Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 4, 1985

St. Martin bei Graz, Hochaltar, 1738—40 I 14 m \ '\y ■- irr 'rÄ f.Si'x -'SV ■ «I :v . - -tfc.u/..*.* «.-■■■ ■-..'flfe'ffrTs.iÄ.llfi .."'i ' ■ . -vr "iüfi. ■W-\ \ ■; • V ■ .V ■ .V. :i. Stammeis Werk kann in drei Abschnitte ge gliedert werden: die frühen Werke der zwan ziger und dreißiger Jahre, in denen die italie nischen Vorbilder noch in frischer Erinnerung stehen; eine mittlere Epoche, die mit dem be deutenden Hochaltar von St. Martin bei Graz gegen 1740 beginnt und eine besonders viel seitige Periode seines Schaffens bezeichnet, sowie endlich, von etwa 1755 an, sein Spätstii, der vor allem durch die Arbeiten für die Admonter Stiftsbibiiothek geprägt ist. Bezeichnend für die frühen Arbeiten Stam meis erscheint das mächtige Volumen der Körper und eine vom hochbarocken Pathos eines Bernini herzuleitende, dramatische Ge stik. Dadurch erlangen die Skulpturen eine gesteigerte Monumentalität. Dazu kommt, daß Stammei sich in dieser seiner ersten Schaffensperiode oft des Sandsteines be dient, ein Material, das diesen Tendenzen be sonders entgegenkommt, während er in sei nen späteren Werken wieder ausschließlich in Holz, dem klassischen Material der aipeniändischen Bildschnitzer, arbeitet. Sehr schön lassen sich diese Prinzipien an den überlebensgroßen Assistenzfiguren der Frauenberger Kalvarienbergkreuzigung aufzei gen, etwa an dem hier abgebildeten Johan nes. Sein gewaltiges Volumen, das durch mächtige Faltenwürfe noch gesteigert und betont erscheint, die ausdrucksstarke Gestik der Hände und der Gesichtszüge — all das weist diese Gruppe, die um 1730 entstanden sein wird, als ein Werk der ersten Schaffens periode aus. Etwas später, um 1735, dürften die beiden großen Figurengruppen der Benedikt- und Blasiuskapelle im Admonter Stiftsgarten entstanden sein, die ebenfalls aus Sandstein bestehen und bei denen schon Ubell auf die Vorbildwirkung der bei den Papstgräber Berninis für Urban VIII. und Alexander VII. hingewiesen hat. Die ersten, urkundlich für 1726 gesicherten Werke waren jedoch die aus Holz geschnitz ten Statuen von Joachim und Anna sowie 15 Reliefs der Rosenkranzgeheimnisse für den Frauenaltar der Admonter Stiftskirche; beim Brand 1865 beschädigt, ist der Altar nicht mehr erhalten. Die beiden Statuen ste hen heute im Landesmuseum Joanneum in Graz, während die Reliefs in den neugoti schen Marien-Seitenaltar integriert worden sind. An den beiden Statuen erweist sich, daß Stammeis Entwicklung keineswegs eindi mensional verlaufen ist. Obzwar auch hier das römische Element sichtbar wird (man vergleiche den Joachim mit dem hl. Longinus in St. Peter), ist doch auch die heimische Schnitztradition wirksam geblieben. So zeigt sich schon in Stammeis Frühwerk die hohe Integrationskraft und seine künstlerische Größe, mit der er diese beiden Strömungen zu einem persönlichen Stil zusammenfaßt. 36

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2