Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 4, 1985

Das Neue Linzer Rathaus Das Neue Rathaus setzt unüberseh bar eine architektonische Domi nante an der Donau. Dieses Haus, das so bevölkerungsbezogene Ein richtungen wie das Wahl- und Ein wohneramt, das Gesundheits- und das Wohlfahrtsamt der Stadt beher bergt, wird in mehrfacher Hinsicht den Bürgern unserer Stadt gerecht. Gelegen an der pulsierenden Haupt straße am Nibelungenbrückenkopf mit direktem Anschluß an das öffentliche Verkehrsmittel, bringt das Neue Rathaus alle Vorausset zungen mit, ein Service- und Kultur zentrum für die Bevölkerung der ganzen Stadt, insbesondere für den Stadtteil Urfahr zu werden. 26 Dienststellen der Linzer Stadt verwaltung, die früher an dezentra len Standorten in den verschiede nen Stadtteilen der Landeshaupt stadt und teilweise im alten Rat haus am Hauptplatz angesiedelt waren, finden hier eine zeitgemäße Arbeitsstätte. Mit seinen 950 Arbeitsplätzen erspart das Neue Rathaus den Linzerinnen und Lin zern nunmehr zeitraubende Behör dengänge und ermöglicht darüber hinaus innerhalb der Verwaltung zwischen den Dienststellen eine straffere Zusammenarbeit. Gerade dieser Aspekt war es, der bei der Wahl des Standortes sowie bei der Planung des Neuen Rathau ses in höchstem Maße Berücksich tigung fand. Das gesamte Gebäude ist von seiner räumlichen Auf teilung her so ausgerichtet, daß die parteienverkehrsintensivsten Dienststellen in den für die Besu cher auf kürzestem Weg zugängli chen Bereichen, nämlich im Erdge schoß und im ersten und zweiten Obergeschoß, untergebracht sind. Hauptfassade des Neuen Rathauses. Im Vordergrund der Granitbrunnen des in Oberösterreich lebenden, aus Japan stammenden Bildhauers Osamu Nakajima. Man darf daran erinnern, daß der Bau des Neuen Rathauses in einer Zeit wirtschaftlicher Stagnation begonnen worden ist und in der vierjährigen Bauzeit immerhin bis zu 200 Arbeiter von insgesamt 77 Firmen Beschäftigung gefunden haben, die zahlreichen Zulieferanten nicht mitgerechnet. Die wirt schaftliche Belebung, die von dieser städtischen Investition in den ver gangenen Jahren ausgegangen ist und mit rund einer Milliarde Schil ling beziffert werden kann, ist gewaltig. Die Bauplanungs- und Errichtungsgesellschaft soll hier nicht unerwähnt bleiben, denn sie hat dafür gesorgt, daß die Bauaus führung außerordentlich rationell vonstatten gehen konnte, wodurch die vorgesehene Bauzeit ein Jahr unterschritten wurde. Immerhin haben wir insgesamt 293.000 Kubikmeter umbauten Raum vor uns. Die Gesamtlänge der Heizungsrohre beträgt mehr als 33 Kilometer. Weitere 43 Kilometer Wasserleitungen mußten verlegt werden, woraus das gewaltige Aus maß dieses Projekts erkennbar wird. Es gibt an der gesamten Donau nur zwei Städte, die es in städtebau licher Hinsicht verstanden haben, den Strom in die Stadtlandschaft gefühlvoll einzubinden. Das ist die wegen ihrer Schönheit weithin berühmte Stadt Budapest und die oberösterreichische Landeshaupt stadt Linz. Richtet man den Blick auf das südliche Donauufer, so ist deutlich, wie harmonisch auf der Unteren Donaulände Strom und Stadt zusammenfinden. Donau park, Brucknerhaus, Tourotel, Parkbad und nun auch das Büro haus der Firma Intertrading bilden heute ein städtebaulich gelungenes Ganzes an der Unteren Donau lände. Das Rathaus in Urfahr markiert eine neue städtebauliche Ausrich tung. War in der Vergangenheit die Entstehung der Landstraße, die Ansiedlung der Industrie und die Errichtung von Satellitenstädten vornehmlich in der Nord-SüdAchse vorgegeben, so setzt der Bau des Neuen Rathauses nunmehr einen kräftigen städtebaulichen Akzent in Richtung einer Entwick lung zur Stadt an der Donau. Charakteristisch für die neue bau liche Dominante an der Donau Die Metallplastik „Sonnengeflecht" von Waltraud Viehböck im großen Innenhof. ist der weitläufige Freiraum hin zum Strom. Begrünt mit 26.000 Sträuchern, steigt das Rathausge viert Terrasse für Terrasse empor zum fünften Stockwerk, den Durchblick auf den Pöstlingberg stets freigebend. Zu Alt-UrfahrWest hin ordnet sich das Neue Rat haus in den Altbestand gefällig Die Absicht des Städteplaners aller dings ist spürbar, durch eine räum liche Zusammenfassung des westli chen und des östlichen Brücken kopfes die Barriere Nibelungen brücke aufzuheben. Natürlich ver knüpft sich damit die Hoffnung auf eine städtebaulich adäquate Lösung und Wiederbelebung des Areals zwischen Hauptstraße und Stadt pfarrkirche. Das Neue Rathaus der Stadt Linz steht als Symbol für die Leistungs kraft eines blühenden Gemeinwe sens, und so wie die Kulturdenkmä ler vergangener Epochen in der Lin zer Altstadt von der Leistungskraft unserer Ahnen zeugen, wird das Neue Rathaus der Stadt Linz als einer der bedeutendsten Bauten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Kommunalbereich in die Ge schichte der Stadt eingehen. Möge dieses Haus der Bevölkerung jene Dienste erbringen, die von sei nen Erbauern angestrebt werden, nämlich ein echtes Servicezentrum für alle Linzerinnen und Linzer zu werden! 72

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2