Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 3, 1985

mm w. ilH a»; '^H gä^Ä <|S«k ^ tolili i 11 Oberösterreichisches Landesmuseum, Pergament-Spitzenbild „Hl. Johannes der Täufer". Mitte 18. Jahrhundert. — Foto: Franz Gangl nördlichen Niederösterreich einst das Bründlräumen üblich gewesen. Nackt und betend mußten mehrere Jungfrauen des Or tes drei Wiesen- oder Waldquellen vom Schlamm reinigen. Ähnliche Formen dieses Regenzauberbrauches waren einmal in ganz Europa bekannt, wo statt des Brunnenräu mens ein Wagen in den Fluß gefahren und von unbekleideten Mädchen gewaschen wer den mußte. Von den Weinbauern an der Donau wie am Rhein wird berichtet, daß sie in dringenden Fällen davor nicht zurück schreckten, die Statue ihres Schutzpatrones, des heiligen Urban, einfach in den Brunnen zu werfen, wenn er sich nicht um das nötige Naß für die Weingärten gesorgt hatte. Durch den Brunnenwurf ist er somit an seine Pflich ten nachdrücklich erinnert worden. Ähnlich ist übrigens auch mit anderen Wetterpatro nen, so mit einigen Johannes-von-NepomukStatuen als auch jener des Hl. Florian, ver fahren worden. Doch nicht nur im profanen Bereich sind regen- und wasseranregende Mittel einge setzt worden. Das barocke Brauchtum iieß während des pfingstlichen Heiligen-GeistSchwingens aus den kreisrunden Öffnungen der Kirchendecken neben brennendem Werg auch Wasser auf die Beterschar herabgie ßen. Ein Gleiches geschah auch beim Aufzie hen der Christusstandbilder am ChristiHimmelfahrtsfest. Durch dieses „Herabgie ßen" entstanden 1721 in der Peuerbacher Pfarrkirche arge Tumulte und Panik, in deren Verlauf fünf Menschen zu Tode kamen. Begießen, Bespritzen oder mit Wasser be sprengen wird in den meisten Bräuchen, so im Verlauf fast aller Faschingsumzüge oder im Falle des Osterbrauches der Siebenbür ger, wobei Mädchen und Frauen „begossen" werden, oft nur als ein zusätzlicher, überflüs siger Ulk beurteilt, wenn nicht gar als übler Mißbrauch verurteilt. Das aber ist nicht der Fall. Wassergüsse, in den Bräuchen auffal lenderweise fast immer in der Phase eines Anfangs eingesetzt, sind ausgesprochen be fruchtend und damit Leben anregend, die Gesundheit, das Gedeihen beschwörend, gedacht. Ihr ursprünglicher Sinn ist verloren gegangen, konnte sich aber noch in man chen Formen des Eintauchens erhalten. Solche Bäder, durch die Neulinge gereinigt und belebt werden sollen, stellen ja das Gautschen der Buchdrucker dar. Bei diesem Initia tionsbrauch der Handwerker werden die Ge sellen nach allerlei heiteren Zeremonien kurzerhand in den Brunnen geworfen. Dieses Gesellenmachen ist auch der Kern des Salz burger Metzgersprunges, der jeweils zu Fa sching in den Stadtbrunnen erfolgt. Es sei hier der Gedanke gestattet, einen Ver gleich mit der sakramentalen Taufe anzustel len, denn auch diesem „Wasserguß" ist ja die „Taufe im Jordan" in der Form des Eintau chens entwicklungsgeschichtlich vorausge gangen, was von den Anhängern bestimmter Sekten (Baptisten von gr. baptizein = eintau chen) immer noch demonstrativ als Auf nahme- und Einführungsritus nachvollzogen wird. Schon im Sprachlichen deutet sich die Verwandtschaft von Taufe und Tauchen an, die in dem Begriff „tief" verwurzelt sind. 16

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