Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 4, 1985

Erzherzog Johann und Oberösterreich Franz Carl Lipp Wenn vorn Erzherzog Johann die Rede ist, denkt der Österreicher — zunächst mit Recht — an sein Wirken in der Steiermark. Schon viel weniger ist der breiten Öffentlichkeit auch seine frühe Liebe zu Tirol, wo er schließlich ja auch seine letzte Ruhestätte gesucht und ge funden hat, bekannt geworden. Für die Tiro ler selbst ist auch heute noch der „steirische" Prinz, der er geworden ist, einer der ihren. Merkwürdigerweise ist aber die enge Bezie hung, die Erzherzog Johann zu dem nördli chen Nachbarn der Steiermark unterhalten hat, beinahe vergessen worden, obwohl das Echo auf das Wirken des Prinzen und die Be geisterung für ihn im „Lande ob der Enns", wie er es stets genannt hat, kaum geringer gewesen sein dürfte als zu seinen Lebzeiten in der Steiermark selbst. Das in der Biographie Erzherzog Johanns denkwürdige Jahr 1800, in dem der 18jährige von der Höhe seiner militärischen Laufbahn als Armeekommandant in das Debakel von Hohenlinden geworfen wurde, scheint die er ste nähere Bekanntschaft mit Oberösterreich nach sich gezogen zu haben. Im Herbst dieses Jahres war das österreichische Haupt quartier von Altötting in Bayern nach Wels verlegt worden. Von dort aus besuchte der Erzherzog in den letzten Oktobertagen in einer gut vorbereiteten Exkursion Lambach, Gmunden, wo er die Salzeinpackung studier te, Ebensee mit seinen alten und neuen Salzpfannen, Ischl und schließlich Hallstatt. Auf den Salzberg ging er (im Gegensatz zu den begleitenden Beamten, die sich tragen ließen) zu Fuß hinauf und hinunter. Am Hallstätter See besichtigte er „verschiedene Was serhöhlen", in Ischl u. a. das Kufhaus und die „Schwemme" am Rettenbach. Am Offensee erlegte er einen Hirschen. Am fünften Tag der Reise fuhr er über den Traunsee bis zum An stieg auf den Traunstein. Treiber hatten vom Berg herunter über zwanzig Gemsen getrie ben. „Ich war so glücklich, zwey zu erlegen" berichtete er seinem kaiserlichen Bruder Franz.^ Er beendete diese Erkundungs- und Jagdreise mit dem Besuch des Traunfalles. Dagegen findet eine bereits 1797 angesetzte Reise des damals 15jährigen Johann nach Ischl und Hallstatt, die in verschiedenen Chroniken überliefert wird, in den authenti schen Quellen keine Anhaltspunkte. Ähnli che Berichte von Reisen in das oberösterrei chische Salzkammergut, wie er sie im Jahre 1800 unternommen hatte, sind in den Folge jahren, so von 1808 bekannt, wo er wieder speziell dem Salzkammergut seine wissen schaftliche und wirtschaftskundliche Auf merksamkeit widmet. Gesichert ist jedoch, daß er 1810 im Dachsteingebirge bis zur Gjaidalm vorgedrungen und seit dieser Zeit sein Wunsch, den höchsten Berg des ErzherF. X. Bobleter (1800—1869), Porträt von Erzherzog Johann im Jagdgewand, laut Verzeichnis des Künstlers gemalt 1830, Privatbesitz. zogtums Österreich (ob und unter der Enns) und der Steiermark zu besteigen, wach ge blieben ist. Damals galt noch der Torstein als höchste Erhebung. Johann beauftragte den Jäger Jakob Buchsteiner, diesen Gipfel zu er klimmen, den er dann 1819 tatsächlich be zwang. In diesem denkwürdigen Jahr bestieg ein Bruder Johanns, Erzherzog Ludwig, auch den Großen Priel, die höchste Erhebung des Toten Gebirges (2515 m). Land und Leute