Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 1, 1986

Die Passio S. Fioriani und die TVansiatio von Rom nach Krakau Freskenzyklus von 1697 In der Florianikirche zu Graz-Straßgang Karl Amon und Wilhelm Steinbock Vorbemerkung Wie „Kathpress" am 1. Dezember 1981 melde te, wurde durch Kardinal König eine bibiiophiie Kostbarkeit Papst Johannes Paul Ii. überreicht und später in Graz der Öffentlichkeit vorge stellt. Es handelt sich um den hier erstmals publizierten Freskenzykius in der Fiorianibergkirche zu Graz-Straßgang. Die Überreichung an den Fieiiigen Vater ist darin begründet, daß diese Bilder eine einzigartige ikonoiogische und iegendenkundiiche Verbindung zwischen Österreich als dem Land des hi. Florian, Rom als dem Sitz des Papstes und Krakau als dem früheren erzbischöfiichen Sitz Johannes Pauls Ii. darsteilen. Die nur in vier Exemplaren her gestellte Dokumentation wurde kunsthisto risch erläutert vom Direktor des Grazer Stadt museums, SENATSRAT DR. WILHELM STEiNBÖCK, kirchenhistorisch vom Vorstand des Instituts für Kirchengeschichte an der Uni versität Graz, UNiV-PRO.F DR. KARL AMON. An der Erstellung dieser Dokumentation wa ren weiters beteiligt: Generaldirektor D.r Hanns Sassmann, Veriagshaus Styria in Graz, der den Druck und die Fotoarbeiten er möglichte, Layout von Gottfried Pils, Fotos von Hans Georg Tropper in Graz sowie die Buch binderei Foikhard in Graz. Der besondere Charakter dieser Dokumenta tion legte den Gedanken nahe, sie anläßlich der oö. Landesausstellung 1986 im Augustiner-Chorherrenstift St. Florian den Lesern der Zeitschrift „Oberösterreich" bekannt zu machen. Anm. d. Redaktion: Die Schriftieitung von „Oberösterreich" dankt den Initiatoren und Au toren dieser Dokumentation für die Genehmi gung eines Nachdruckes dieser interessanten Veröffentlichung. Der Text entspricht dem Ori ginal. Die Bebiiderung erfolgt in Schwarzweiß (im Original farbig), wobei aus Piatzgründen die Biidauswahi eingeschränkt werden mußte. Die Kirche auf dem Florlaniberg Am Westrand des Grazer Feldes erhebt sich der Florlaniberg bis zu einer Höhe von 520 m über dem Meer und etwa 140 m über dem Tal. Auf seinem östlichen Abhang liegt die alte Mutterpfarre Straßgang (der Name wahr scheinlich von slaw. stracza = Warte), auf seinem höchsten Punkt die beim Volk belieb te Florianikirche. Es liegt nahe, dem gegen wärtigen Papst das ikonoiogische Programm ihres Freskenschmuckes vorzulegen, denn dieses verbindet doch den Kirchenpatron, den hl. Florian, das österreichische Donau ufer (römische Stadt Lauriacum = Lorch an der Ennsmündung) mit Rom (St. Laurentius vor den Mauern) und mit Krakau, den frühe ren Bischofssitz des Heiligen Vaters. Das Florianikirchlein steht im Bereich einer spätantiken oder frühmittelalterlichen Flieh burg, in der die Bevölkerung bei Feindes gefahr Schutz suchte. Bis in die Mitte des 11. Jahrhunderts war die Gegend von Graz noch durch Einfälle verschiedener Völker, zu letzt der Ungarn, bedroht. Gehörte zu einer Fliehburg schon an sich eine Gottesdienst stätte, so galt zudem der hl. Florian als Schutzpatron gegen feindliche Heere aus dem Osten. So mag die Kirche schon zu einer Zeit entstanden sein, da die Fliehburg noch bittere Aktualität besaß. Es fehlen jedoch Nachrichten vor dem 16. Jahrhundert. Statt eines älteren Baues ließ die Witwe Erzherzog Karls II. von Innerösterreich (gest. 1590) und Mutter Kaiser Ferdinands II., Erzherzogin Ma ria, eine bayrische Prinzessin, 1597 die heuti ge Kirche erbauen, die ein Jahrhundert spä ter erweitert und mit den hier gezeigten Malereien geschmückt wurde. In dieser Blü tezeit barocker Florianiverehrung gelobte die Grazer Bürgerschaft 1670 prozessionsweise Wallfahrten im Zusammenhang mit einem großen Stadtbrand. Unter Kaiser Joseph II. drohten der Kirche 1788 nach der Sperrung die Versteigerung und der Abbruch. Durch den damaligen Dechanten von Straßgang Jo hann Georg Grützner wurde sie jedoch geret tet und wieder der Verehrung durch die zahl reichen Pilger zugeführt. Zur Jahrhundertfeier