Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 4, 1985

Grußwort von Landeshauptmann Dr. Josef Krainer Nicht nur Historisches wird in diesem Heft, das den kulturellen Beziehungen der Steiermark und des Landes Oberösterreich gewidmet ist, eingehend beschrieben und von namhaften Fachleuten detailliert erörtert. Ebenso wird von Leben und Werk hervorra gender Künstlerpersönlichkeiten, wie dem Admonter Barockbildhauer Josef Thaddäus Stammel, berichtet. Weiters die Verbindungen unseres „Steirischen Prinzen" Erzherzog Jo hann zum Nachbarland im Norden und Landschaftsbeschreibungen, wie jene des stei rischen Salzkammergutes oder der Urlaubsre gion Garstner Tal und des Admonter Beckens. Die Beziehungen der Steiermark zu Ober österreich reichen weit zurück — sie sind schon in der Vita Sancti Severini für das fünfte nachchristliche Jahrhundert erwähnt. Und wir Steirer sind stolz auf unsere „Magna Charta", die Georgenberger Handfeste von 1186, in der Rechte und Freiheiten der steiri schen Ministerialen festgelegt wurden. Der Georgenberg an der Enns liegt heute auf oberösterreichischem Gebiet, ebenso wie jene Stadt, die unserer Grenzlandmark den Na men gegeben hat. Gewiß, das sind Facetten einer Beziehung, die eigentlich nur mehr oder minder wesent lich für das Zusammenleben unserer beiden Länder sind. Grundlegend und bestimmend sind seit jeher die wirtschaftlichen Beziehun gen. Steirisches Eisen wurde vom Erzberg immer schon zur Donau verfrachtet, ebenso steirisches Salz, das der heute so beliebten Urlaubsregion Salzkammergut — die sich über die Landesgrenzen erstreckt — den Namen gegeben hat. Und das Wirtschaftsdreieck Graz — Linz — Wien wird erst dann geschlossen sein, wenn die Süd- und besonders jene für die Be ziehungen zu Oberösterreich wichtige Pyhrnautobahn fertiggestellt sind. Für beide große Verkehrsadern haben wir Steirer große finan zielle Opfer erbracht. Unsere Steiermark ist anders als Oberöster reich. Wir haben eine andere historische Ent wicklung genommen. Unsere Länder sind schon vom Geopolitischen her anders geartet und zugeordnet. So waren wir Steirer am „Hofzaun des Reiches" durch Jahrhunderte den Angriffen aus dem Südosten ausgesetzt. Anders Oberösterreich, obwohl es ebenso an einer der großen Bruchlinien der Geschichte gelegen ist. Die Oberösterreicher bekommen dies aber erst wieder seit dem Zusammen bruch der Monarchie, die eine vermittelnde und ausgleichende Funktion im Herzen Mitteleuropas erfüllt hat, zu spüren. Für die unmittelbaren „Nachbarn an der Enns" hat das alles nicht jene gravierende Be deutung, weil die Bewohner kleinräumiger, grenzübergreifender Regionen eher zueinan der finden. Und schon der Titel des Heftes weist darauf hin, daß man im Grunde ge nommen nur äußerst selten von wirklichen Abgrenzungen, von Scheidelinien, von Tren nungsstrichen, von sogenannten „natürlichen" Grenzen sprechen kann, weil eben diese Be griffe eigentlich nie stimmten — jedenfalls dann nicht, wenn man sich die Mühe nimmt, näher hinzusehen. Hier wird „näher hingesehen" — vor allem in kultureller Hinsicht. Es wird deshalb eher das Gemeinsame beschrieben, ohne darüber auf Unterschiede zu vergessen. Wichtig ist vor allem das Miteinander — ob nun in hi storischer Entwicklung oder im aktuellen menschlichen Zusammenleben. Wer dieses Heft zur Hand nimmt, kann ein plastisches Bild dessen gewinnen, was Steirer und Ober österreicher verbindet. Dr. Josef Krainer Landeshauptmann von Steiermark

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