Oberösterreich, 36. Jahrgang, Heft 1, 1986

St. Florian, Augustiner-Chorherrenstift, Bück in das Treppenhaus, 1706—1714, „eine der großartigsten Lösungen dieser Aufgabe im österreichischen Barock" (Dehio-Handbuch, Oberösterreich). - Foto: Elfriede Mejchar, Wien barocken Bauherrentums eindringlich ge genwärtig werden. In Göttweig In der Wachau wurde ein ganzer Berg mit einer gewaltigen Palast-Klosterarchltektur gekrönt. Hildebrandt kleidete den Escorlalgedanken In die festlichen Formen des österreichischen Barock. Auch diese An lage Im Escorialschema blieb unvollendet. In Klosterneuburg bei Wien, das mit Unter stützung Kaiser Karls VI. zu einem habsburglschen Residenzkloster ausgebaut werden sollte, künden gleichfalls nur Teile von dem großartigen Beginnen unter Donato Felice dAiilo aus dem Intelvi. Dieses NIcht-mehr-BewältIgen der Planun gen Ist letztlich bezeichnend für die Utopie der barocken Baugesinnung. Was In Spanien und Portugal, in bestimmter Weise auch in Frankreich noch gelang: nämlich Herrscher residenz und Kloster zu vereinigen, das heißt weltliche Macht im Sinne des Gottesgnadentums religiös zu untermauern und zu fundamentieren, das vermag sich in Österreich, selbst unter sanftem Zwang von selten des Kaisers, nicht mehr durchzusetzen. Die histo rische Zelt des Gottesgnadentums war hier vorbei. Das Verhältnis Kirche und Herrscher haus stand bald darauf Im kühlen Wind der Josephinischen Reformen. Ein allerletzter Versuch unter Karl VII. In Dlessen am Ammersee — über den Gräbern der Heiligen aus dem Hause DIessen-Andechs — ein wittelbachlsches Kaiserkloster zu er richten, blieb ebenfalls In den Anfängen stecken. Erhalten Ist nur die großartige Roko kokirche von Johann Michael Fischer und Frangois Cuvillies. Wahrscheinlich hat die Reichsabtei Wiblingen 1750 die Pläne für Ihren Osttrakt von DIessen übernommen. St. Florians Stiftsanlage, das Neubauprojekt des Propstes Fuhrmann, folgt allgemein der Motivation des barocken Bauen: Historie, Ruhm und Macht des Klosters sichtbar zu machen. Im einzelnen betrachtet erweist sich die Stiftsanlage als ein hervorragendes Bei spiel für die Abwandlung des Escorlalschemas In der österreichischen Kloster architektur. Die absolute Regularität ist durchbrochen. Es kommt zu einem span nungsreichen Spiel von geschlossenen und offenen Freiräumen, von Rechteckhöfen, die asymmetrisch unterteilt werden, wobei von den Flügeln frei endende Annexbauten aus greifen, während die Klosterkirche die Flanke besetzt hält. Im ersten Neubauprojekt finden sich solche Annexe an der Südwestecke der Anlage und an der Ostfront. Die Planung diees ersten Projektes geht wahrscheinlich auf Carlo Antonio Carlone zurück, der bis zum Jahre 1708 (seinem Todesjahr) die Baumaß nahmen leitete. Prandtauer führte zunächst die Anlage des Westbaues nach Carlones .rr - f lA. f • ■ f. <r/;- > £-^- ... ,w, • I Plänen weiter, griff jedoch im Jahre 1710 ent scheidend in die Neubauplanung ein. Carlo ne wollte offenbar nach seinem Prinzip, In die Landschaft ausgreifende Annexbauten zu er richten, einen Saalbau an den Westflügel an fügen. Prandtauer versetzte den Saal als Do minante In die Mitte des Südtraktes und stellte damit die geschlossene Anlage — mit Ausnahme des Sommerrefektoriums — her. Er gestaltete das von Carlone geplante Trep penhaus — eine der originellsten Bauideen der barocken Kiosterarchitektur — zu einer großartigen durch Öffnung vom Hof her zu sehenden Freiraumarchitektur, gab dem so genannten Bläserturm die elegante Gestalt. Durch die Gegenüberstellung von Klosterkir che und Saalbau — kirchlicher und weltlicher Dominanten also — gelang es Prandtauer In St. Florian, die Idee einer programmatischen Kiosterarchitektur des Barock einzubringen. Der sieben Fensterachsen umfassende fest lich gegliederte Saalbau wurde zu einem Kernstück der Architekturvorstellung Prandtauers Im Sinne bildhauerhaft begriffener. In sich reichgegliederter Baukörper, die landschaftsprägend wirken. So sehr dieser Bau körper ein Glanzstück repräsentativer Festsaalarchitetur in der Nachfolge Fischer von Erlachs darstellt, so sehr rückt er von Carlo nes streng geordneter und von frühbarocker Wucht bestimmter Architekturvorsteilung ab. Allein In der Gegenüberstellung des großarti gen Treppenhauspavillons und des Biblio thekspavillons konnte sich, trotz entschel8

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