Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 3, 1985

Historische Kunst Zeitlich betrachtet sind die in Garsten vorhan denen Bildbehänge aber erst in großen Ab ständen entstanden, indem spätere Äbte die Programme ihrer Vorgänger erweitert haben. Größere Reste von ornamental gefaßten Le dertapeten, die jetzt nur mehr museal ver wahrt werden, sind aus dem frühen 17. Jahr hundert erhalten geblieben. Für den Barockneubau hat Abt Anselm Angerer (1683 bis 1715) zunächst die Alexander-Gobelins aus Antwerpen erworben und dazu von sei nem Stiftsmaler Reslfeld die Langhausbe hänge mit Szenen der Makkabäergeschichte sowie 1697 das Fastentuch des Hochaltars malen lassen.^ Alexander und Judas Makkabäus zählen zu den „neun guten Helden", als Vertreter des Heiden- und des Judentums. Sie fügen sich programmatisch in das Kon zept imperialen Glaubenstriumphes für das Reich (Türkenkrieg 1683) und die Kirche (Ge genreformation und Türkenabwehr), das Abt Angerers Neubau beherrscht. Zugleich bietet das Makkabäerthema aus den apokryphen Schriften der Bibel ikonographische Bezüge zu Marienverehrung und Typologie der Pas sion Christi (Tempelreinigung, Gefangennah me, Kreuzigung). In einem weiteren Bildsinn dürfen wir aber annehmen, daß Abt Angerer mit dem Makka bäerthema auch seine Mönchsgemeinschaft zu ständigem Glaubenseifer anspornen woll te. Denn nach der „Legenda Aurea" wird durch die Gestalt des den Tempel beflecken den und entweihenden Diadochenkönigs Antiochus „bezeichnet, wie die Hoffart und Ehr begier der Cleriker, welche mehr begehren zu herrschen, denn nütze zu sein, die Kirche Gottes befleckt. . ." Ihre „erste Weihe und Heiligung vollbrachte Moyses, die zweite Sa lomen, die dritte Judas Machabaeus. Daran sollen wir merken, daß wir in der Kirchweih sollen haben Demut, die war in Moyses, Weisheit und Unterscheidung, die war in Sa lomen, den Streit für den wahren Glauben, der wird bezeichnet durch Judas" (Makkabäus).^° Man könnte glauben, Abt Angerer habe nach dem Text des Mittelalters seine Mahnungen vor den Gefahren der Verweltli chung konzipiert. In einer für den thematischen Beziehungs reichtum barocker Kirchenkunst bezeichnen den Weise hat Abt Maurus Gordon (1764 bis 1786) diesen Bilderschmuck zur festlichen Verwandlung des Raumes fortgeführt. Er hat nicht nur Reslfelds „Spaliere" durch den Ma ler Kremser Schmidt „frischen", das heißt durch teilweise Übermalung farbig aufhellen lassen, sondern auch die typologischen Be züge des Makkabäerthemas zum Neuen Te stament durch Blaumalereien desselben Malers hervorgehoben. Eine direkte Bezug nahme der Blaubehänge auf das jeweils überdeckte Makkabäerthema läßt sich frei lich nicht mehr feststellen. Die derzeitige Rei hung der Blaubehänge entspricht ihrer ur sprünglichen Numerierung (römische Zahlen I—XII in der Bordüre gemalt) und geht im Sin ne eines Prozessionswegespaarweise vom Eingang zum Hochaltar. Dieser Anordnung folgt auch die ursprüngli che Numerierung, nach der, beim Eingang, von Westen her beginnend, jeweils links die ungeraden, rechts die geraden Zahlen zur Aufhängung kommen. Alle gemalten Wand behänge orientieren sich in streifenförmiger Reihung an der Höhe der Alexander-Gobe lins von zirka 375 cm (entspricht 12 Fuß). Auch ihre Kompositionmit breiten,umlaufen den Rahmenbordüren wurde beibehalten. Flächenmäßig umfassen die Gobelins heute etwa noch 120 m2, die Makkabäerbehänge zusammen an die 64 m2, die 12 beidseitig be malten Advent- und Fastenbehänge je 190 m2 Bildflächen und die erhaltenen 5 Fastentü cher der Altäre kommen auf 53 m2. Von den bisherigen Restauriermaßnahmen wurden alle 6 Makkabäerbehänge, 4 Altartücher und 4 Blaubehänge der Langhauspfeiler (Adventund Fastenseiten) erfaßt. Die Kosten (insge samt etwa S 450.000,—) hat zum großen Teil das Bundesdenkmalamt getragen, dessen amtliche Restaurierwerkstätten in Wien auch die entsprechenden Konservierungsmetho den entwickelt und durchgeführt haben. Im folgenden werden die einzelnen Zyklen nach ihrer kunsthistorischen und material technischen Besonderheit sowie nach ihrer Erhaltungsproblematik in chronologischer Reihenfolge ihrer Entstehung zusammenfas send charakterisiert. Die Hängeordnung in nerhalb des Raumes und die ikonographi sche Themenübersicht der einzelnen Darstellungstitel ist dem abgebildeten Grund riß und seiner Beschriftung zu entnehmen. Die Ledertapeten Die zuletzt in teilweise arg zerrissenem Zu stand hinter den Alexander-Gobelins hän genden oder gerollt deponierten Bestände an Ledertapeten sind von der bisherigen For schung zu Garsten nicht beachtet worden. Eine allgemeine Übersicht und Bearbeitung der Bestände dieser interessanten Kunstgat tung in Österreich fehlt leider noch. Als Kir cheninventar finden sich nur vereinzelt Antependien in gleicher Technik, die aber zumeist als Einzelstücke mit figuralen Bildkartuschen vorkommen (z. B. Ottensheim, NÖ., Schloß kapelle; St. Michael in Lienz; Stiftsmuseum Stams in Tirol; St. Leonhard bei Tamsweg). Dagegen sind die Bestände profaner Verwen dung wesentlich umfangreicher (z. B. Schloß Franzensburg in Laxenburg — aus Kloster neuburg und dem alten Rathaus zu Salzburg; Rechts: Versilberte, bemalte und punzierte Ledertapeten (vermutlich Mecheln, 17. Jahrhundert), die vielleicht als Wandbespannung der frühbarocken Kirchenausstattung gedient haben. Pfarrmuseum Garsten, vor und nach der Konservierung. — Foto: Bundesdenkmalamt Wien 80

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