Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 4, 1985

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I nhaltsverzeichnis Schwerpunktthema Steiermark und Oberösterreich — Nachbarn an der Enns Landeshauptmann Dr. Josef Krainer, Steiermark Grußwort 2 Dr. Karl Spreitzhofer, Graz, Steiermärkisches Landesarchiv Die Otakare und ihr Land zwischen Donau und Drau 4 Prof. Herbert Erich Baumert, Linz Erinnerungen an die Steirischen Otakare in der Wappenkunde Oberösterreichs 15 Dipl.-Ing. Dr. Hans Jörg Köstler, Judenburg und Montanuniversität Leoben Eisen als Bindeglied zwischen der Steiermark und Oberösterreich 24 Dr. Kurt Wolsetschläger, Steiermärkisches Landesmuseum Joanneum und Universität Graz Der Admonter Stiftsbildhauer Josef Stammel (1695—1765) DIpl.-Ing. Dr. Winfried Aubell, Bad Ischl und Leoben 35 43 Das steirische Salzkammergut Ing. Franz Stadler, Bad Aussee Das Kammerhofmuseum in Bad Aussee 49 Dr. Franz Carl Lipp, Linz und Altaussee Erzherzog Johann und Oberösterreich 57 Wolfgang Heitzmann, Steyr Die Urlaubsregion Garstnertal und Admonter Becken 65 Kunst der Gegenwart Peter Ratzenböck, Linz Ein Gespräch mit dem Bildhauer Erich Ruprecht 73 Oberösterreich aktuell Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck, Oberösterreich Raumordnung im gemeinsamen Grenz gebiet Oberösterreich — Steiermark 79 Bücherecke 90 Kulturinformationen 94 Oberösterreich-Information des Landes-Fremdenverkehrsamtes Linz 95 Umschlag: Wappen des Herzogtums Steiermark im Wappenbuch des Conrad von Grünenberg, 2. Hälfte 15. Jahrhundert (ca. 1452—1484), Österreichisches Staatsarchiv, Haus-, Hofund Staatsarchiv, Handschrift R 1 (= Böhm 1), fol. 8 r (siehe dazu: Alfred Ritter Anthony von Siegenfeld: Das Landeswappen der Steiermark, Graz, 1900, Tafel 33. Foto: Lichtbildwerkstätte Alpenland, Wien Gestaltung: Herbert Friedl Kulturzeitschrift Oberösterreich 35. Jahrgang, Heft 4/1985 Vierteljahresschrift: Kunst, Geschichte, Landschaft, Wirtschaft, Fremdenverkehr Erscheinungstermine: März, Juni, September, Dezember. Medieninhaber (Verleger), Herausgfeber und Hersteller: LANDESVERLAG Gesellschaft m.b.H. A-4020 Linz, Landstraße 41. ISSN 0253-7435 Redaktion: Dr. Otto Wutzel, Dr. Elfrlede Wutzel, A-4020 Linz, Landstraße 41. Jahresabonnement (4 Hefte): S 396.—; Einzelverkaufspreis: S 110.—. (Alle Preise inkl. 10 % MWSt.) Schwerpunktthema Heft 1/1986 Der hl. Florian und Stift St. Florian Auflage kontrolliert NORMALPRÜFUNC Veröffentlicht im Pressehandbuch Auflage dokumentiert Im Protokollbuch des ÖZV und unter der Btx-Nummer ' 2270 *

Kulturzeitschrift W Kaiwang, politischer Bezirk Leoben, Pfarrkirche hl. Oswald, Admonter Stiftspfarre, Weihnachtskrippe von Josef Stammel, 1751. Foto: Kurt Woisetschläger, Graz. Nach den Heften mit grenzüberschreitenden Schwerpunktthemen „Salzburg und das Land ob der Enns" (32. Jg., Heft 4/1982), „Österreich ob und unter der Enns (33. Jg., Heft 4/1983) und „Bayern und Oberösterreich — Nachbarn am Inn" (34. Jg., Heft 1/1984) wird in diesem Heft der Versuch unternom men, die Nachbarschaft der Bundesländer Steiermark und Oberösterreich in histori scher, geographischer und wirtschaftlicher Sicht darzustelien. Aus der Fülle von mögli chen Themenvorschlägen konnte selbstver ständlich wieder nur eine Auswahl getroffen werden. Aus dem Inhaltsverzeichnis ist zu er sehen, daß neben oberösterreichischen Au toren für die Gestaltung dieses Heftes auch namhafte steirische Kollegen zur Mitarbeit gewonnen werden konnten. Es ist mir als Schriftleiter eine angenehme Verpflichtung, alien Autoren und Fotografen für ihr Verständnis und ihre Hilfe zu danken. Vor allem möchte ich mich für die koilegiale Gastfreundschaft bedanken, die ich bei allen Redaktionsbesprechungen in der Steier mark, vorwiegend in Graz, Judenburg und Bad Aussee, gefunden habe. Ich sehe darin ein Zeichen der Anerkennung für die Zeit schrift „Oberösterreich". In besonderer Weise gilt mein Dank Herrn Landeshauptmann Dr. Josef Krainer für sein freundliches Grußwort und Herrn Landes hauptmann Dr. Josef Ratzenböck für seinen wichtigen Beitrag in der Sparte „Oberöster reich aktuell". Aus umfangmäßigen Gründen mußte in diesem Heft auf eine Literaturbeilage ver zichtet werden. Da mit diesem Heft wieder ein Jahrgang un serer Zeitschrift — ein Jubiläumsjahrgang (35. Jahrgang) — abgeschlossen wird, eriaubt sich die Schriftleitung an dieser Stelle auch allen Lesern und Inserenten für ihre Treue zu danken. Frohes Fest und ein gutes Jahr 1986!

