Erinnerungen an die Steirischen Otakare in der Wappenkunde Oberösterreichs Herbert Erich Baumert Das erste Auftreten des „steirischen" Pan thers als heraldisches Dynastensymbol in Oberösterreich geschieht mit dem seit etwa 1160 verwendeten Reitersiegel des Markgra fen Otakar III. von Steier: Der als Ritter hoch zu Roß erscheinende Siegelinhaber „OTACHER • MARCHIO • STIRENSIS" trägt in der Unken einen länglichen, mandelförmi gen Dreieckschild mit einem die Fläche fül lenden, steigenden Panther.^ Von heraldi scher Sicht aus gesehen ist die Herkunft der nach ihrem Leitnamen Otakare genannten „Traungauer" Grafen aus dem bayerischen Chiemgau insoferne interessant, als dort Pfalzgraf Rapoto II. von Ortenburg 1219 nachweisbar mit einem Panther im Rundsie gel erkundete^ und schließlich Herzog Hein rich XIII. von Niederbayern 1271 den Panther in einem Wappenschildchen auf der Pferde decke in sein — in Raitenhaslacher Urkun den als „sigillum novum" bezeichnetes — Reitersiegel aufnahm.® Sowohl die Babenberger,'' denen 1192 die Steiermark erblich zugefallen war, als auch König Ottokar PfemysI von Böhmen,® der das nach dem 1246 erfolgten Tode des letz ten Babenbergers herrenlose Land für sich beanspruchte, wie dann die seit 1278 regie renden frühen Habsburger® führten konti nuierlich als Herzöge der Steiermark den otakarischen Panther in ihren Siegeln. Direkt vom Landesfürsten kam der Panther in die Stadtwappen von Enns und Steyr: Schon früh nahm die landesfürstliche Stadt Enns den Panther — allerdings in geminderter Form — in ihr Wappen auf. Das dreieckige Schildsiegel mit der Umschrift + • S • CIVIIVM • ANASI ist erstmals im Wachsabdruck an einem mit 27. März 1294 datierten Schriftstück im Stiftsarchiv St. Flo rian nachweisbar.'' Das dazugehörige Typar befindet sich im Stadtmuseum Enns. Im durch einen Balken geteilten Wappen er scheint der wachsende Panther mit langem, stark nach hinten gebogenem Hals und vor gestreckten Vorderläufen. — Das aus dem oberhalben Traungauer Pantherschild und aus den unteren zwei Dritteln des österreichi schen Bindenschiides zusammengesetzte Stadtwappen gilt als Zeichen des zur Zeit sei nes Entstehens regierenden Landesfürsten und Stadtherrn Friedrich II., der diese beiden Wappenbilder als Herzog von Österreich und Steier erstmals 1230 in seinem doppelseiti gen Münzsiegel jeweils im Schild des abge bildeten galoppierenden Reiters auf der österreichischen bzw. der steirischen Seite führte.® — Die älteste uns überlieferte farbi ge Darstellung des Stadtwappens befindet sich in Temperamalerei auf einem Ennser Setzschild® aus der zweiten Hälfte des 15. Reitersiegel des Markgrafen Otakar III. von Steier, seit etwa 1160 in Gebrauch. Der Schild des dargestellten SIegellnhabers trägt den steigenden Panther. Ältester Beleg für die konkrete Führung des als „heraldisches Fami lienzeichen" übernommenen Wappentieres durch die aus dem bayerischen Chiemgau stammen den Otakare. Foto: Stelermärklsches Landesarchiv, Graz. Schlldslegel der Stadt Enns, Wachsabdruck frühest 1294, Gebrauch durch Urkunden text schon 1242 erwiesen. Geteiltes Wappen mit dem halben Panther in der oberen und zwei Dritteln des österreichischen Bindenschildes in der unteren Hälfte, den Emblemen des landesfürstlichen Stadtherrn als Herzog von Steiermark und Österreich. Foto nach Abdruck vom Orlg. Typar: Landesbild stelle Oberösterreich, Linz. Jahrhunderts und zeigt über der weiß-roten unteren Hälfte oben in der „steiermärkischen" Farbgebung den weißen, wachsen den Panther im grünen Feld. Der steigende Panther ist als eigenständiges, signifikantes Zeichen der Stadt Steyr im halb runden Wappenschild erstmals im Siegel abdruck in einer Wachsschale mit der Um schrift in gotischen Minuskeln • der • statt • steir • klainer • secret an einer am 6. Juni 1511 ausgestellten Urkunde^® bekannt. — In dem zur gleichen Zeit (1503) in Ried i. I. ent standenen Sebastian-Bruderschaftsbuch" erscheint in der uns bekannten ältesten farbi gen Darstellung des Steyrer Stadtwappens ein weißer Panther im blauen Schild, wäh rend der Babenberger Herzog Friedrich II. für das Herzogtum Steiermark schon um 1246 aus staatspolitischen Gründen den weißen Panther ins grüne Wappenfeld setzte. Leider hat auch das Steyrer Stadtwappen in Anleh nung an das stelermärkische Landeswappen ebenfalls die Tingierung gewechselt und sich so aus der historisch begründeten blau weißen Gruppe der bajuwarischen Panther gruppe ausgeschlossen.'® In der weiteren Folge fand der otakarische Panther als heraldisches Familienemblem der beiden aus der Ministerialität der Mark grafen von Steier hervorgegangen, zum Uradel des Landes ob der Enns zählenden, ab der Mitte des 12. Jahrhunderts zu den bedeu tendsten lokalen Machtpositionen im Traungau aufgestiegenen hochfreien Geschlechter Starhemberg und Losenstein in die Kommu nalheraldik Eingang. Bereits 1228 siegelte Gundakar III. von Stei er, Stammvater des noch blühenden Hauses der Starhemberger, mit dem „geminderten", d. h. halb verdeckten otakarischen Panther'®; das gleiche Wappenschild führte Gundakar IV. von Starhemberg („de Steinpach") im Rundsiegel an einer Urkunde aus dem Jahre 1240.'"' — Erstmals in Farbe in der ca. 1335/45 entstandenen Zürcher Wappenrolle'®: Von Weiß und Rot geteilter Schild; oben ein blauer, wachsender, gehörn ter Panther mit roter Zunge. Als Helmzier auf gelbem Kübelhelm der halbe blaue Panther mit einem vom Kopf bis an den Widerrist reichenden, gekerbten und mit sechs Hahn büschen besteckten roten Kamm. Zwei alte Märkte im Mühlviertel erinnern mit dem wachsenden Panther der Starhember ger an die einstige Patrimonialherrschaft: Im Wappen von Windhaag bei Freistadt er scheint in Silber das gekrönte Wappentier wachsend aus einem Dreiberg, begleitet von zwei Nadelbäumen, die auf die alte Ortsbe zeichnung verweisen (1660 „Windhag am Waldt"). — Die Verleihung des Wappens 15
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