auf dem locker gefügten Holzboden, Äpfel prallten ins Gras und Kühe umwanderten schnaubend den Cartenzaun, während über allem der Wind wehte und ein unwirkliches Rauschen erzeugte. Ist es notwendig zu erwähnen, daß jener ersten Nacht noch viele ähnliche folgten, und daß auch die Winternächte, was die Einsamkeit betrifft, sich nur wenig von ihr unterschieden? Im Sommer ging ich barfuß, saß in meiner abge schabten Kleidung vor dem Häuschen wie ein Fuchs vor seinem Bau, marschierte zu den Essenszeiten ins Bauernhaus und zu allen übrigen Zei ten in den Mostkeller, der mir — als einem Hausgenossen — ständig of fenstand. Eines Tages — es war mittlerweile wieder Juli geworden — saß ich an meinem Schreibplatz, der sich vor einem Fenster befand, das dem Bauernanwesen zugewandt war. Ich war gerade mit der Durchsicht und Korrektur eines Manuskripts beschäftigt, als mich ein fremdartiges, vor her nie gehörtes Geräusch aufschreckte. Die Luft war erfüllt von einem Knattern, Krachen und Bersten, und erschrocken aufblickend sah ich, wie hinter dem Wohngebäude des Bauerngehöfts eine Feuerfahne gegen den Himmel wehte. Ich stürzte ins Freie und lief, so schnell ich konnte, ins Bauernhaus hinüber. Gottlob, nicht dieses brannte, sondern die Scheune, die sich auf der gegenüberliegenden Seite des ziemlich großen Hofes befand. Die Bäuerin, die alleine zu Hause geblieben war, hing ver zweifelt am Telefon und versuchte, ihren Mann, der mit seinen Kindern bei einer Veranstaltung in einem anderen Ort weilte, zu erreichen. „Besetzt", jammerte sie, „immer wieder besetzt!" „Laß das!" rief ich. „Ich werde hinfahren und ihn suchen!" Aber auch das erwies sich als unmöglich. Allzu rasch waren die Neugieri gen eingetroffen und hatten mit ihren Fahrzeugen die einzige Zufahrt zu dem Gehöft derart verstopft und verrammelt, daß weder ich hinaus konnte noch die Feuerwehr herein. Als es ihr nach viel Geschrei endlich gelang, sich einen Weg zu bahnen, als die bekannten Kommandos ertön ten, die Schlauchleitungen gelegt waren und das erste Wasser zu fließen begann, war alles vorüber. Die Scheune war bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Besuche von Gendarmen und Versicherungsfachleuten folgten, und eines Tages war es soweit: Der Wiederaufbau konnte beginnen. Am Abend vorher klopfte jemand schüchtern an meine Türe, und der Bauer stand davor. „Wir fangen morgen an", sagte er bescheiden, „und da dachte ich, daß auch du . . ." „Selbstverständlich", antwortete ich, „werde ich kommen; aber du weißt ja selbst, daß mir diese Art Arbeit . . ." „Freilich weiß ich es", sprach der Bauer. „Aber es gibt auch Tätigkeiten, die einfach und trotzdem unbedingt notwendig sind. Wolltest du eine von ihnen übernehmen, würde dadurch ein anderer Mann frei . . Es bedarf keiner besondern Erwähnung, daß ich unter allen angetretenen Arbeitern und Gehilfen der untauglichste war. „Stell dich zu der Mischmaschine und laß den Dreck herunter, wenn einer mit seiner Schreibtruhe kommt", lautete der erste Befehl des Poliers, und ich tat es. Der Polier, ein schon älterer Mann, den die übrigen „Sepp" riefen, hatte, wie es mir vorkam, von Anfang an ein mißtrauisches Auge auf mich ge worfen. Durfte ich an den ersten beiden Tagen nur den „Dreck" herunter lassen, gab er mir bald auch andere Weisungen. „Bring' jene Eisenstangen her", rief er, „aber beeil' dich ein wenig!" und ich lief und lud sie auf meine schmerzenden Schultern. Am vierten