Grußwort von Landeshauptmann Dr. Josef Krainer Nicht nur Historisches wird in diesem Heft, das den kulturellen Beziehungen der Steiermark und des Landes Oberösterreich gewidmet ist, eingehend beschrieben und von namhaften Fachleuten detailliert erörtert. Ebenso wird von Leben und Werk hervorra gender Künstlerpersönlichkeiten, wie dem Admonter Barockbildhauer Josef Thaddäus Stammel, berichtet. Weiters die Verbindungen unseres „Steirischen Prinzen" Erzherzog Jo hann zum Nachbarland im Norden und Landschaftsbeschreibungen, wie jene des stei rischen Salzkammergutes oder der Urlaubsre gion Garstner Tal und des Admonter Beckens. Die Beziehungen der Steiermark zu Ober österreich reichen weit zurück — sie sind schon in der Vita Sancti Severini für das fünfte nachchristliche Jahrhundert erwähnt. Und wir Steirer sind stolz auf unsere „Magna Charta", die Georgenberger Handfeste von 1186, in der Rechte und Freiheiten der steiri schen Ministerialen festgelegt wurden. Der Georgenberg an der Enns liegt heute auf oberösterreichischem Gebiet, ebenso wie jene Stadt, die unserer Grenzlandmark den Na men gegeben hat. Gewiß, das sind Facetten einer Beziehung, die eigentlich nur mehr oder minder wesent lich für das Zusammenleben unserer beiden Länder sind. Grundlegend und bestimmend sind seit jeher die wirtschaftlichen Beziehun gen. Steirisches Eisen wurde vom Erzberg immer schon zur Donau verfrachtet, ebenso steirisches Salz, das der heute so beliebten Urlaubsregion Salzkammergut — die sich über die Landesgrenzen erstreckt — den Namen gegeben hat. Und das Wirtschaftsdreieck Graz — Linz — Wien wird erst dann geschlossen sein, wenn die Süd- und besonders jene für die Be ziehungen zu Oberösterreich wichtige Pyhrnautobahn fertiggestellt sind. Für beide große Verkehrsadern haben wir Steirer große finan zielle Opfer erbracht. Unsere Steiermark ist anders als Oberöster reich. Wir haben eine andere historische Ent wicklung genommen. Unsere Länder sind schon vom Geopolitischen her anders geartet und zugeordnet. So waren wir Steirer am „Hofzaun des Reiches" durch Jahrhunderte den Angriffen aus dem Südosten ausgesetzt. Anders Oberösterreich, obwohl es ebenso an einer der großen Bruchlinien der Geschichte gelegen ist. Die Oberösterreicher bekommen dies aber erst wieder seit dem Zusammen bruch der Monarchie, die eine vermittelnde und ausgleichende Funktion im Herzen Mitteleuropas erfüllt hat, zu spüren. Für die unmittelbaren „Nachbarn an der Enns" hat das alles nicht jene gravierende Be deutung, weil die Bewohner kleinräumiger, grenzübergreifender Regionen eher zueinan der finden. Und schon der Titel des Heftes weist darauf hin, daß man im Grunde ge nommen nur äußerst selten von wirklichen Abgrenzungen, von Scheidelinien, von Tren nungsstrichen, von sogenannten „natürlichen" Grenzen sprechen kann, weil eben diese Be griffe eigentlich nie stimmten — jedenfalls dann nicht, wenn man sich die Mühe nimmt, näher hinzusehen. Hier wird „näher hingesehen" — vor allem in kultureller Hinsicht. Es wird deshalb eher das Gemeinsame beschrieben, ohne darüber auf Unterschiede zu vergessen. Wichtig ist vor allem das Miteinander — ob nun in hi storischer Entwicklung oder im aktuellen menschlichen Zusammenleben. Wer dieses Heft zur Hand nimmt, kann ein plastisches Bild dessen gewinnen, was Steirer und Ober österreicher verbindet. Dr. Josef Krainer Landeshauptmann von Steiermark

Georgenberger Handfeste, Pergamenturkunde, 55 X 38,5 cm (Höhe x Breite), mit Siegel Herzog Leopolds IV. von Österreich (links) und Siegel Otakars von Steiermark (als Otakar IV. Markgraf 1164—1180, Herzog 1180—1192) [rechts]. Original Im Stelermärklschen Landesarchiv Graz, das dankenswerter Weise diese Farbabbildung zur Verfügung stellte. In Erinnerung an „800 Jahre Georgenberger Handfeste" wurde am 14./15. November 1985 In Enns eine beachtens werte Historikertagung veranstaltet. Links: Camilla Daxner, Altauseersee mit Blick zum Dachstein, Aquarell, 38,5 x 56,5 cm. Dieses Motiv ist kennzeichnend für die landschaftliche Nähe und Verwandtschaft des steirischen zum oberösterreichischen Salzkammergut. Die Malerin, wohnhaft in Wien, zählt zu den vielen Künstlern — Maler, Dichter, Musiker, Schauspieler —, die im Salzkammergut diesseits und jenseits von der „Pötschenhöhe" Ihre zweite Heimat (Wahlheimat) gefunden haben. 'pii ki;'-. D r ümi I. ÖiiLiillik ölHl ■' 'J il:ii iMfnl ym le 'I .1 JMJJt.fVTm im Iiiirm limiwrp.tri j {' ß '■'] I I priiJryiii rniirnrS'J ■ 'o& msjttimö fe, larn: mrl i.,, ■njMi(4/i'/TirJIJ'II 't fii Ja - . „t . i, la w MSrf ■^•ir<Ht (.m7Tiroh^'ii it hfiitn^ Irijpj fifi I imiiiilllnjji»! n ^ j .loiavpriiflüne^ ^ ; irttjj'n r. l!i<H.K- II M'i lUJ-trH-ihca-Huilo f ■tcjlljrii ffiLii tfiiimöjjdi- II Cfr^Jffr H ' ij f in>!^ Ii , ll IIi fa/li 1 i <> f " ,1,^ijtyi'ii.iui.pfi < iifft l| xt;«i4 i , , i -uu^' ■rrifl LLUjlyJL.,r:i.r,y,JU.,^)«'i^ ^ B.;,t., II n-t .'mmra'.J..« rfwi .jtwrri »<•» ].«<■ JU- f«,- lÖKW" I I j - .Aii' ,,Irii T'i' y Tt .1. .J, «4 "ifhrlhi'ir f X.£JiL:M,Ä I,,,, ...pamn.'.!'™ 4 im'W'ÜwVlm Bm»aor,p,L k, lOTi C'V* p'r ^"*"''l 1^" t a^ifu'u rfüo. i ,1 T-l' 'l "''■'P'"!"'' '"1^"'' '"T 'Jf '.vnW'.^li.W.«Wh I I ■Ihiiw/ifu^ >-i(riKnir • .imMfifir-»- , T ' ' f V-, i.»i) . r I" . 1/ g S 'L . , { U/. .J L J.. ..I l".,»!. .'ti f«.«?"'' U.-AjwU,W" " - - ■ • ' ^ . -f* -''h, -•,■■'■ J- i "v.!. . l..<- , 'J": t t f- 1 ,,j„ Im. M~U ••Ii-.« .l'.4' UrrFUri- Mp' ^ -4 •.Twlr tlii« biinjfW)«»»; / ' • I i " iiipiaifilllf-fl l jilfTliit l> i" irfalnt jj.ilin'iiliiniiMiiMilri« k

