Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 4, 1985

Kunst der Gegenwart Ein Gespräch mit dem Bildhauer Erich Ruprecht Notiert von Peter Ratzenböck Frage: Sie sind im Jahre 1931 als Sohn eines Kleinbauern zur Welt gekommen. Aufge wachsen sind Sie in einem etwas abgelege nen Tal im Grazer Bergland, in der Ortschaft Geisttal. Wie kommt ein Bauernbub auf die Idee, einmal ein freischaffender bildender Künstler zu werden? Ruprecht: Einen bestimmbaren Anlaß dazu hat es nicht gegeben. Daß ich Bildhauer ge worden bin, hat sich einfach so ergeben. Es gibt da die Phantasie im Menschen und den oft drängenden Wunsch, etwas gestalten zu wollen. Dazu gibt es ein Kindheitserlebnis, an das ich mich genau erinnere. Als ich etwa fünf Jahre alt war, wurde bei uns ein Keller ausgehoben. Dabei kam Lehm zum Vor schein, aus dem ich viele Tiere formte. Dabei auch Tiere, die ich damals nur von Abbildun gen kannte. Ein Krokodil zum Beispiel und auch ein Affe, an den ich mich besonders gut erinnere. Für das typisch vorgewölbte Af fenkiefer habe ich eine Nuß genommen, die ich in die kleine Lehmfigur gesteckt habe. Das ist so ein Beispiel einer Anmutung, etwas zu erkennen und das dann sehr kräftig und eindeutig darzustellen. Oben: Porträtfoto Erich Ruprecht. — Darunter: Im Atelier. Frage: Hat es in dieser bäuerlichen Land schaft auch Menschen gegeben, die gemalt oder geschnitzt haben? Menschen, durch die Ihr Interesse auf Bildwerke gelenkt wurde? Ruprecht: Damals wurde dort noch das mei ste von den Bauern selbst gemacht. Die Bild stöcke und Marterln in unserer Gegend wa ren nicht aus Stein, sondern aus Holz. Das wurde alles von den Bauern selbst ge schnitzt. Die Darstellungen waren sehr naiv. Das hat mir auch Mut gemacht, so etwas selbst zu versuchen. Denn so etwas, wie die akademisch geschnitzten Figuren in der Kir che herzustellen, hätte ich mir nie zugetraut. So habe ich als Bub dann Madonnen, Chri stusfiguren und andere Darstellungen ge schnitzt und aus Gips oder Ton geformt. Die Nachbarsbauern haben diese Dinge gerne gekauft. Die Bezahlung bestand meistens in Naturalien. Restauriert habe ich auch. Die Madonnen, die ich da neu bemalt habe, sind aber dadurch nicht viel schöner geworden als sie vorher waren, höchstens greller, weil ich von diesem Handwerk kaum etwas verstan den habe. % \ i 73

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