Tag jedoch schienen Mißtrauen und Neugierde des Poliers ins Uferlose gewachsen zu sein, und endlich gab er seiner Zunge einen Stoß. „Du bist nicht vom Fach", sagte er. „Nein", erwiderte ich. Das war unser erstes privates Gespräch, dem stundenlang nichts als die erforderlichen Befehle und Weisungen folgten. Dann aber konnte er es nicht mehr aushalten. „Von wo bist du denn?" fragte er. „Von St. M." Wieder stundenlanges Schweigen, bis sich der Mann endlich zu der ent scheidenden Frage aufraffte: „Und was bist du wirklich?" „Hauptschullehrer", antwortet ich der Wahrheit gemäß und bereute es in demselben Augenblick. Ich sah, wie der Polier zusammenzuckte, so als wäre etwas in seinem In neren plötzlich eingestürzt. Von dieser Stunde an beachtete er mich nur noch wenig, ja es schien, als ginge er mir aus dem Weg. Die Scheune wurde fertig, prächtiger als zu vor, von dem Polier aber hieß es, daß er seine Arbeit bei der Baufirma aufgegeben hätte und zum Straßenbau übersiedelt wäre. Jahre vergingen und ich wohnte längst nicht mehr bei dem Bauern, als ich eine der schönen, neuen Straßen jener Gegend entlangfuhr. Ich tat es mit mäßiger Geschwindigkeit und betrachtete die Birken am Straßen rand, die erst vor wenigen Tagen ihr Frühlingskleid angezogen hatten. Plötzlich gewahrte ich im Straßengraben arbeitende Männer, und einige Meter daneben stand der Polier. Ich trat auf die Bremse, hielt an und stieg aus. „Weißt du noch", sagte ich nach der Begrüßung, „weißt du noch, damals beim B . . ." „Freilich", entgegnete er, „du warst doch der an der Mischmaschine. Wahrscheinlich bist du mittlerweile Direktor geworden. Daß du aber we gen mir angehalten hast ..." „Du warst doch mein Chef", erwiderte ich mitten in seine feuchten Augen. DIE LANDSCHAFT • Ein riesiges, unbesiedeltes Waldgebirge mit großen Rest flächen an urwaldartiger Wildnis, # 180 Kilometer Trinkwasser im längsten noch unversehr ten Bachsystem der Ostalpen, # wildromantische Schluchten und Canyons, Wasserfälle und Moore — die letzte Heimat zahlreicher stark gefährdeter Tiere und Pflanzen, 9 urtümliche Althen, kilometerlange Naturbadestrände und ein Netz von versteckten Wegen -, • kurz: ein letztes Naturparadies im Nahbereich des Industrieraumes. Gibt's das überhaupt noch? Ja, und zwar gleich vor Ihrer Haustür: Das Reichraminger HINTERGEBIRGE, Oberösterreichs vergessene Bergheimat zwischeii dem Ennstal und dem Sengsengebirge! W. ENNSTHALER VERLAG, 4400 STEYR Reichramin^r rr HINTERGEBiRGE Vrrtfcwmr Bcriitinmai zwiMihrn Ijin^fiil iiiiil srni'M tiui hlrjjr ImiHiihlrn nini HH'i EftißJhalcr Veriflii DAS BUCH Im vorliegenden Band, der ersten Darstellung des Hinter gebirges überhaupt, geht es um die Schönheit einer von Zerstörung bedrohten Landschaft. Die Autoren erzählen von ihrer Geschichte und den Menschen, die hier durch die Jahrhunderte ihr karges Brot verdienten, aber auch das Wasser, die Pflanzen-und Tierwelt werden in Wort und Bild lebendig. Ein larig erwarteter Führer mit 100 Wander vorschlägen im Anhang gibt verläßliche Auskunft über Möglichkeiten, das Gebiet selbst zu durchstreifen und kennen zu lernen. Otto Harant Wolfgang HeitzmannReichraminger Hintergebirge Vergessene Bergheimat zwischen Ennstal und Sengsengebirge Mit 100 Wandervorschlägen 196 Seiten, 10 Farbbilder, 49 s/w-Abb., 12 Illustrationen, 5 Stictie, 4 Holzschnitte, 5 Übersichtskarten, 1 Lageplan, brosch., S 198,— 96
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