Die Otakare und ihr Land zwischen Donau und Drau Karl Spreitzhofer Ein Land zwischen Donau und Drau Im Be sitz eines steirischen Herrscherhauses ist auch dem historisch interessierten Österrei cher der Gegenwart wenig geläufig. Die zentralistische Tradition unseres Geschichts unterrichtes vermittelte zwar eine vage Kenntnis von der Entstehung des Kerniandes Österreich unter den Babenbergern sowie ei nige Jahreszahlen, wann die anderen Länder „zu Österreich gekommen" sind. Daß diese Länder jeweils ihre eigene historische Indivi dualität aus sehr unterschiedlichen Voraus setzungen und Entwickiungslinien besaßen und besitzen, nahm man in der Schule so gut wie nicht zur Kenntnis. Selbst im Rahmen der Geschichtswissenschaft blieb ihre Erfor schung dem lange Zeit abschätzig gewerte ten und an den Universitäten kaum vertrete nen Fach Landesgeschichte vorbehalten. Ais der letzte selbständige steirische Herr scher, Herzog Otakar iV. (i.), im Jahre 1186 in der vieiberedeten, aber letztlich auch nur we nig bekannten Georgenberger Handfeste sei nen steirischen adeligen Dienstleuten deren Rechte bestätigt, zählt er die Klöster auf, in welche Güter zu stiften sie berechtigt seien. Von den fünfzehn Klöstern liegen nur sechs im heutigen Bundesland Steiermark, aber vier in Oberösterreich (Lambach, Garsten, Gleink, Traunkirchen), drei in Kärnten (Viktring, St. Paul, Ossiach) und je eines in Bay ern (Vornbach am Inn) und in Slowenien (Seitz/Zice bei Gonobitz/Konjice). Die geo graphische Verteilung zeigt in ihrer verschie denen Dichte die Schwerpunkte der herzog lichen Macht und die Randzonen der Ein flußsphäre. Diesen Herrschaftskomplex in einem geogra phisch, politisch und ethnisch heterogenen Raum in rund eineinhalb Jahrhunderten ge schaffen zu haben, ist die historische Lei stung der steirischen Otakare. Chiemgauer — Traungauer — Otakare Über die ältere Familiengeschichte weiß man wenig. Selbst der Name ist umstritten. In der älteren Forschung hießen sie zumeist Chiem gauer, dann schien sich die Bezeichnung Traungauer durchzusetzen. Derzeit werden sie gewöhnlich als „Otakare von Steyr" oder „steirische Otakare" bezeichnet. Damit ist — wie häufig bei früh- und hochmittelalterlichen Adelssippen — ihr häufigst vorkommender Leitname als Hilfsbezeichnung verwendet, verbunden mit der Herkunftsbezeichnung nach ihrer neuen Stammburg Steyr, die sie ab 1074 selbst gebrauchen, bzw. dem davon her rührenden Namen ihres Landes, der Steier mark. in der Zählung der Otakare hat sich die Beschränkung auf die vier steirischen Mark grafen dieses Namens durchgesetzt, wobei OTAKAR rv. ' 19. VIII. 1163, t 9. V. 1192 Markgraf 1164-1180 Herzog 1180-1192 Ekbert III. Graf von Formbach-Pitten t5. VIII. 1158 Elisabeth 1138, t 25. XII. 1. Graf Rudolf von Stade f 1144 ■*> 2. HeinrichV. Herzog von Kärnten tll61 Margarethe 1138 OTAKAR in. 1129-1164 Markgraf t 31. XII. 1164 <*> Kunigunde, Tochter Mgf. Diepolds III. von Vohburg t 22. XI. 1184 Leopold 1160, natürlicher Sohn landesfurstl. Ministeriale Willibirg Kunigunde 1136, t II I. um 1145 t20.\ll. 1161 Ekben II. ~ Bernhard Graf von Graf v. Formbach-Pitten Marburg-Spanheim t 24, XI. 1144 116. XI. 1147 LEOPOLD DER STARKE 1122-1129 Markgraf t 24. X. 1129 ■x" Sophie, Tochter Hg. Heinrichs von Bayerrt, f 10. VII. v. 1147 ADALBERO 1075-vor 1082 Markgraf t 22.XI. vor 1082 OTAKAR n. 1082-1122 Markgraf t 28. XJ. 1122 Elisabeth, Tochter Mgf Leopolds II. von Österreich 110. X. um 1105 OTAKAR I. 1048 Graf im Chiemgau 1050/55-1075 Markgraf t 29. III. 1075 ? Ata Willibirg erste Äbtissin von Eppenstein von Traunkirchen t 27. VTII. Otachar (Oci) t 5. III. um 1020 OO Tochter Arnolds II. von Wels-l.ambach Stammtafel der Otakare, Markgrafen und Herzoge von Steiermark, nach Entwurf von Heinz Dopsch, Dr. phil., Universitätsprofessor, Historisches Institut der Universität Salzburg. Siehe: Ausstellung des Landes Oberösterreich 1983 „Tausend Jahre Oberösterreich. Das Viferden eines Landes", Kataiognummer 1.52, und „Das Werden der Steiermark. Die Zeit der Traungauer. Festschrift zur 800. Wiederkehr der Erhebung zum Herzogtum. Hrsg. v. Gerhard Pferschy" (Dr. phil., Landesarchivdirektor, Steiermärkisches Landesarchiv, Graz), 1980.

Historisch-Topographische Matrikel . . . des Landes ob der Enns . . . bearbeitet und zusammengesteiit von Johann (Ev.) Lamprecht und vom christiichen Kunstverein der Diözese Linz herausgegeben, Wien 1863. Detaii aus dem reich iiiustrierten Vedutenkranz mit Darsteiiung von Markgraf Otakar II. von Steiermark (1082—1122), Gründer des ehemaiigen Benediktinerstiftes Garsten. Umschrift: „Ottocar M. Styr. Fund. Cl. Garsten". Siehe: Oberösterreichische Landesaussteiiung 1985 „Kirche in Oberösterreich. 200 Jahre Bistum Linz", Kataiog. Otakar IV. als Herzog ab 1180 wieder die Nummer i trägt. Franken — Bayern — Kärnten — Friaul in der äiteren geneaiogischen Forschung wurden auch sichere und vermutete Vorfah ren in die Zähiung einbezogen, vor aiiem die im 10. und 11. Jh. beiegten bayrischen Chiemgaugrafen gleichen Namens. Verbin dungen in äitere Zeit, etwa zum fränkischen dux Autchar (Otgar) des 8. Jahrhunderts oder einem „Mainzer" Otakar und dessen bayeri scher Gruppe um die Gründer der Kiöster Te gernsee und St. Pöiten sind wahrscheiniich, aber in den Einzeiheiten nicht gesichert. Um stritten sind famiiiäre Beziehungen zur bayri schen Pfaizgrafenfamiiie der Aribonen. Gesi chert hingegen ist eine Seiteniinie, die mit dem königiichen Gewaltboten Otger/Oci zu Ende des 10. Jhs. in Kärnten Fuß faßte. Aus diesem Zweig stammen der Patriarch Poppe von Aquiieja (1019—42), der Erbauer des Do mes, und die Herren oder Grafen von Naun/ Cordenons in Friaul. Neue Positionen im Südosten Der zuletzt 1048 als Graf im Chiemgau ge nannte Otakar (i.) begegnet uns ab 1056 als Markgraf in der karantanischen Mark und den angeschlossenen obersteirischen Grafschaf ten, ab 1060 und namentlich, wie erwähnt, ab 1074 in der Herrschaft Steyr (mit Enns) und dem Traungau. Über die Herkunft ihres Besit zes zwischen Enns, Traun und Donau ist in der Forschung ebenso heftig diskutiert wor den wie über die staatsrechtliche Stellung dieses Raumes bis zum Werden des Landes Oberösterreich im 13. Jahrhundert. Die An nahme einer Erbschaft nach den Grafen von Weis und Lambach bzw. im ischiiand von den Grafen von „Raschenberg-Reichenhaii", den Gründern von Traunkirchen, hat viel für sich. Denn auch in der Oststeiermark (um Hart berg) stammt otakarisches Eigen offenbar von ersteren. Vor aiiem aber traten die Otakare die Nachfolge in der Mark an, nachdem der junge Markgraf Gottfried und vielleicht auch sein Vater Arnold 1050 ein gewaltsames Ende gefunden hatten. Hier südlich des Aipenkammes fand Otakar i. eine politische Struktur vor, die noch viele Entwicklungen offen ließ. Die nach der Magy areninvasion um 970 eingerichtete karantanische Mark — im wesentlichen die heutige Weststeiermark bis knapp über die Mur — wurde von den Eppensteinern verwaltet. Bei der Absetzung des eppensteinischen Her zogs Adalbero von Kärnten 1035 wurde des sen karantanische Mark dem Grafen Arnold von Wels-Lambach übertragen. 1042/43 ge wann dessen erwähnter Sohn Gottfried im

