese seine Funktion. Florianbilder als „Haussegen" Bei der Beschreibung eines alten Sandler Hinterglasbildes mit Darstellung des hl. Flo rian formuliert L. Schmidt® den ikonographischen Grundtypus der Fioriansdarstellungen in der Volkskunst folgenderweise: „Stehen der Heiliger in Harnisch und Helm, mit wal lendem roten Mantel und roter Fahne. Er löscht aus goldenem Schaff das unten ste hende Haus." Dieses in der Volkskunst so ver breitete Bild „stellt weniger den Heiligen von Lorch als Persönlichkeit, sondern den in Feu ersnöten angerufenen Patron dar. Es ist weit mehr Haussegen als Heiligenbild". Als „Haussegen" begegnen wir diesem Typus in schier unendlicher Fülle von Gestaltungsmögiichkeiten. In diesem Zusammenhang seien auch jene Hintergiasbilder erwähnt, die als „Haussegenbilder" bezeichnet werden: in der Mitte ist der Sonntagberger Gnadenstuhi zu sehen, in den vier Ecken die Hll. Florian, Sebastian, Leonhard und Wolfgang, also die wichtigsten Bauernheiiigen. Dieser Typus wurde sowohl in Sandi wie auch in Buchers und Raimundsreut im Bayerischen Waid her gestellt und unterscheidet sich nur durch die Größe des Gnadenstuhls und einige unwe sentliche Farbabweichungen. Auch auf ge druckten Bildern, die im beigefügten Text als „Geistlicher Hausschutz" ausgewiesen sind, ist neben den Darstellungen der Dreifaltigkeit (zumeist Typ Sonntagberg) und der Mutter gottes unter den Heiligen meistens auch der hl. Florian zu finden, der damit nicht nur ge gen Feuersgefahr, sondern auch gegen Un wetter schützen soll. Vielfalt der Materlallen bei Fiorians darstellungen Unterschiede ergeben sich also weniger im Bildtypus — nur sehr selten begegnen wir z. B. unserem Heiligen in der Volkskunst dar gestellt mit der (Erz-)Herzogskrone oder es wird aus dem jugendlich-mitteialteriichen Helden ein etwas älterer, bärtiger Ritter —, als vielmehr im Material und in der Art des Gegenstandes, auf dem er abgebildet ist. Neben den Darstellungen auf den bereits er wähnten Hinterglasbildern sei im Zusammen hang mit dem Werkstoff Glas auf verschiede ne Bilder unseres Heiligen auf Trinkgläsern und Flaschen erwähnt, vor allem aus Freu denthal bei Frankenmarkt. Hinterglasbiidern mit dem Bildnis des hl. Flo rian begegnen wir auch gelegentlich auf Bild stöcken, insbesondere im Mühlviertel. Häufi ger ist allerdings auf Bildstöcken, Breit pfeilern und ähnlichen Kleindenkmalen sein Bild auf Blech gemalt zu sehen. Auch bei neuen Bildern an Kleindenkmalen wird er häufig als Motiv verwendet, insbesondere seit seiner Erhebung im Jahre 1971 zum Diözesanpatron von Linz. In diesem Zusam menhang sei die Tatsache erwähnt, daß der hl. Florian nicht nur in der Meinung vieler Oberösterreicher zugleich auch Landespa tron ist (tatsächlich der hl. Leopold, Fest am 15. November), sondern ebenso in der Litera tur häufig mit dieser Funktion bedacht sind, so z. B. in der an sich sehr gründlich bearbei teten Neuauflage des großen Heiiigenlexikons von Wimmer-Melzer.® Gleich als „Pa tron von Oesterreich" wird der hl. Florian in einem in Wien verlegten Liedflugblatt be zeichnet, das den Titel „Ein schönes Lied vom Herrn Ritter und Märtyrer St. Florian" trägt und ein Bild des Heiligen als Ritter mit Herzogskrone und Adlerfahne, Löscheimer und brennendem Haus zeigt. Egal, ob auf Blech gemalt oder auf Holz, bei neueren Bildern auch z. B. auf Eternit, immer wieder wird man unserem Heiligen in der ty pischen Gestaltung begegnen. Das gilt für alte Darstellungen genauso wie für neue. Wenn schon kleine Unterschiede zu bemer ken sind, dann ist es neben den schon er wähnten die Art des Wasserkübels in seiner Hand. Hier ist vor allem das hölzerne Stielschaffl, der sogenannte „Söchter", zu nen nen, das am häufigsten zu sehen ist, seltener läßt der Heilige das schutzbringende Wasser aus einem Krug oder einem kübelähnlichen Gebilde rinnen. Der Volkskunst zuzuzählen sind auch die meisten Statuen dieses Heiligen in den vielen Kapellen und Kapellenbildstöcken. Aus Holz geschnitzt, meistens gefaßt, werden dabei die bereits mehrmals erwähnten gestalteri57
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