Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 3, 1985

Oberösterreich aktuell Gewässerschutz in Oberösterreich Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck In der Dichtkunst werden die Gewässer eines Landes, seine Quellen, Bäche, Flüsse und Seen bisweilen mit einem Spiegel verglichen, der die Schönheiten der umgebenden Land schaften wiedergibt. Dieser Vergleich gefällt mir für unser Bundes land ganz besonders. Ist doch Oberöster reich mit einer großen Zahl von Gewässern bedacht, die in ihrer Vielfalt vom rasch ab stürzenden, sauerstoffreichen Gebirgsbach bis zum ruhig dahingleitenden, mächtigen Strom und vom großen klaren Voralpensee bis zum dunklen, waldumgürteten Moorwei her reichen. Diese Gewässer sind die Lebensadern unse res Landes und in mannigfacher Weise Grundlage für eine florierende Wirtschaft, den Fremdenverkehr und die Erholung der einheimischen Bevölkerung. Seit eh und je ranken sich die Geschicke der Bewohner Oberösterreichs um die Flüsse und Seen dieses Landes. Salztransport, Flö ßerei, Schiffahrt, Fischerei und örtliche Nut zung der Wasserkraft in Sägen und Mühlen haben früher manche Siedlungsentwicklung geprägt und gefördert. Abwasserableitun gen, Kühlwasserentnahmen, Maßnahmen zum Hochwasserschutz und großräumige Veränderungen ganzer Flußsysteme zur Energiegewinnung haben in neuerer Zeit zu nachhaltigen und gefährlichen Gewässerver änderungen und -beiastungen geführt. Unserer Zeit blieb es vorbehalten, mit über mäßigen Abwasserableitungen und dem Ein satz neuer chemischer Stoffe in Gewerbe, Industrie und Haushalt die Selbstreinigungs kraft der Gewässer zu stören, bisweilen sogar zu überfordern. Schwermetalle, wie Quecksilber, Cadmium, Säuren, Laugen und Mineralölprodukte sind nur einige dieser Substanzen, welche die ausgewogenen Lebensgemeinschaften in den Bächen und Flüssen beeinträchtigen können. Phosphate, Nitrate und oganisch be lastete Abwässer führen zu Überdüngungen und starken Sauerstoffzehrungen in Seen. In einer ersten Phase einer systematischen Abwasserentsorgung in der Zwischenkriegs zeit und in den ersten Jahren nach dem Zwei ten Weltkrieg waren es hygienische Belange und sanitäre Mißstände, die manchenorts zum Bau von Kanalisationen und Kläranla gen führten. Die Kanalisationsnetze waren noch klein; die Kläranlagen dem damaligen technischen Stand entsprechend einfach und kostengünstig. In der Zeit des Wiederaufbaues vollzog sich dann ein wesentlicher Wandel der Industrieund Gewerbestruktur in unserem Land. Die Betriebe wurden ausgebaut, die Produktion wurde erhöht und die Abwassermengen und -konzentrationen vergrößerten sich. Auch die Ausdehnung der Siedlungsgebiete und die Abwanderung der Landbevölkerung in die Ballungsräume führten innerhalb einer kur zen Zeitspanne örtlich zu sehr starken Ge wässerbelastungen. Auffällig wurde die Abwasserproblematik in den sechziger und siebziger Jahren mit der zunehmenden Eutrophierung der oberöster reichischen Seen. Das Gespenst des „Seesterbens", verursacht durch eine Überdüngung der Gewässer mit Phosphaten aus ungenügend oder nicht ge reinigten Abwässern, bedrohte den aufstre benden Fremdenverkehr im oberösterreichi schen Salzkammergut. Massenentwicklun gen von Burgunderblutalgen zeigten auch dem Laien den Ernst der Situation. Rasche Hilfe war nötig, doch gar nicht so leicht durchzuführen. Die konventionelle Art der kommunalen Abwasserentsorgung, die Abwässer In Ortskanallsationen zu sammeln, in biologischen Kläranlagen zu reinigen und dann das Abwasser so „geklärt" in die Seen zu leiten, wurde von den Limnologen abge lehnt. Das sei zu wenig! Im See komme es zu Anreicherungen von Nährstoffen und zur Zir kulation der Abfallstoffe Im Plankton. Eine Seesanierung wäre mit diesen Maßnahmen nicht zu erreichen. Eine Lösung wurde in der Errichtung von Ring- und Gabelleitungen gesehen, in denen die Abwässer aus dem ganzen Seeinzugsgebiet gesammelt und — nach entsprechender Reinigung — in den Seeabfluß abgeleitet werden. Beispiele für diese großräumige Ent sorgung waren Kanalisationen an Seen Deutschlands und der Schweiz. Die ersten Überlegungen und Studien für diese Art der Abwasserableitung brachten eher ungünstige Ergebnisse: Rutschungen, wie sie am Mondseehang beim Autobahnbau aufgetreten sind und wie sie auch an den Seetonhängen der anderen Seen zu befürch ten waren, die starke Auslastung der Uferstra ßen durch den Verkehr, die dicht besiedelten Uferbereiche, der steinige Untergrund und der hohe Grundwasserspiegel schienen Kanaltrassen entlang der Seen nahezu unmög lich zu machen. Einen Ausweg bot schließlich die technisch neue Möglichkeit, die Abwässer in Kunst stoffleitungen zu fassen und die Abwasserleitungen am Seegrund von einer Pumpsta tion zur anderen zu führen. Diese Methode hat sich bewährt. Die erste Seeleitung in Oberösterreich wurde am Traunsee zwischen Altmünster und Gmunden verlegt. Die dort gewonnenen positiven Erfahrungen berechtigten dazu, die wesent lich größeren Leitungsstrecken am Mondsee, Attersee und schließlich am Hallstätter See zu bauen. Heute sind diese umfangreichen Seesanierungsmaßnahmen praktisch abge schlossen. Als letzte Leitung in Oberöster reichs Seen wird noch heuer ein rund 1 km langer Seestrang (für den oberösterreichi schen Seeteil) im Wolfgangsee verlegt werden. Die Kosten für diese für den Seeschutz opti male, aber aufwendige Art der Seenreinhal tung waren natürlich beträchtlich. Es wurde bald erkannt, daß die Planungen, Bauausfüh rungen und Finanzierungen von den Seeufergemelnden allein nicht durchgeführt und getragen werden können. Es kam daher zur Bildung von Reinhaltungsverbänden, in de nen sich jeweils mehrere Gemeinden zusam menschlössen. Der erste Verband wurde durch den Zusam menschluß von zehn Ufergemeinden im Jah re 1964/65 am Attersee gegründet; der näch ste war der „Wasserverband Kläranlage Traunsee-Nord" mit sechs Gemeinden im Jahre 1970 und dann in rascher Folge der „Reinhaltungsverband Mondsee" (1973, spä ter erweitert in „Mondsee-Irrsee"), der „Rein haltungsverband Hallstätter See" (1974) und der „Reinhaltungsverband WolfgangseeIschl" (1976). So konnten an allen sechs grö ßeren Salzkammergutseen großzügige Ab wasserbeseitigungsanlagen geplant und schließlich gebaut werden. Sofern nicht mit diesen Seeleitungen die Ab wässer von den Seen überhaupt ferngehal ten werden können, wie dies am Attersee und dem größten Teil des Traunsees geschieht, muß das die Seen „düngende" Phosphat in

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