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Links: Ansicht der Stadt Enns von Osten mit Darstellung einer Himmelserscheinung über Enns Im Jahre 1593, Großformatiges Ölgemälde Im Museum der Stadt Enns. Wiedergegeben ein Bildausschnitt mit Darsteiiung der damals noch sichtbaren Ruinen eines Gebäudes auf dem „Georgen berg". — Foto: Franz Gangl, Linz. i Rechts: Entwurf eines geplanten Denkmals auf dem Georgenberg in Enns, das an den am 16. August 1186 auf dem Georgenberg in Enns abgeschlos senen Vertrag erinnern soiite. Die Bemühungen um die Errichtung einer solchen Gedenkstätte reichen bis in die 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Die ersten Pläne scheiterten. Anläßlich des Gedenkjahres „700 Jahre Steiermark bei Österreich" wurde eine neue Initiative ergriffen. Der abgebiidete Entwurf stammt aus dem Jahr 1899, ist signiert mit Schindler. Als Baumaterial waren Pozarer Granit und Swarow Syenit vorge sehen. Als Höhe des Monuments sind 9,80 m angegeben (Mitteiiung OMR. Dr. Herbert Kneifel, Obmann des Museumsvereines „Lauriacum" Enns. Siehe auch: Mitteilungen des Museumsvereines „Lauriacum" Enns, N. F. Heft Nr. 15). — Foto: Franz Gangl, Linz. kersburg und Tüffer/Lasko, die Vogteien über die Kärntner Klöster Viktring und St. Paul und die salzburgische Römerstadt Pettau, nahe der Ungarngrenze, dazu Einzelgüter in Körn ten und vor allem viele Ministeriale wie die Trixener, Treuner und Marburger. In Seitz (1160/64) gründete Otakar III. im Unterland eine Kartause, wo er und sein Sohn auch ihre Grablegen fanden. Zuletzt fiel 1158 nach dem ebenfalls verwand ten letzten Grafen Ekbert von FormbachPitten dessen von den Wels-Lambachern bei derseits von Semmering und Wechsel geerb ter Besitz zwischen Hartberg und der Piesting an die Steiermark. Auf steirischer Seite entstanden 1163 das Chorherrenstift Vorau und 1160 das Spital am nunmehr ausgebau ten Semmering. Auch die Verbindung zum bayerischen Kloster Vornbach am Inn rührt aus diesem Erbe. Der Zuwachs an Eigengut, Burgen und Mini sterialen hatte es den Markgrafen inzwischen möglich gemacht, die wenigen noch verblei benden Hochfreien als Konkurrenten in der Landesherrschaft auszuschalten. Sie gingen gleichsam mit Zuckerbrot und Peitsche vor. Den einen wurde der Eintritt in die mit dem Makel der Unfreiheit behaftete Ministerialität des werdenden Landesfürsten durch Güter schenkungen und Lehen schmackhaft ge macht. Auch scheint bei dieser neuen Ober schicht des Dienstadels in der Praxis die Freiheit der Person gewahrt gebiieben zu sein. Sicher gehörten die Herren von Ort im Traunsee, die Liechtensteiner, wohl auch die Stubenberger zu dieser Gruppe, im Traungau vielleicht die Volkensdorfer, die Gründer von Gleink. Andere Hochfreie, so jene von Stübing und Feistritz aus der Sippe der weitver zweigten Traisen-Feistritz-Waldegger, wurden

mit Gewalt ausgeschaltet, z. B. durch einen Hochverratsprozeß. Die Vogtel über deren Gründung Seckau kam damit an den Landes fürsten. Vielleicht hängt damit auch der seit ca. 1152 nachweisbare Einfluß auf das alte Frauenkloster Goß zusammen, eine arlbonlsche Gründung aus der Zelt um 1000. Als ein ziges steirlsches Kloster konnte sich die salz burgische Gründung Admont (1074) der landesfürstllchen Vogtel entziehen. Der restliche Altadel, z. B. die Grafen von Schale und Pellsteln oder die Freien von Gu tenberg bei Welz, konnte sich schließlich der Macht des Landesfürsten nicht mehr entzie hen. Von den altstelrlschen Hochfreien erleb ten nur die Peggauer, später Grafen von Pfannberg, das 13. Jahrhundert. Ein Intensiver Landesausbau durch Binnen kolonisation und Marktgründungen (ab 1122 Hartberg, Ausbau des älteren Judenburg, Leoben, um 1170 Fürstenfeld, Feldbach, 1156/64 Erweiterung von Graz zur kommen den Hauptstadt, dazu patrimonlale Märkte Links: Wappendarstellung an der Decke des alten Ennser Rathaussaales im heutigen Museum der Stadt Enns mit Stuckumrahmung aus der Zeit 1720/30. Das Wappen der Stadt Enns ist ein sogenanntes geteiltes Wappen: oben in Grün ein weißer (siiberner), aufgerichteter halber Panther und unten zwei Drittel des österreichischen Bindenschildes (siehe: Josef Amstler: Geschichte der Stadt Enns, 1969, S. 103). — Foto: Franz Gangl, Linz. von Ministerialen) brachte eine Herrschaftsverdlchtung mit sich. Aus stützpunkt artiger Herrschaft, bestehend aus Einzel rechten, wurde Flächenherrschaft, Landes herrschaft. Dazu nicht Im Gegensatz steht die Tatsache, daß das Land des 12. Jahrhunderts Immer noch ein Personenverband war. Soweit Gra fen, Freie und Ministeriale die Hof- und Ge richtstage des Landesfürsten besuchten, so weit reichte dessen Land. In Randzonen gab es Überschneidungen mit den Ministerialen und damit der Einflußzone anderer Landesherren wie der Babenberger In Österreich. Durch die Heirat von Markgraf Leopold mit der Welfln Sophie, der Schwester Heinrichs des Stolzen und Witwe Bertholds von Zährin gen, sowie Otakars III. mit Kunigunde von Vohburg, einer Schwägerin des Stauferkalsers Friedrich Barbarossa, war das stelrlsche Herrscherhaus mit den königlichen Familien des Reiches verwandt. Wie die anderen DyRechts: „Im Anfang war die Styraburg" . . . (siehe „Tausend Jahre Steyr. Festschrift anläßiich des Stadtjubiläums 1980", Abhandlung von Volker Lutz, 8 10 ff.), Aquarell von Franz Höizlhuber mit Ansicht der Burg Steyr, aufgenommen ca. 1880: Burggraben, Burg grabenbrücke, Bergfried. Originai im Heimathaus Steyr. — Foto: Franz Gangl, Linz. nasten Ihrer Zelt wählten auch sie um die Jahrhundertmitte als persönliches Zeichen das Pantherwappen, das seit 1160 auch Im Siegel erscheint. Es entstand ein Hofgefolge mit Hofämtern, die später zu Landeserbämtern wurden. Die erste echte Markgrafenurkunde stammt aus 1147. Die äußere Form näherte sich all mählich der Königsurkunde. Das hochge stimmte fürstliche Bewußtsein äußerte sich In Majestätsplural, In der Titelformel „von Gottes Gnaden" (seit 1162), In stolzen Lobreden der von Gott mit Würde und Reichtum begnade ten Vorfahren und In selbstbewußten Aussa gen über „unser Land" (terra nostra, seit 1160) oder „Mark/Land/ProvInz meiner/unserer Herrschaft" (marchia/terra/provincia mee/ nostre ditlonis). Die vom Kaiser schon 1158 für Otakar III. verwendete Anrede „Fürst" (princeps) geht ein Jahrzehnt später In die eigenen Urkunden ein und war offenbar schon so selbstverständlich, daß die um 1170 gegründete (spätere) Stadt Fürstenfeld davon den Namen erhielt. 8