Oberösterreichs selbst, vor allem in seinen südwestlichen Teilen, hat er später durch seine Verbindung mit Anna Plochl, Tochter des Postmeisters Jakob Plochl im heutigen Bad Aussee, näher ken nengelernt. Da infolge der Traditionen des Erzhauses, aber auch von Intrigen bei Hofe, die Beziehung zu Anna geheimgehalten wer den mußte, traf sich das einander verspro chene Paar nicht selten auch in Ischl (so am 5. August 1822) und in Gmunden (am 30. September dieses Jahres), wo ein alter Freund und Vertrauter des Erzherzogs, der „Hallurge" Josef Lenoble von Edlersberg, von 1803 bis 1817 Salzoberamtmann in Aussee, später in Gmunden (bis 1823), gewesen ist. Von Ischl wanderte Johann mit Anna und ent sprechendem Gefolge, darunter seinem ge treuen Privatsekretär Johann Zahlbruckner, durch das Rettenbachtal auf die Schwarzen bergalm, von der man den Schönberg (Wil denkogel 2093 m) besteigen wollte, von wo aus, wie der Erzherzog in seinem berühmt gewordenen Erinnerungsbuch „Der Brandhofer und seine Hausfrau" schreibt, „eine herrliche Übersicht nach dem Lande ob der Enns" geboten worden wäre, wenn nicht das Wetter den Plan vereitelt hätte. Es scheint aber, daß der Prinz schon bei früheren Anläs sen, 1810,1816, 1819,1820 und 1821, längere Aufenthalte im „steyermärkischen Salzkammerguthe" genommen, viele Berge bestie gen und diese schöne Aussicht genossen hat. Ganz angetan ist er natürlich von dem „wildschönen Becken des Hallstätter Sees . . . von hohen Wänden umschlossen, über welchen im Südwest der 9600 Fuß hohe Dachstein mit seinen Eisfeldern thronet. . Von Gmunden begab sich der Erzherzog nach Salzburg, wahrscheinlich auf der alten, über Vöcklabruck führenden Poststraße. Dort traf er abermals mit Anna zusammen, die im Gasthof „bey dem Schiffe" abgestiegen war, während der Erzherzog in der Residenz wohnte. Aber schon am nächsten Tag wurde auf der damals noch wenig befahrenen Stra ße eine gemeinsame Fahrt nach Ischl ange treten; diesmal wohnte das Mädchen bei ih rer Tante (Koch?)^'^ „auf der Post", der „Brandhofer" nahm Quartier im Haus des Salzfertigers Seeauer, dem heutigen Hotel Austria. Auf der Heimreise nach Aussee be gleitete der Prinz seine heimliche Braut bis an den Fuß des Pötschen. Von späteren Reisen und Aufenthalten in Oberösterreich erfahren wir seltener, obwohl er öfter durchgekommen, aber auch gezielt gereist zu sein scheint, als aktenkundig wur de. Seit 1839 war Oberösterreich nämlich Mit glied des von Erzherzog Johann ins Leben gerufenen Innerösterreichischen Gewerbe vereins geworden. Es wurde ein eigenes „Mandatariat Steyr" errichtet und bereits 1841 eine Gewerbeaussteilung in Steyr veranstal tet, die auch vom Erzherzog besucht worden sein dürfte. 134 Teilnehmer zeigten auf dieser Ausstellung hauptsächlich verarbeitete Ei senprodukte. Am 18. Mai 1843 fand in Linz unter dem persönlichen Vorsitz des Erzher zogs die konstituierende Sitzung einer „Land wirtschaftsgesellschaft für die Provinz Öster reich ob der Enns" statt. Die Statuten der Gesellschaft waren von Propst Arneth aus St. Florian vorgelegt worden. Wie sehr dem Erzherzog diese Gründung am Herzen lag, bezeugt, daß er für sie einen seiner tüchtig sten Mitarbeiter, den Topographen Carl Schmutz, als Sekretär der Gesellschaft zur 57

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