der Errichtung der Flo rianikirche wird die Neugestaltung der Kirche 1697 besorgt. Der wesentlichste Eingriff wird in der Gewölbezone und im Bereich der Apsis und durch den Anbau eines Joches auf der Seite des Eintritts in die Kirche vorge nommen. Die Kirchenrechnungen der Pfarre Straß gang berichten, daß Anton Serenio und seine Mitarbeiter die Stukkaturen der Decke be sorgten und Georg Adam Echter die Fresken malte. Joseph Anton Serenio entstammt einer italie nischen Familie, die in Österreich als Stukka teure sich einen bedeutenden Namen ge macht haben. Seine größte Leistung vollbrachte er im Mausoleum Kaiser Ferdi nands II. beim Grazer Dom, dem letzten Mau soleumsbau der Habsburger, die fortan in der Kapuzinergruft in Wien begraben wurden. Als Maler der Fresken ist Georg Adam Echter urkundlich bezeugt. Er gehört einer Künstler familie an, die durch ein Jahrhundert das steirische Kunstschaffen mitbestimmt haben. Der Stammvater der Echter in der Steiermark ist Simon, der Vater Georg Adams, der aus Oberbayern stammt und 13 Kinder hatte. Ge org Adam wurde am 9. Jänner 1651 geboren und in der Stadtpfarre zum Hl. Blut getauft. Johann Baptist Vischer (ein Bildhauer) war sein Taufpate. Simon Echter war der erste Lehrmeister seines Sohnes, und seine erste Arbeit wird am 24. Februar 1679 abgerechnet, er malte eine Uhr. Es ist fernerhin überliefert, daß Georg Adam Bürger von St. Ruprecht an der Raab war und das Marktrichteramt inne hatte (1679—1701). 46jährig hat er die Fresken in der Florianikirche gemalt. Es ist das einzi ge Werk, das von seiner Hand überliefert ist. Bestimmend für die Ausgestaltung von Dekken des 17. Jahrhunderts war die Stukkatur, der untergeordnet in Kartuschenfeldern die Freskenmalerei tätig werden konnte. Selbst in den Bildern kommt das ikonographische Pro gramm zum Tragen. Das plastische Element der Stukkaturen, das durch seine dekorativen Formen das Ordnungsprinzip der Decke er stellt, ist im frühen 17. Jahrhundert bestim mend, und erst nach und nach wird eine Gleichwertigkeit beider Kunstgattungen er reicht. Im weiteren Fortgang der Kunstge schichte wird der Malerei die Gestaltung von Gewölben und Decken überlassen. Die Decke der Florianikirche ist ein typisches Beispiel der Ausgewogenheit von Stukkatur und Malerei. Monochrome Ovalfelder mit Emblemen fassen deutlicher die umliegen den Bildfelder sinnhaft, durch das Lemma er klärt, zusammen. Der Maler Georg Adam Echter hat wohl einen Theologen zu Rate ge zogen, der ihm letztlich das ikonographische Programm geliefert hat. Diese Annahme er gibt sich vor allem dadurch, daß für diese breite Erzählung der Florianilegende kein Vorbild vorhanden ist. Das gilt vor allem für die Darstellungen der Translatio der Reli quien des hl. Florian nach Krakau. Nur in der Florianikirche in Kleparz bei Krakau, am Hochaltarblatt von 1679 (gemalt von Tricius), werden in sechs Medaillons die Szenen ge zeigt: Florian wird geschlagen, Der Adler be wacht den Leichnam, Erscheinung der Valeria(na). Das Quellwunder, Papst Lucius III. und die polnischen Abgesandten in S. Lorenzo in Rom, Verehrung des hl. Florian. Am Chorgestühl der Florianikirche in Kleparz sind gemalte Szenen aus der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts zu sehen: Vorführung des hl. Florian vor Aquilinus, Geißelung, Verurtei lung, Brückensturz, Leichnam vom Adler be wacht, Papst und polnische Boten in S. Lorenzo in Rom, Seeüberfahrt, Ochsenwunder in Kleparz, Beisetzung in den Sarg, Vereh rung des hl. Florian. Auch hier fehlt die Szene der Einbringung der Reliquien in die Stadt Krakau, das kurze Verharren vor dem Tor (Florianitor). Betrachtet man dieses Feld in der Florianikirche bei Straßgang, so kann er kannt werden, daß der Künstler klare topo graphische Vorstellungen von der Stadt Kra kau hatte. In der Stadtvedute sind die heute noch erhaltene Barbakane im Zusammen hang mit der Stadtmauer erkennbar sowie der Turm der Kathedrale. Diese topographi37

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