1 i, ,ää03ä!f ' %^y i4jMlilIlirlti& ;fnüf' ■!%«? I Vom Land zum Herzogtum So war esidenn nur eine reichsrechtliche An erkennung der politischen Realität, daß der eben erst großjährig gewordene Otakar IV. auf dem Hoftag zu Altenburg In Thüringen Im September 1180 vom Kaiser zum Herzog er hoben wurde. Die Rangerhöhung steht Im Zu sammenhang mit der Absetzung und Äch tung des Bayern- und Sachsenherzogs Heinrich des Löwen und der Nichtanerken nung des neuen Bayernherzogs Otto von Wit telsbach durch einige bisher glelchranglge Territorialfürsten, vielleicht auch des jungen Stelrers. Jedenfalls wurde damit die formal noch be stehende Abhängigkeit der Steiermark von Bayern bzw. die Vasallltät Ihres Fürsten ge genüber dem Bayernherzog aufgehoben. Eventuelle ältere staatsrechtliche Bindungen der Mark an Kärnten waren wohl schon seit der Abtrennung Kärntens von Bayern 976, spätestens aber seit den Ereignissen von 1035 und 1122 gelöst. Eine faktische Folge der Erhebung von 1180 war auch, daß der Einfluß des neuen Herzogs von Bayern auf das südöstliche Oberösterreich schwand. Noch 1176 hatte Heinrich der Löwe In Enns einen Gerichtstag gehalten. Neben dem Machtbereich des stelrlschen Herzogs grif fen nun die österreichischen Babenberger über die Enns nach Westen aus, Indem sie wichtige lokale Machtträger wie die Schaunberger, bisher bayerische Vasallen, an sich zu ziehen vermochten. Der Wandel Im Selbstverständnis des Her zogs und seiner maßgeblichen Umgebung drückt sich auch Im Wandel des Titels aus. Aus dem marchio/princeps de Styra oder marchio Styrensis, Markgraf von (d. h. aus der Burg) Steyr, wird der dux Stire bzw. — unter dem Einfluß der künstlichen lateinischen Na mensform Austria — dux Stirie/Styriae, Her zog von Steler, womit nicht mehr der Her kunftsort, sondern das Land gemeint Ist. Allerdings hatte sich das Bewußtsein der Mark den Bewohnern so tief eingeprägt, daß neben „Steler" und „Stelerland" der Name Steiermark bestehen blieb und schließlich zum offiziellen Landesnamen wurde. Vom Georgenberger Vertrag zur Herrschaft der Babenberger Der so glanzvoll In den Reichsfürstenstand aufgestiegene junge Otakar hätte nun zur Zier der Ihrem Höhepunkt zustrebenden höflsch-rltterllchen Welt der Stauferzelt wer den können, hätte sich nicht bald eine uns nicht näher bekannte unheilbare Krankheit gezeigt. Er heiratete nicht und mußte sich all mählich Gedanken machen, wem nach sei nem absehbaren Tod das von den Vorfahren geschaffene Land zufallen sollte. Nach dem Zeugnis der Quellen häufen sich nun auffal lend große Landesversammlungen. Einmal (1184) Ist sogar ein Vertreter des Kaisers da bei, Ende 1185 auch der Herzogssohn Fried rich von Österreich. Offensichtlich suchte man lange nach einer geeigneten Rechts form, die Zukunft der Steiermark rechtzeitig abzusichern, um eventuelle Erbstreitigkelten

f. I , — 1 t - -- - .' t.' ¥~1"t:. |y. 'IIRathaus der Stadt Steyr, Wappendarstellung an der Fassade oberhalb der Einfahrt (Mittelachse), datiert 1771. — Foto: Franz Gangl, Linz. Siehe: Herbert Erich Bau mert: Der Panther — das alte Wappentier der Traungauer als heraldisches Wahrzei chen der Stadt Steyr, in: Oberösterreich, 29. Jg., Heft 4/1979, und die Abhandlung des gleichen Autors „Erinnerungen an die steirische Otakare in der Wappenkunde Oberösterreichs" in diesem Heft. — Foto: Franz Gangi, Linz. mit allen negativen Folgen auszuschalten. Möglicherweise dachte man vorübergehend sogar an einen Verkauf (oder Scheinverkauf). Die Babenberger als Erben waren nicht von vornherein selbstverständlich. Noch 1175/76 hatte man gegeneinander Krieg geführt. Aber die seit der Ehe Otakars II. mit Elisabeth gegründete Verwandtschaft, die lange ge meinsame Grenze mit Überschneidungszo nen, schließlich das gute persönliche Einver nehmen zwischen Otakar und Leopold V. machten letzteren doch zum ersten Kandida ten. Zwar konnte der Steirer über sein Eigen gut und seine Leute testamentarisch frei ver fügen. Für das davon praktisch nicht mehr trennbare Herzogtum als Reichslehen war aber die Zustimmung des Kaisers erforder lich. Es traf sich günstig, daß das letzte Jahr zehnt Friedrich Barbarossas ein relativ fried liches war und der alte Kaiser der Vernunftlösung in Form einer Designation zustimmte. Es war dazu allerdings eine Rechtsfiktion nötig. Man tat so, als gelte das für die Eltern Leopolds V, Heinrich Jasomirgott und Theodora, im Privilegium minus von 1156 zugestandene ius affectandi auch in der Steiermark. Die Kenntnis dieser Urkunde ist jedenfalls auf steirischer Seite bei den Abma chungen von Georgenberg vorauszusetzen. Im August 1186 trafen sich hier bei Enns, an der Grenze beider Länder, die«wei Fürsten mit großem Gefolge. Die am 17. August aus gestellte Urkunde stellt allerdings nicht den eigentlichen Erbvertrag dar. Dessen einzelne Bestimmungen kennen wir nicht, vielleicht wurde darüber auch keine eigene Urkunde ausgefertigt. In der Georgenberger Hand feste bestätigte Otakar die nach ihrer Selbst einschätzung wohlerworbenen Rechte und Freiheiten dersteirischen Ministerialen, ohne deren Zustimmung eine so weitreichende Erbregelung nicht mehr möglich gewesen wäre. Als Zeichen der Zustimmung seiner seits siegelte Leopold von Österreich — viel leicht erst später — die Urkunde mit. Die Ministerialen und von diesen die Ober schicht, die „Besseren" (meliores), hatten sich von einem informellen Fürstenrat, der in wichtigen Landesangelegenheiten beigezo gen wurde, zur Repräsentation des Landes mit Tendenz zur ständischen Institutionalisie rung gewandelt. Hundert Jahre später waren sie mit den überlebenden Grafen und Freien zum Herrenstand der Steiermark verschmol zen. Im 12. Jh. hatten zwei lange vormund schaftliche Witwenregierungen für die un mündigen Markgrafen Otakar III. (nach 1129) und Otakar IV. (nach 1164) zu ihrem Aufstieg beigetragen. Die gegenüber ihren österrei chischen Standesgenossen besseren Rech te ließen sie sich nun in feierlicher Form schriftlich fixieren. 10

