Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 3, 1985

sternis, die sich in dieser Skizze in fast monochromer, an eine Grisaiiie erinnernden Monotonie von Grau-, Graubraun- und Schwarztönen zu erkennen gibt, und der von Hochwasser strotzende, sonst grüne, jetzt aber bösartig braun angeschwollene Wald bach Strub, in dessen siibrig aufgesetzten Lichtern das beginnende (von Hundertwas ser so geiiebte) Leuchten nach einem Regen tag in genialer Weise sich ankündigt. Der Himmei ist noch grau verhangen, aber es hat zu regnen aufgehört, das Hochwasser schiebt ab, auf den nassen Felsen beginnt es — mit aufgesetztem Weiß — zu glänzen und eine schwarz-weiß gekleidete Dame, dem Ko lorit der Szene mimikryartig angepaßt und doch, wie ein i-Tüpfchen sichtbar, durch schreitet gerade eine Pfütze. Die einzigen „Farben" sind zwei Grüntöne, die die moosi gen Steilen und das Gras beim Mühlenrad andeuten. Von der Skizze, deren impetuöse „Wildheit" im Duktus auf R. Gerstl und ak tuelle Beispiele österreichischer Zeitgenos sen vorausweist, läßt sich ruhig sagen: wären bloß alle Bilder so deutlich wie diese Notiz. Ebenfalls skizzenhaft wirkend, aber voll si gniert und bezeichnet „S Woifgang" ist die Woifgangseeiandschaft von Anton Romako (Atzgersdorf 1832—1889 Wien [Selbstmord]), entstanden wahrscheinlich im Herbst 1877.® Es ist der Bück vom St. Woifganger Ufer hin über zum „Sparber", offenbar in Abendstim mung, wie man an der glühenden Beleuch tung der Bergspitzen und den blauen Schatten sieht. Der See liegt spiegelglatt, nur stellenweise von der weißen Heckwelle einer Ziiie unterbrochen; die iiiusion der Spiege lung wird mit eleganter, genialer Leichtigkeit hervorgezaubert. Die blitzartige Treffsicher heit, mit der Romako die Stimmung und Er scheinung des Sees in der Skizze erfaßt, läßt bedauern, daß er nicht mehr Landschaften gemalt hat. Bedauerlich ist auch, daß sich diese Biütenlese im 20. Jahrhundert nicht in der gleichen Qualität fortsetzen läßt. Späte stens nach dem Expressionismus — unfün dig für unser Thema — ist die große Zeit der Landschaftsmalerei, von Ausnahmen abge sehen, im Grunde vorbei. Die Legitimation, eine heile Natur in einer nicht heilen, von zwei Weltkriegen geschändeten Weit so dar zustellen, als sei nichts, kommt abhanden. Das Schöne tritt in eine entscheidende, in allen Künsten registrierte Krise. Schon 1903/04 (!) diagnostiziert Max Beckmann: „Eigentlich kann ich mir kaum vorstellen, daß es noch irgendwas Schönes in der Weit gibt."^® In zunehmendem Maße sind es nun die Salz kammergutseen, die die Maier anziehen, und dies hängt mit der Entwicklung der „Sommer frische", deren Nabel und Brennpunkt der Ur laubsort des Kaisers Franz Joseph I., Bad Ischl, war, und der Niederlassung in Villen im 19. und frühen 20. Jahrhundert zusammen. Viele Musiker, Dichter, Schauspieler, Wissen schafter und natürlich Maier verbringen die Sommerfrische an einem der Seen, manche bleiben für immer. Einer von diesen sommerfrischenden Maiern war Anton v. Kenner (Brunn a. G. 1871—1951 Wien), ein Schüler von F. v. Matsch, der aus dem Wiener Jugendstil sich herausentwickeit und von einem reizvollen Unbekanntheitsgrad ist. Von ihm sind mehrere Atterseebiider erhalten, das hier gezeigte beschäftigt sich besonders mit der Farbe des Wassers wäh rend einer bestimmten Wettersituation: bei

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