Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 3, 1985

Auch heute noch vermag uns eine aus Fels und Erde entspringende Quelle anzuziehen und zu fesseln. Den Menschen von einst aber erschien dieses Phänomen nichts weniger zu sein als der Eingang zur Unterwelt und er schien ihnen als die wundersame und se gensreiche Verbindungsstelle von Göttern und Geistern mit allem Irdischen. Durch die Belebung der Quellen und Brun nen durch Götter formte sich logischerweise auch der Glaube an die lebenspendende Kraft des Wassers. Die vermeintliche Götter nähe ließ Quellen zu bevorzugten Kultstätten werden und wohl auch annehmen, daß alles Leben von dorther kommen müsse. Dies er klärt auch die weit verbreitete Volksmeinung, wonach „Kinder aus dem Wasser" bezie hungsweise aus dem Teich geholt und „vom Storch" (als Wasserbewohner) gebracht werden. Eben dieser alte Quellenkult hatte eine Reihe von Brunnenfesten entstehen lassen, die in jahreszeitlichem, überwiegend allerdings im Zusammenhang mit den Terminen der Kirchen- und Heiligenfeste stehen. Die heidnisch-antike Meinung, die Götter leb ten von den ihnen dargebrachten Qpfern, hatte in späterer Folge wohl auch zu diversen Bade- und Waschverboten geführt, wie sie selbst noch in unserem Jahrhundert — zur Sonnenwende, zum Johannistag, Peter und Paul u. a. Terminen — beachtet wurden. Erfahrungsgemäß ereigneten sich tatsäch lich um diese Zeit des öfteren Badeunfälle, die seinerzeit eben als die von Wassergei stern geforderten Qpfer angesehen wurden. Die zweifellos einmal dargebrachten Brunnen- oder Flußopfer müssen jedoch nicht unbedingt als Menschenopfer gedacht werden. Zur Zeit der Frühjahrstermine dürfte es sich doch wohl eher um die „Erstlinge" mancher Tiere gehandelt haben. Sei es, daß man sie zur Erflehung des für die Fluren er forderlichen Regens opferte oder auch zur Besänftigung zürnender Wassergeister. Eine beachtliche Reihe kirchlicher Verbote wie auch die sogenannten Kapitularien Karls des Großen weisen jedenfalls auf derartige Qpfer hin. Auf sie sind eindeutig zahlreiche aber gläubische Gebräuche der Vergangenheit zurückzuführen. So hatten zum Beispiel mancherorts die Wöchnerinnen bei ihrem ersten Gang über eine Brücke dem Wassermann eine Münze zuzuwerfen. Es hieß, daß ihm damit sein Recht auf einen Menschen abgegolten wür de. Als Ersatz für anfänglich angebliche Men schenopfer seien besonders zu den Mittsom merterminen mitunter auch Pflanzen und Speisen in die Flüsse und Bäche geworfen worden. In Qberösterreich sollen in alten Zei ten manche Müller ihrem Patron, dem Fluß7: V*— i.' VA ■ .ßj r* " Oben: Quellen sind oft geheimnisumwittert, wie das „Helllggelstbrünndl" im Goiserer Weißenbachtal. — Foto: Klaus Peter Rechts: Das „Siebenbrünnlein" am Wanderweg vom Grünberg zum Laudachsee, das an eine alte Sage erinnert, die von einem bösen König, seinen sieben verwunschenen Söhnen und der Hexe Kranawitha erzählt. Siehe „Gmundner Buchreihe — Band 21, Grünberg-Wandern, Waldlehrweg", von Hannes Loderbauer 12

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