Traunkirchen, Grabsteine Im ehemaligen Kreuz gang des Klosters. In der Mitte Epitaph für Hans III. Herzheimer, 1508, links und rechts Gedenk steine für die Äbtissin Margareta Stainacher, gestorben 1530, mit Relief der Verstorbenen und Pietä, und die Äbtissin Barbara Kirchberger, gestorben 1534, mit Relief der Verstorbenen, kniend vor dem auferstandenen Heiland. — Foto: H. G. Prillinger, Gmunden. Rechts unten: Traunkirchen, Darstellung der Gründungsge schichte im sogenannten „Patergang" des ehe maligen Klostergebäudes, Ölgemälde aus 1598 nach einer Vorlage von 1532. In der rechten Bildhälfte übergibt Markgraf Otakar an die erste Äbtissin Atha Stab und Schlüssel. Nach jüngsten Forschungsergebnissen war das ehemalige Frauenkloster Traunkirchen eine Gründung des Grafen Wilhelm „von Raschenberg-Reichenhall". Im Erbweg dürfte die Abtei in Besitz der Otakare gekommen sein (siehe dazu: Das Werden der Steiermark. Die Zeit der Traungauer, Graz 1980, S 101 f. Abhandlung von Heinz Dopsch „Die steirischen Otakare"). — Foto: H. G. Prillinger. Der wesentliche Rechtsinhalt umfaßt folgen de Punkte: Ständige Personalunion der Stei ermark mit Österreich (das Land sollte nicht zu einer babenbergischen Sekundogenitur absinken) — Appellationsrecht an den Kai serhof — Recht zum freien Güterverkauf, zu Kirchenstiftungen und Bau von Eigenkirchen — Ehe- und Erbrechtsbestimmungen, kein Heimfall von Lehen an den Herzog, sondern weibliche Erbfolge — Zeugenbeweis statt Gottesurteil vor Gericht — Freiheit von gewis sen in Österreich üblichen Steuern und Be steuerungsmethoden — unveränderte Rech te und Pflichten der Hofämter in Steiermark und Angleichung an die besseren Rechte der Österreicher bei Heerfolge ins Ausland — Verbot von Untervögten für Klöster — bevor zugte Stellung der Geistlichkeit an der Hoftafel. Die Bestimmungen zugunsten der Kirche fin den sich in einem Nachtrag, der vor 1190 — i O;.-. ■ ;.-ti --- 11

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Links: Die St.-Johannes-Kapelle in der „Kirch- und Burgsiediung" Pürgg (Dehio), romantisch oberhaib der Einmündung des Grimmingbaches in das breite Ennstai gelegen, zählt zu den bedeu tendsten österreichischen Kunstdenkmalen. „Ihre freskale Ausstattung gehört zu den wichtigsten Zeugnissen europäischer Malerei überhaupt" (siehe: Gottfried Bidermann: Zur Kunst der Stei ermark im 12. Jahrhundert, in: Das Werden der Steiermark. Die Zeit der Traungauer, Graz 1980, S. 409). Datierung des Freskenzyklus mit insge samt 27 Einzeldarstellungen vor 1164. Im Bild Bück auf die Triumphbogenwand mit Christus zwischen Kain und Abel, darunter eine geistliche und eine weltliche Stifterfigur, die weitliche von der Wissenschaft bezeichnet als Markgraf Otakar III. (1129—1164). Im Hintergrund der eingezogene Chorraum. — Foto: Eifriede Wöhry, Linz. Rechts: Detail der Pürgger Freskenausstattung: Darstellung der Geburt Christi an der Südwand. — Foto: Elfriede Wöhry, Linz. ohne Fälschungsabsicht — der Urkunde an gefügt wurde. Zwei weitere Nachträge sind eindeutig Fälschungen aus dem 13. Jh. Sie entstanden nach der Ächtung Flerzog Frie drichs II. des Streitbaren 1237/40 bzw. 1249/50 in der Auseinandersetzung um das babenbergische Erbe. In ihren Unregelmäßigkeiten — zwei Schrei ber, einmal gedrängte Schrift, dann wieder Lücken — spiegelt die Urkunde den Gang der Verhandlungen wider, d. h. sie hatte ur sprünglich Konzeptcharakter. Der Rechtsinhalt der Georgenberger Urkun de wurde mit zeitbedingten Modifizierungen in alle späteren steirischen Landhandfesten und Bestätigungen (bis 1731) übernommen. Sie ist die älteste Verfassungsurkunde der Steiermark, zugleich das mit Abstand älteste Landesprivileg aller österreichischen Länder. Das Privilegium minus war ja ein Hausprivi leg für die Babenberger gewesen. Herzog Otakar starb im Mai 1192, 28jährig. Die Erbfolge wurde klaglos abgewickelt. Schon zwei Wochen später wurde Leopold V. auf dem Reichstag zu Worms von Kaiser Heinrich VI. feierlich mit der Steiermark be lehnt. Das babenbergische Doppelherzog tum im Südosten des Reiches war zu einem Machtfaktor ersten Ranges geworden, und manch begehrlicher Blick richtete sich dar auf. Die beiden letzten Leopolde wußten ihre Stellung zum Nutzen ihrer Länder einzuset zen. Die Epoche Leopolds VI. „des Glorrei chen" (seit 1195 in der Steiermark an der Herrschaft, 1198 bis 1230 auch in Österreich) wurde in späteren, vermeintlich oder sicher schlechteren Jahrzehnten als die gute alte Zeit gepriesen. Abfall der Randgebiete Der innere Zusammenhalt des heterogenen Landes zwischen Donau und Drau war das Ergebnis genealogischen Glückes und politi scher Energie kraftvoller Herrscherpersön lichkeiten gewesen. Nun, da der steirische Herzog nicht mehr in Graz, sondern in Wien residierte, konnten sich wieder naturräum liche Gegebenheiten auswirken. Der steiri sche Adel jenseits von Semmering und Pyhrn konnte, den geographischen Gravitationsli nien folgend, seinen Herrn ohne den mühe vollen Weg über die Alpenpässe erreichen. Noch aber hatte die geprägte Form Bestand. Nur steirische Edle bezeugten 1212 das Stadtrecht von Enns. Hier, in bewußtem Rückgriff auf den Ort der Georgenberger Handfeste, stellte Kaiser Friedrich II. dem steirischen Adel während der Ächtung des gleichnamigen Herzogs seine Landhand feste aus — wenn auch die Verhandlungen in Wien stattgefunden haben werden. Aber schon in diesen Krisenjahren der babenber gischen Spätzeit zeigten sich bei den Macht trägern des steirischen Alpenvorlandes An zeichen eigenständigen Handelns. Nach dem Schlachtentod Friedrichs des Streit baren 1246 und dem Zusammenbruch des Staufischen Reiches 1250 wandten sie sich dem Böhmen PfemysI Ottokar zu, während 13

