Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 1, 1986

Der heilige Florian in der mittelalterlichen Kunst Meisterwerke In den Sammlungen des Augustiner Chorherrenstiftes St. Florian Marlene Zykan Welthin bekannt ist die Gestalt des heiligen Ritters Florian, der aus einem Zuber Wasser auf ein brennendes Haus gießt. Die Funktion des Feuerlöschers übernimmt der Heilige je doch erst um die Mitte des 15. Jahrhunderts, während er früher andere Aufgaben des Schutzes zu erfüllen hatte. Wer war der heili ge Florian, der uns auf Gemälden und in Bild werken des Mittelalters als vornehmer Ritter entgegentritt, als gehörte er der jeweiligen Epoche an? Aus der in karoiingischer Zeit niedergeschriebenen „Passio beatissimi Floriani martyris Christi", aus der Leidensge schichte des seiigen Florian, läßt sich auf Grund wissenschaftlicher Untersuchungen die historische Persönlichkeit des einzigen namentlich bekannten frühchristlichen Mär tyrers auf österreichischem Boden heraus schälen. Er lebte zur Zeit der Diokietianischen Christenverfoigung als ehemaliger Kanzieivorstand des Statthalters von UferNoricum in Cetium (St. Pölten). Es wird ange nommen, daß er wegen seines Bekenntnis ses zum christlichen Glauben schon vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden war. Als er davon hörte, daß der Statthalter Aquilinus in Lauriacum (Lorch) vierzig Christen gefangen genommen hatte, eilte er dorthin, um sich auch als Christ zu bekennen. Er wurde 304 vom römischen Statthalter zum Tod verurteilt und hernach mit einem um den Hals gebun denen Stein von der Ennsbrücke in den Fluß geworfen. Dies wird übrigens auch vom sogenannten Martyroiogium Hieronymianum, einem mindestens ins 7. Jahrhundert zurückreichenden Märtyrerkalender, unter dem 4. Mai bezeugt. Schon von der Heiligenlegende her ist die Beziehung zum späteren Wasser- bzw. Feuerpatron gegeben, da der Märtyrertod durch Ertränken erfolgte. Außerdem berichtet dieauf einerfrühchristiichen Quelle beruhen de, später aber erweiterte und ausge schmückte „Passio" vom Begräbnis des heili gen Florian durch eine fromme Frau Valeria und von einer reichlichen Quelle, die dort ent sprang, wo sie mit ihren Zugtieren auf dem Wege zum Begräbnisort rasten mußte. Wie man glaubt, steht an dieser Steile im Markt St. Florian die mitteiaiteriiche Johanneskir che. Wegen ihrer wundertätigen Quelle ist sie besonders im Spätmitteiaiter ein starker An ziehungspunkt für Pilger gewesen, was auch eine heute leider verschollene Tafel einer zer streuten Floriansfolge von Aibrecht Altdorfer sehr lebendig veranschaulicht. Einer Bemerkung Luthers zufolge wurde bis her der heilige Laurentius als Beschützer vor Feuersgefahr angerufen und ihm erst jüngst in der gleichen Eigenschaft der heilige Flo rian zugesellt. Vielleicht ist die Übertragung des Feuerpatronats vom heiligen Laurentius Abb. 1 Stiftsbibliothek, hl. Florian, CSF III, 205 A (Marbaoh-Mlssale), fol 98^ um 1310 auf den heiligen Florian auch durch den Um stand herbeigeführt worden, daß beide mit einander in der Kirche zu Lorch verehrt wurden. Auch wenn die Gebeine des heiligen Florian schon bei den von Kaiser Maximilian i. veranlaßten Grabungen nicht aufgefunden werden konnten, dürfen wir annehmen, daß sich das Stift St. Florian über dem Qrt erhebt, wo der Tradition nach der Leichnam des Märtyrers in die Erde gesenkt wurde. Der Kult des Heili gen belebte sich neu, als Karl der Große 791 auf dem Boden der aitrömischen Ruinenstät te Lauriacum (Lorch) sein Heer zum siegrei chen Feldzug gegen die Awaren versammel te. Damais erblickte man im heiligen Florian den Schirmherrn der Ennsgrenze gegenüber der drohenden Gefahr aus dem Osten. Die Darstellungen des heiligen Märtyrers in den Sammlungen des Stiftes St. Florian stammen freilich erst aus dem Hoch- und Spätmitteiaiter, doch sehen wir ihn auch dann noch als unerschütterlichen Ritter, der die Grenzwacht hält. Qb der historische heili ge Florian, den wir aus seiner Leidensge schichte als pensionierten hohen Beamten kennen, dereinst tatsächlich den Soidatenberuf ausübte oder nicht, für das Mittelalter wird er zum Sinnbild des christlichen Soldaten ge mäß dem Pauiuswort im Brief an die Epheser: „Ziehet an die volle Waffenrüstung Gottes, daß ihr standhalten könnt gegen die Nach stellungen des Teufeis . . . Tretet also an, eure Lenden umgürtet mit Wahrheit. Ziehet an den Panzer der Gerechtigkeit, beschuhet die Füße mit der Bereitschaft für die Frohbot schaft des Friedens. Zu allem hin ergreifet den Schild des Glaubens, mit dem ihr alle feurigen Geschosse des Bösen auslöschen könnt. Nehmt den Helm des Heils und das geistige Schwert, das ist das Wort Gottes." Auf dem ältesten Qriginalsiegel des Stiftes an einer Urkunde von 1202 ist der heilige Florian als Centurio gerüstet, in einen Mantel gehüllt und mit Schild und Märtyrerpaime versehen, doch schon die frühe Fiorianer Buchmalerei zeigt den Kirchenpatron als deutschen Ritter. Herausgegriffen sei das um 1260/70 entstan dene Missale cod. III 209 der Stiftsbibiiothek, weiches neben der Initiale zur Festtagsoration das Bild des heiligen Florian enthält und diesem zu Füßen die Stifterfigur eines Fioria ner Chorherren (Abb. 2). Die unter Salzbur ger Einfluß geschaffene, zart kolorierte Fe derzeichnung stellt die ritterliche Gestalt der damaligen Tracht entsprechend mit langem Waffenrock, einem hermeiingefütterten Man tel, an dem sich der zackbrüchige Stil verrät, und einer hohen spitzen Kopfbedeckung dar. in der Rechten hält er eine Lanze mit Wimpel, in der Linken den Schild und die Märty rerpalme. Im Missale cod. Iii 205 A, das Heinrich von Marbach am Anfang des 14. Jahrhunderts schrieb und das in der Blütezeit der Florianer Buchmalerei mit Miniaturen ausgestattet wurde, ist Florian als sehr jugendlicher, kampflustiger Ritter geschildert (Abb. 1). Sein schönliniger Körperschwung verrät Mut und Kühnheit. Der Harnisch des Gerüsteten wird nur mehr teilweise vom zweimal geschützten, ärmellosen Waffenrock und vom schultern umhüllenden Mantel verdeckt. Mit der linken Hand umfaßt er den Schwertgriff, mit der rechten einen Schild und die bewimpelte Lanze. An der Brust ist das Wappen des Stif tes St. Florian, ein rot-weiß gespaltenes Kreuz auf weiß-rotem Grund, befestigt. Wie zahlreiche andere Fioriandarsteliungen ist er gewissermaßen als Heerführer gegen die 19

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