Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 1, 1986

Stiftskirche St. Florian, Detail der Deckenfresken, Brückensturzdes hl. Florian.— Foto: DIözesanblldstelle Linz Für Propst David Fuhrmann und den Konvent von St. Florian mag dieser Kaiserbesuch das auslösende Moment gewesen sein, dem Zug der Zeit entsprechend, Stiftskirche und Klo ster neu zu bauen, nachdem bereits die Kir che St. Johann barockisiert und ein neuer Stiftsmeierhof erbaut worden war. Mit der Grundsteinlegung am 15. August 1686 begann der Neubau der Stiftskirche wieder an der Steile der durch die Tradition des Fioriangrabes geheiligten Stätte. Aus der Bauzeit der Kirche sind keine Berichte über Waiifahrten überliefert. Die Weihe der ba rocken Stiftskirche erfolgte am 27. Oktober 1715 durch den Passauer Fürstbischof Ray mund Ferdinand Graf von Rabatta (1713—1722) „zu Ehren des hl. Florian unter dem Titel der Aufnahme Mariens in den Him mel". Damit ist die wohl seit dem 11. Jahrhun dert bestehende Patroziniensituation wieder festgeschrieben. Nach der Weihe der riesigen Kirche konnten die Wallfahrten in voller barocker Ausfor mung gefeiert werden. Der Andrang der Pil ger zum Florianifest und das Jahr über muß gewaltig gewesen sein. Die erhaltenen Be richte zeichnen ein gutes Bild. Der Einzelpilger und die Wallfahrergruppen erlebten besonders nach Fertigstellung des imposanten Westtraktes ein Überraschungs moment beim ersten Anblick der über 200 Meter langen Fassade mit dem Bläserturm und den beiden Kirchtürmen am Nordende. Am Kirchenportal fand der Wallfahrer die Sta tuen des Feuerpatrons Florian und des Or densvaters Augustin vor. An der Decke der Stiftskirche sah er in 4 Biidern das Martyrium Florians, seinen Todessturz und seine Auf nahme in den Himmel drastisch geschildert. Der zweite Seitenaltar auf der Evangeliensei te war unschwer als Florianialtar zu erken nen. Zuletzt fand der Beter den hl. Florian in Begleitung der Heiligen; Johannes der Täu fer, Augustinus, Sebastian, Katharina, Josef, Leopold, Barbara und ganz oben König Da vid, Namenspatron des Propstes Fuhrmann. Im Zentrum des Altaraufbaues weisen die Bil der mit dem Thema Maria Himmelfahrt auf das Hauptpatrozinium der Stiftskirche hin. Aber auch der Wallfahrer der Barockzeit fand kein verehrungswürdiges Grab vor, kein kon kretes wundertätiges Bild, keine groß vorzeig baren Reiiquien des hl. Florian, keine Schatz kammer mit Votivgaben und Votivbildern, wie er sie an den meisten anderen Wallfahrtsor ten kannte. Im Konzept des barocken Stifts neubaues war keine gesonderte Andachts stätte etwa in einer geräumigen Kapelle oder in der Gruft vorgesehen. Wenn sich auch seit dem Ende des 15. Jahr hunderts der heilige Florian immer mehr als Feuerpatron durchgesetzt und die anderen Heiligen in dieser Funktion zurückgedrängt hatte, so finden wir anderseits auf Votivbil dern nach Feuersbrünsten neben Florian doch auch andere Heilige. Die Menschen wandten sich aber auch in der Neuzeit in an deren Aniiegen an den hl. Florian. Die spärli chen Wunderberichte aus dem 18. Jahrhun dert bezeugen dies hinreichend. Im Bericht über den Besuch des Kaiserpaa res im Jahre 1732 ist ebensowenig ein spezieiler Hinweis auf eine Reverenz vor dem Lo kalpatron vermerkt wie in der Schilderung des Besuches Franz Stephans und Maria Theresias 1743. Im Stift hätte man sicher mit Genugtuung eine derartige Geste schriftlich festgehalten. Der Besuch von 1732 fiel in die Wochen eines Interregnums im Stift und 1743 erhielt Propst Johann Georg Wiesmayr ein wertvolles Pektorale. Der große Andrang von Wallfahrern zum Fest des hl. Florian am 4. Mai machte im Stift eine genaue Regelung etwa bei der Registrierung der Votivmessen notwendig. Es gab genaue Vorschriften, wie die einzelnen Chorherren die ihnen zugeteilten Aufgaben zu erfüllen hatten. Es sollte jede Art von Mißbrauch oder Geschäftemacherei verhindert werden. Die Wallfahrer sollten nicht durch irgendwelche Unzukömmlichkeiten in ihrer Andacht gestört werden. Auch die Übernahme von Votivga ben wie Flachs und Leinen, Hennen oder Wachs war genau geregelt. Daß für einen rei bungslosen Ablauf der liturgischen Funktio nen gesorgt werden mußte, versteht sich von selbst. Alle diese Anordnungen wurden in dem Maße von steigender Bedeutung, als Skepsis und Kritik am barocken Wallfahrtsbe trieb laut wurden. Außer im Mai kamen Wallfahrergruppen auch zu anderen Jahreszeiten. Nach dem großen Brand in Steyr hatte die Bürgerschaft 1727 eine alljährliche Dank- und Bittwallfahrt nach St. Florian gelobt. Die Steyrer zogen anfangs September in die Stiftskirche. Jedes Jahr wird einige Tage vor dem gewählten Termin der Stiftsdechant schriftlich daran erinnert. 31

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2