Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 4, 1985

Admont, Stiftsbibliothek, Die Hölle. nen somit schwebend entrückt und vermit teln so zwischen einer realen Zone, dem Bibiiothekserdgeschoß, und der irrealen, den Deckenfresken Altomontes. Die Mitte des Admonter Bibliothekssaales wird durch eine Rotunde betont, in deren Ecken die wohl bedeutendsten Werke unse res Meisters aufgestellt sind, die Gruppen der „Vier letzten Dinge", die um 1760 entstanden; die Gestalt des „Gerichtes" ist mit TS monogrammiert und 1760 datiert. Der Überliefe rung nach soll Abt Anton II. selbst die doch eher seltenen Darstellungen in Vorschlag ge bracht haben. Erstmals wird dieser Themenkreis, wie Lutz Malke nachweisen konnte, in einem Traktat des niederländischen Kartäusers Dionysius Cartusianus de Leewis „De Quatuor hominis novissimis" aus dem frühen 15. Jahrhundert in der Art eines Erbauungsbuches ausführ lich behandelt. In vier Kapiteln werden Be trachtungen über den leiblichen Tod des Menschen, das Jüngste Gericht, Hölle und Fegefeuer sowie über das himmlische Para dies angestellt. Mit diesen Betrachtungen wollte de Leewis den Gläubigen auf dessen Hinscheiden, auf das endzeitliche Gericht und auf Himmel und Hölle hinlenken. Abt An ton II. mag es gerade in der Bibliothek für an gezeigt gehalten haben, auf die Vergänglich keit allen Bücherwissens hinzuweisen. Stammel hat, wie schon bei seinen Weih nachtskrippen, hier seinem Erzähltalent wie derum freie Bahn gelassen, ohne die Ge samtkomposition zu stören. Es fällt jedoch auf, daß die Gestalten dieser Spätwerke ge streckter, schmäler — fast ist man versucht zu sagen „klassizistisch" — geformt sind; daß hier also, trotz aller inhaltlicher Dramatik, eine glattere Formung des Körpers, eine ge wisse Beruhigung der Formen Platz greift. Das gleiche gilt auch für die beiden großen Reliefs an den Stirnwänden des Saales; mög lich, daß in diesen Spätwerken etwas von der Klarheit klassizistischer Gestaltung eines Georg Raphael Donner (1693—1741) wirksam wird. Die schon mehrfach angesprochene Erzähl freudigkeit verbindet Stammel mit den Wer ken der Spätgotik und der Dürerzeit; sie ist aber auch dem alpenländischen Barock nicht fremd. An einem Beispiel, der Darstellung der „Hölle", soll die Inhaltsbedeutung aufge zeigt und so dieses erzählende Element de monstriert werden. Dargestellt sind die sie ben Hauptsünden und zwar dergestalt, daß der Zorn, als nackter Mann, auf den Schul tern der Unlauterkeit, einem Zwitterwesen, reitet. Sein verzerrtes Gesicht ist eine Pa raphrase von Berninis „Anima dannata" (so wie der „Himmel" die Züge von Berninis „Ani ma beata" trägt). In seiner Linken hält der j' *V 40

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