die Mehrheit des übrigen steirischen Adels vorerst für Ungarn optierte. Der damit von der Steiermark abgetrennte Traungau ermöglich te erst die Bildung des Landes ob der Enns. Länger steirisch blieb die Mark Fitten mit Neunkirchen und Wr. Neustadt. Vorüberge hend 1254 bis 1260 abgetrennt, verblieb sie im Spätmittelalter in einem seltsamen Schwebezustand, um erst gegen 1500 end gültig zu Österreich gerechnet zu werden. Das überwiegend slowenische Unterland, das in habsburgischer Zeit noch in breiter Linie bis an die Save ausgeweitet wurde, bil dete hingegen bis 1918 einen integrierenden Bestandteil des Herzogtums Steiermark. In Oberösterreich zeugen noch die Panther wappen der bedeutendsten aus otakarischer Ministerialität hervorgegangenen Herren, der Steyr-Pernegger, Losensteiner oder Starhemberger, das Wappen der Stadt Steyr und natürlich deren Name von der einstigen poli tischen Zusammengehörigkeit, und in Jugo slawien heißt der Ostteii Sloweniens bis heute Stajerska, Steiermark. Literaturhinweise: G. Pferschy (Hg.), Das Werden der Steiermark — Die Zeit der Traungauer. 1980 (besonders die Bei träge von F. Posch, H. Appelt, H. Dopsch, M. Wel tin, W. Brunner, F. Hausmann und H. Ebner). Tausend Jahre Oberösterreich. Katalog der Lan desausstellung 1983. .F Krones, Verfassung und Verwaltung der Mark und des Herzogthums Steier von ihren Anfängen bis zur Herrschaft der Habsburger. 1897. H. Pirchegger, Geschichte der Steiermark. 1. Bd., 2. Aufl. 1936. Probleme der Entstehung des Landes ob der Enns (Aufsatzfolge). Mitteilungen des OÖ. Landesar chivs 7, 1960, 126—315. R Feldbaue,r Der Herrenstand in Oberösterreich. 1972. M. Mitterauer (Hg.), Herrschaftsstruktur und Stän debildung. 3 Bde., 1973. H. Dopsch, Ministerialität und Herrenstand in der Steiermark und in Salzburg. Zeitschrift d. Hist. Ver. f. Stmk. 62, 1971, 3ff. A. Luschin, Die steirischen Landhandfesten. Bei träge zur Kunde steiermärkischer Geschichtsquel len 9, 1872, 119ff. H. Appeit, Zur diplomatischen Kritik der Georgenberger Handfeste. Mitteiiungen d. Inst. f. öst. Ge schichtsforschung 58, 1950, 97ff. K ms«. KURANSTALT (der Barmherzigen Brüder 4780 Schärding am Inn Telefon (0 77 12) 32 21 Hydrotherapie nach Kneipp Kohlensäurebäder, Massagen und Unterwassermassagen, Medizinalbäder, Gymnastik, Inhalationen, Elektrotherapie, Phytotherapie und medikamentöse Behandlung, alle Diätformen und Fastenkuren. Erholung von Umweltschäden, Erschöpfungs- und Ermüdungszuständen, Vorbeugung und Behandlung von Herz- und Kreis lauferkrankungen, Blutdruck anomalien, Erfassung und Behandlung von Gholesterin-, Fettund Kohlehydratstoffwechsel störungen, Übergewicht, Leber-, Magen- und Darmkrankheiten, rheumatische Erkrankungen, vegetative Dystönien, körperiiche Aktivierung, Arzt im Haus. Vorbeugen ist besser als heilen! Darum kneippen Sie in Schärding. Ein Haus bewährter Kneipp tradition, verläßliche Diätküche. Eine medizinisch sehr erfolgreiche Kuranstalt der Barmherzigen Brüder, welche Gesundheit und Erholung bereits Zehntausenden von Kurgästen gegeben hat. Prospekte mögen bitte angefordert werden! Aufnahme; Luftbild Scheurecker, Schärding, freigeg. v. B. M. f. L. V. 14

Erinnerungen an die Steirischen Otakare in der Wappenkunde Oberösterreichs Herbert Erich Baumert Das erste Auftreten des „steirischen" Pan thers als heraldisches Dynastensymbol in Oberösterreich geschieht mit dem seit etwa 1160 verwendeten Reitersiegel des Markgra fen Otakar III. von Steier: Der als Ritter hoch zu Roß erscheinende Siegelinhaber „OTACHER • MARCHIO • STIRENSIS" trägt in der Unken einen länglichen, mandelförmi gen Dreieckschild mit einem die Fläche fül lenden, steigenden Panther.^ Von heraldi scher Sicht aus gesehen ist die Herkunft der nach ihrem Leitnamen Otakare genannten „Traungauer" Grafen aus dem bayerischen Chiemgau insoferne interessant, als dort Pfalzgraf Rapoto II. von Ortenburg 1219 nachweisbar mit einem Panther im Rundsie gel erkundete^ und schließlich Herzog Hein rich XIII. von Niederbayern 1271 den Panther in einem Wappenschildchen auf der Pferde decke in sein — in Raitenhaslacher Urkun den als „sigillum novum" bezeichnetes — Reitersiegel aufnahm.® Sowohl die Babenberger,'' denen 1192 die Steiermark erblich zugefallen war, als auch König Ottokar PfemysI von Böhmen,® der das nach dem 1246 erfolgten Tode des letz ten Babenbergers herrenlose Land für sich beanspruchte, wie dann die seit 1278 regie renden frühen Habsburger® führten konti nuierlich als Herzöge der Steiermark den otakarischen Panther in ihren Siegeln. Direkt vom Landesfürsten kam der Panther in die Stadtwappen von Enns und Steyr: Schon früh nahm die landesfürstliche Stadt Enns den Panther — allerdings in geminderter Form — in ihr Wappen auf. Das dreieckige Schildsiegel mit der Umschrift + • S • CIVIIVM • ANASI ist erstmals im Wachsabdruck an einem mit 27. März 1294 datierten Schriftstück im Stiftsarchiv St. Flo rian nachweisbar.'' Das dazugehörige Typar befindet sich im Stadtmuseum Enns. Im durch einen Balken geteilten Wappen er scheint der wachsende Panther mit langem, stark nach hinten gebogenem Hals und vor gestreckten Vorderläufen. — Das aus dem oberhalben Traungauer Pantherschild und aus den unteren zwei Dritteln des österreichi schen Bindenschiides zusammengesetzte Stadtwappen gilt als Zeichen des zur Zeit sei nes Entstehens regierenden Landesfürsten und Stadtherrn Friedrich II., der diese beiden Wappenbilder als Herzog von Österreich und Steier erstmals 1230 in seinem doppelseiti gen Münzsiegel jeweils im Schild des abge bildeten galoppierenden Reiters auf der österreichischen bzw. der steirischen Seite führte.® — Die älteste uns überlieferte farbi ge Darstellung des Stadtwappens befindet sich in Temperamalerei auf einem Ennser Setzschild® aus der zweiten Hälfte des 15. Reitersiegel des Markgrafen Otakar III. von Steier, seit etwa 1160 in Gebrauch. Der Schild des dargestellten SIegellnhabers trägt den steigenden Panther. Ältester Beleg für die konkrete Führung des als „heraldisches Fami lienzeichen" übernommenen Wappentieres durch die aus dem bayerischen Chiemgau stammen den Otakare. Foto: Stelermärklsches Landesarchiv, Graz. Schlldslegel der Stadt Enns, Wachsabdruck frühest 1294, Gebrauch durch Urkunden text schon 1242 erwiesen. Geteiltes Wappen mit dem halben Panther in der oberen und zwei Dritteln des österreichischen Bindenschildes in der unteren Hälfte, den Emblemen des landesfürstlichen Stadtherrn als Herzog von Steiermark und Österreich. Foto nach Abdruck vom Orlg. Typar: Landesbild stelle Oberösterreich, Linz. Jahrhunderts und zeigt über der weiß-roten unteren Hälfte oben in der „steiermärkischen" Farbgebung den weißen, wachsen den Panther im grünen Feld. Der steigende Panther ist als eigenständiges, signifikantes Zeichen der Stadt Steyr im halb runden Wappenschild erstmals im Siegel abdruck in einer Wachsschale mit der Um schrift in gotischen Minuskeln • der • statt • steir • klainer • secret an einer am 6. Juni 1511 ausgestellten Urkunde^® bekannt. — In dem zur gleichen Zeit (1503) in Ried i. I. ent standenen Sebastian-Bruderschaftsbuch" erscheint in der uns bekannten ältesten farbi gen Darstellung des Steyrer Stadtwappens ein weißer Panther im blauen Schild, wäh rend der Babenberger Herzog Friedrich II. für das Herzogtum Steiermark schon um 1246 aus staatspolitischen Gründen den weißen Panther ins grüne Wappenfeld setzte. Leider hat auch das Steyrer Stadtwappen in Anleh nung an das stelermärkische Landeswappen ebenfalls die Tingierung gewechselt und sich so aus der historisch begründeten blau weißen Gruppe der bajuwarischen Panther gruppe ausgeschlossen.'® In der weiteren Folge fand der otakarische Panther als heraldisches Familienemblem der beiden aus der Ministerialität der Mark grafen von Steier hervorgegangen, zum Uradel des Landes ob der Enns zählenden, ab der Mitte des 12. Jahrhunderts zu den bedeu tendsten lokalen Machtpositionen im Traungau aufgestiegenen hochfreien Geschlechter Starhemberg und Losenstein in die Kommu nalheraldik Eingang. Bereits 1228 siegelte Gundakar III. von Stei er, Stammvater des noch blühenden Hauses der Starhemberger, mit dem „geminderten", d. h. halb verdeckten otakarischen Panther'®; das gleiche Wappenschild führte Gundakar IV. von Starhemberg („de Steinpach") im Rundsiegel an einer Urkunde aus dem Jahre 1240.'"' — Erstmals in Farbe in der ca. 1335/45 entstandenen Zürcher Wappenrolle'®: Von Weiß und Rot geteilter Schild; oben ein blauer, wachsender, gehörn ter Panther mit roter Zunge. Als Helmzier auf gelbem Kübelhelm der halbe blaue Panther mit einem vom Kopf bis an den Widerrist reichenden, gekerbten und mit sechs Hahn büschen besteckten roten Kamm. Zwei alte Märkte im Mühlviertel erinnern mit dem wachsenden Panther der Starhember ger an die einstige Patrimonialherrschaft: Im Wappen von Windhaag bei Freistadt er scheint in Silber das gekrönte Wappentier wachsend aus einem Dreiberg, begleitet von zwei Nadelbäumen, die auf die alte Ortsbe zeichnung verweisen (1660 „Windhag am Waldt"). — Die Verleihung des Wappens 15

