Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 3, 1985

dies schon im 15. Jahrhundert), noch daß dar auf eine kontinuierliche Entwicklung folgt. Auch gibt es vom 15. Jahrhundert an „Mischlandschaften" zwischen realer und komponierter Landschaft, und es dauert lan ge bis zur „Maierei der Netzhaut", dem Im pressionismus. Ist man dem „Naturgefühl" vergangener Zeit auf der Spur, besteht immer wieder die Gefahr, moderne Anschauungs weisen (mehr oder weniger) auf die älteren zurückzuprojizieren (wie Faust zu Wagner schon bemerkt). Wir müssen uns immer wieder in Erinnerung rufen, daß Landschaftsmalerei bis zum 19. Jahrhundert, ja noch weit ins 19. Jahrhun dert hinein, innerhalb der malerischen Fä cher an letzter Stelle rangiert und daß sich der landläufige Begriff davon wesentlich an derplein-air-Malerei, am impressionistischen Landschaftsporträt und der Erfassung indivi dueller „Stimmung" orientiert, also an einer sehr kurzen Episode in der viel längeren Ge schichte idealistischer Landschaftskunst. Unsere Betrachtung setzt mit einem Bild ein, in dem sich Entwicklungslinien kreuzen: Johann Nepomuk Schödlberger (Wien 1779 bis 1853) steht in seiner Landschaftsauffas sung noch bis in die zwanziger Jahre hinein in der klassischen Tradition Claude Lorrains und Jacob Philipp Hackerts; 1817/18 war er in Rom, 1825 wurde er Mitglied der Wiener Aka demie, zu einer Zeit also. In der Franz Stein feld seine damals revolutionierend neue „Partie am Hallstätter See" (im Jahre 1824, im NÖ. Landesmuseum) malte. Schödlberger hat auf dem „Traunfall bei Gmunden" selbst vermerkt: „Nach der Natur aufgenommen im Jahre 1803, ausgeführt im Jahre 1821." Er ver bindet nun in eigenartiger Weise eine Natur aufnahme mit klassizistischer, idealistischer Überhöhung der Wirklichkeit und steigert die Komposition so zum „Effektstück". Es ist an zunehmen, daß Schödlberger die WasserfallLinks: Johann Nepomuk Schödlberger (1779—1853), Der Traunfall bei Gmunden, Öl auf Leinwand, 223 X 295 cm, signiert und bezeichnet links unten: Joh. Nep. Schödlberger / Nach der Natur aufgenommen im Jahre 1803, ausgeführt im Jahre 1821. — Wien, Österreichische Galerie, Inv. Nr. 3735. — Foto: Fotostudio Otto Oben: Franz Steinfeid, Gebirgsbach, um 1835, 27,5 X 35,4 cm, signiert rechts unten: Steinfeid. — Ehem. Galerie Urbach, Wien. Versteigert im Wiener Dorotheum am 15. 9. 1981, 633. K. A., Nr. 167, Abb. Tat. 76. — Foto: Galerie Urbach Bilder von J. Ph. Hackert® gekannt hat. Auch fühlt man sich an Joseph Anton Kochs Schil derung des Rheinfalles bei Schaffhausen er innert: „Hier hub ich die Augen auf und sähe Wunder. Eine unermessliche Wassermasse schäumte darnieder und war anzusehen wie ein durch entsetzliches Erdbeben auseinan derschmetternder Berg, welcher in Staub aufgelöst darniederstürzt. Der ungestüme Fluß schlägt fürchterlich tönend an die von seiner Wuth bebenden Felsen, die ihm kräftig zu widerstehen standhaft sich erkühnen. Im Abgrund siedet schäumend der tobende, schneeweiße Fluß, dessen stark geschleu derte, donnernde Wellen sich wild zertheilen und hoch himmelan steigen, wo sie die er schütterte Luft durchschwirren und sich als Regen wiederum oben zu Anfang des Falles niederlassen, um von Neuem darnieder ge donnert zu werden. Das erhabene Schau spiel bewegte meine durch falsche Götter un terdrückte Seele aufs Äußerste, gleich dem wilden Strome wallte mein Blut, pochte mein Herz . . ."® Diese interessante Stelle „Illu striert" gewissermaßen auch die antike, bis ins 19. Jahrhundert lebendig gebliebene kunsttheoretische Forderung nach geschwi sterlichen Beziehungen zwischen Dichtung und Malerei, die sich aus der Ars poetica („ut pictura poesis") des Horaz herleitet.^ Weniger spektakulär und nicht aus ästheti schen Gründen, sondern als Schiffahrtshin dernis schon viel früher und häufiger darge stellt wurde der ehemalige Donaustrudel bei Grein. Der 1810—1824 in Rom lebende Jo seph Rebell (Wien 1787—1828) stellt 1807 in seinem ebenfalls großformatigen Gemälde des Donaustrudels (im OÖ. Landesmuseum) zeitlich wie stilistisch eine erwähnenswerte Parallele zu dem mit Ihm befreundeten Schödlberger her. Der Stil- und Gesinnungswandel vom Klassi zismus zum „Biedermeierlichen Realismus" in der Landschaftsmalerei vollzieht sich all mählich, still und von ausländischen Ent wicklungen — man denke daran, daß gleich zeitig bereits Constable, Turner, Corot, 0. D. Friedrich und Blechen tätig waren! — weitge hend unberührt. Synchron dazu verläuft auch die „Entdeckung" der österreichischen Landschaft, insbesondere des Salzkammer gutes und Tirols als Motivschatz der neuen Maierei. Ais einer der Pioniere der neuen Landschaftskunst ist zweifeiios Franz Stein feid (Wien 1787—1868, Pisek [Böhmen]) an zusehen. Ab 1802 war er Schüier von Lorenz Janscha an der Wiener Akademie, 1815 Kam mermaler des Erzherzogs Anton Victor, 1823 Mitglied der Wiener Akademie, 1836 Korrek tor, 1845 akademischer Rat, bald darauf Pro fessor und erst ab 1850 offiziell Leiter der Landschaftsklasse, als seine künstlerische

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