Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 1, 1986

wurde (Hain 8020, St. Florian, Ink. X/302). Die moderne Entwicklung macht sich schon in dem kleinen Format bemerkbar, das im Ge gensatz steht zu den älteren Folianten, in wel chen man noch wenige Jahre zuvor derartige Texte vorgelegt hatte. In mittelalterlicher Wei se sind aber die fünf Bücher nicht nur mit ge malten Initialen, sondern auch mit Miniaturen versehen worden, in welchen die Hauptthe men der jeweiligen Bücher charakterisiert sind. Der Textbeginn ist darüber hinaus mit einem grotesk erweiterten Randzierat verse hen. Die Art dieser Verzierung erinnert an einen Stil, der um die Mitte des 15. Jahrhun derts in Salzburg üblich und in den folgenden Jahrzehnten in den Alpenländern weit ver breitet war. Es gibt kaum ein österreichisches Kloster, In dem nicht das eine oder andere Beispiel dafür zu finden ist. St. Florian macht darin keine Ausnahme. Uns interessieren aber noch mehr die kleinen Miniaturen, deren Innenräume wir in einer Spätstufe der alpenländischen Buchmalerei in einer be sonderen Ausformung antreffen können. Es ist dies der Stil des Reuner Missales von 1492/93, das für den dortigen Abt Wolfgang angefertigt wurde.''® Ist es ein Zufall, daß auch im Chorherrenstift St. Florian ein Opus dieser Werkstatt oder dieses Meisters auf uns gekommen ist, nachdem bisher außer den Zi sterziensern von Reun die Chorherren von Seckau, Klosterneuburg und In weiterer Ab wandlung von Stainz auf diesen Stil gegriffen haben? Wir sind mit diesem letzten Beispiel im Bereich einer ausschließlich österreichi schen Entwicklung dieser Spätstufe der Buchmalerei, mit welcher wir diesen Über blick über Clmelien der Buchmalerei ab schließen wollen. Die Entwicklung ist damit vom Handschriftenwesen auf den frühen Druck, auf das Sachgebiet der Wiegen drucke übergegangen. Auch dieses Beispiel beweist, daß man damals noch keineswegs gewillt war, die Errungenschaften und Eigen helten der Handschriftenentwicklung wegen eines Überganges zu einer neuen Technik aufzugeben. Anmerkungen 1 Im Katalog von Albin Czerny, Die Handschriften der Stiftsbibliothek St. Florian, Linz 1871, sind die Clmelien unter der Ordnungsnummer III, die allge meine Aufstellung unter XI verzeichnet. Die Inku nabeln tragen die Ordnungsnummer X. Eine neue Beschreibung der Bestände an Buchmalerei ist für den im Jahre 1986 vorgesehenen Band der Österr. Kunsttopographie erstellt worden. 2 Gerhard Schmidt, Die Malerschuie des Stiftes St. Florian, Linz, 1962. 3 Georg Swarzenski, Die Saizburger Malerei von den ersten Anfängen bis zur Blütezeit des romani schen Stils. Leipzig 1913, 2 Bde. 4 Wir haben 1983, anläßlich der Aussteilung Tau send Jahre Oberösterreich, Katalog, 2. Bd., Linz 1983, S. 80, Nr. Hs. 1, diese Ansicht vertreten, dage gen im Katalog der Ausstellung 900 Jahre Stift Rei chersberg, Linz 1984, Katalog, S. 284 f., Nr. 3.02, unsere geänderte Auffassung dargelegt. 5 Winfried Stelzer, Gelehrtes Recht in Österreich, von den Anfängen bis zum frühen 14. Jh. (Mitt. d. Instituts f. Österr. Geschichtsforschung, Erg. Bd. XXVI), Wien—Köln—Graz, 1982, S. 117, 197, 207, 6 G. Schmidt, Materialien zur französischen Buchmalerei der Hochgotik 1. (Kanonistische Handschriften) in Wr. Jahrbuch für Kunstgeschich te, Bd. XXVIII, 1975, S. 160 ff., 169 f. 7 Sonderband der OÖ. Heimatblätter 1986. 8 Rudolf Zinnhobler, 200 Jahre Bistum Linz, in; Kirche in Oberösterreich, Katalog der Ausstellung 1985, Linz 1985, S. 231 f. — Ders. (Hg.) Die Bischö fe von Linz, Linz 1985. — S. a. R. Ardeit und H. E. Baumert, Die Wappen der Linzer Bischöfe, in: Histor. Jahrbuch der Stadt Linz 1981. Linz 1982, S. 76—78. 9 Heribert Hummel, WIblinger Buchmalerei des 15. Jh.s, in: Schwäbische Heimat, 29. Jg. 4. Heft, 1978, S. 262 ff. 10 Heiimut Lehmann-Haupt, Schwäbische Fe derzeichnungen, Studien z. Buchillustr. Augsburg im 15. Jahrhundert, Leipzig, 1929, S. 25 f. 11 Wilhelm Schramm, Der Biiderschmuck der Frühdrucke, 4. Band: Ulm, Leipzig 1926. — Die sehr originellen initialen lassen an den „Boccaccio Meister" denken, der Ende 1471 von Augsburg nach Ulm ging, wo er zwei ebenfalls sehr originelle Alphabete schuf. Vgl. Ernst Weil, Der Ulmer Holz schnitt im 15. Jh. Berlin 1923, S. 27, Abb. S. 24 und Abb. 78 und 79. 12 Ferdinand Eichier, Eine Salzburger MissaiienWerkstatt des späten 15. Jh.s, in: Gutenberg-Jahrbuch, 1940, S. 163 ff. 13 Erich Steingräber, Die kirchliche Buchmalerei Augsburgs um 1500. (Abhandlungen zur Ge schichte der Stadt Augsburg, 8.) Augsburg 1955. 14 Kurt Holter, Die Saizburg-Augsburger Buchmaler-Werkstatt, in: Spätgotik in Salzburg, die Ma lerei 1400—1530, Katalog der Ausstellung 1972, S. 246—256. 15 Vgl. den in Anm. 4 genannten Katalog von 1983, S. 100, Nr. Hs. 69. 16 Vgl. den in Anm. 14 genannten Katalog, 1972, S. 246, Nr. 293 mit Abb. auf Farbtaf. 1. ■' Angela Mohr Die Schutzmantelmadonna von Frauenstein Eine kunstgeschichtliche Betrachtung. »Frauenstein, das ist nicht nur seine Kirche und seine Schutzmantelmadonna. Frauenstein, das ist der ganze Kirchenhügel, die Berge, die Täler und Wiesen ringsumher. Fiier gehen Natur und Kunst eine beglückende Verbindung ein. Ich erinnere mich ganz genau, als mein Vater eines Abends mit der Nachricht heimkam, nun wisse man, wer die Frauensteiner Schutzmantelmadonna geschaffen habe: Gregor Erhart aus Ulm. Die ser Name ist seither in meinem Gedächtnis haften geblieben. Immer wieder hat es mich in all den Jahren zu dieser Madonna hingezogen, doch mußten viele Jahre vergehen, ehe ich meinem Wunsch, mehr über dieses Kunstwerk zu erfahren, nachgehen konnte.« (Angela Mohr) III Seiten, 38 Abbildungen (7 in Farbe), Ein. öS 180,- WILHELM ENNSTHALER-VERLAG, 4402 STEYR, Stadtpl. 26 18

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