Links; Bemalter Setzsohlld (Pavese) der Stadt Enns, hussitischer Typ aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, Museum Lauriacum Enns. Über der Hauptfigur, dem hl. Georg als Drachentöter, das Stadtwappen in den nach dem Babenbergerherzog Friedrich il. üblichen „steiermärkischen" Farben (weißer Panther in Grün). Foto: Franz Gangl, Linz Rechts: „Abriß der Statt Steyr Wappen vnd insigl", aqua rellierte Federzeichnung aus dem Manuskript zur Annaies Styrenses (Nürnberg 1740) von Valentin Preuenhuber, Heimathaus Steyr. Der zweitürmige Torbau mit Pantherwappen und Bindenschildchen ist 1304 bzw. 1392 als Siegel bild belegt. — Foto: Franz Gangl, Linz. durch Kaiser Ferdinand III. erfolgte auf Bitte des Grafen Heinrich Wilhelm von Starhem berg zugleich mit der Erhebung Windhaags zum Markt, beurkundet am 12. Mai 1641^® nemblich ainen Rotten Berg mit drey Spizen, vnd auff der mittleren Spizen mit ei nem halben plawen Pantter Thier, wie es die von Starhemberg führen, vnd auff den Zwo selten Spizen mit zway grünen Dannenbaumen". Zwettl an der Rodi führt, seit 1613 im Siegel mit der Umschrift GEMAINES MARGKHTS KHVRTZEN ZWETL INSIGEL nachweis bar,^'^ unter einem Kirchenbau das Starhem bergische Stammwappen im grünen Schiidfuß, den aus Rot wachsenden gekrönten, feuerspeienden blauen Panther. Eine direkte Verleihung des Marktwappens ist nicht nach zuweisen; 1513 erwirkte Bartholomäus Graf Starhemberg, Herr auf Lobenstein, von Kai ser Maximilian I. die Erhebung Zwettls zum Markt. Die die jüngere Linie der Grafen von Steier bildenden Losensteiner führten — wie die stammesgleiche Ministerialenfamilie der 16

h Starhemberger — vorerst den halben otakarlschen Panther im Wappen: 1293 siegelte da mit „GVNDACHERI DE LOSENSTAIN" einen Kaufbrief für das Stift AdmontJ® Doch bald wurde die Minderung des Panthers aufgege ben; erstmals nachweisbar im Siegel des „Jo hannis de Losenstain" auf einer Urkunde vom Jahre 1313'®, erscheint das Wappentier der Losensteiner — und von nun an in den Sie geln und Wappenbüchern, auf Bauwerken und Grabplatten^" — zum Unterschied zu den Starhembergischen Wappen — in seiner ganzen Gestalt. — Der älteste Beleg für die ursprüngliche Farbgebung des Losensteiner Wappens findet sich im Wiener MinoritenNekrolog (Regesta supulchrorum)^' neben der Eintragung ca. 1370 für „Dietmarus de Lo senstein, filius domini Gundacheri": Blauer Schild mit weißem Panther. Das Wappen Bernhards I. von Losenstein im Bruder schaftsbuch von St. Christoph auf dem Arlberg, ca. 1408,^^ zeigt die inzwischen statt gefundene Farbänderung von einem weißen (silbernen) auf einen gelben (goldenen), aus dem Maul, den Nüstern, Augen und Ohren flammensprühenden Panther in Blau. Als Helmzier ein wachsender, gelber Panther zwischen zwei schwarzen Büffelhörnern. Mit Urkunde vom 11. Mai 1593^® erhielt Waizenkirchen von Kaiser Rudolf II. auf Ansu chen des damaligen Inhabers der Herrschaft Weidenholz, Georg Achaz von Losenstein, mit dem Marktrecht auch ein Wappen verlie hen, „. . . Mit namen ain schilt, nach der lenge in zwen gleiche thail abgethailt, . . . der vorder thail plaw oder lasurfarb, darinnen er scheint für sich aufrechts aines gelben pantherthier gestalt, aus dessen rächen und stiern (= Ohren) gehendt rotte feurige flamen, . . ." In der zweiten Hälfte steht eine Kir che als sprechendes Symbol für den Ortsna men. — Mit der Aufnahme des Marktwappens von Waizenkirchen durch die hier 1845 bzw. 1867 geborenen Bischöfe Franz Sal. Maria Doppelbauer und Johannes Maria Gföllner in ihre Amtswappen fand der Losensteiner Panther auch Eingang in die kirchliche Heraldik der Diözese Linz.^" Der Losensteiner Panther erscheint als Zei chen der Grundherren auf Gschwendt (1526—1692) im Marktwappen von Neuhofen an der Krems, erstmals im Siegel mit der Um schrift GMAINES MARCKHTS NEVHOFEN INSIGEL, Wachsabdruck in Holzkapsei an einem Schriftstück vom 21. März 1626.^" Es zeigt in der oberen blauen Hälfte des geteil ten Schildes einen goldenen, rot gehörnten und gewaffneten, feuerspeienden, schreiten den Panther; unten in Silber den roten, mit einem Kreuz besteckten Versaibuchstaben N. Auch in zwei neuzeitliche, von der oberöster reichischen Landesregierung verliehenen Kommunalwappen wurde der Losensteiner Panther aufgenommen. Die den Namen der seit dem 13. Jahrhundert hier seßhaften Burgherren tragende Gemein de Losenstein übernahm den (ursprünglich) silbernen, rot gehörnten und bewehrten, flammenspeienden Panther wachsend in das obere blaue Feld des geteilten Wappens; dar unter erscheint zur Erinnerung an die wirtschaftiiche Vergangenheit des Ortes das alte Beschauzeichen der Losensteiner Nagel schmiede: in Gold ein rotes, von drei blauen Nägeln gekreuzt durchstochenes Herz. — Verleihung des Wappens mit Sitzungsbe schluß der oberösterreichischen Landesre17

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