ein uraltes Brot, das er vor vierzig Jahren von Waizenkirchen hat mitge bracht, wider den Heimkrank. Er sagte zum Wirt: ,Machet mir das Brad ga klein, i mag's össen!' Da sahen sich der Wirt und seine Buben betreten an, doch die Wirtin weiß Rat; sie setzt ein Messer auf das Brot, schlägt mit dem Hammer drauf und läßt die kleinen Trümmer im Wasser aufsie den. Dies uralte Brot genoß der Greis mit Lust, trank einen Becher Wein dazu des Jahres, wo das Kreuz zu Ofen über die Wälle stieg, und ward frohen Mutes und sprach: ,0 wie hold schmecket das Brot aus dem Huimatl! Gelt's Gott! Jatzt han i's Troad aus Woazakira geschmückt und bin übas grean Wiesal gangen;' und mit seiner uralten Stimme hob er singen an: ,Stad, fein stad, han i's Wiesal a'gmaht, hat mi a Schmöllem zan Grabn zuwidraht,' wie er als junger verliebter Bub beim Heugnen gesun gen. Und er sprach: ,Pfiat enk, i geh schlafa.' — Und er stieg in den Stock und ging in die Stube, wo Maria, die fromme Magd gestorben ist, unter dem Bildnis unserer lieben Frau und Königin. Er setzte sich neben das Bett und er dachte an der Maria selige und schmerzliche Hochzeit und an seine frühere Hochzeit mit der Treinsch, und wie sie trug die Brautkro ne auf ihrem güldenen Haar, so gülden wie der güldene Weizen in Wai zenkirchen. — Des Morgens, es war der letzte Adventsonntag, kamen sie herauf, nachzuschauen, wo er bleibe, denn es hatte schon zum Frühgottesdienst bei St. Blasien zusammengeläutet. Sie klopften, und als es drin stumm blieb, öffneten sie die Türe und sahen den Alten auf dem Stuhle sitzen. wo in der Hochzeitsnacht der Maria der Mörder in Ketten gesessen hatte; hoch und aufrecht saß der alte Vater da, wie Kaiser Karl der Große auf recht sitzt in der Gruft zu Aachen; sie riefen ihn an und griffen seine Hän de; da war er kalt und tot, und seine toten Augen standen offen, und ihr gebrochener Blick war auf das Bild Unserer Lieben Frau Maria Hilf ge richtet." So wie Franzmeier in Quedlinburg lebte und Österreicher war, der Herzogin hold und doch dem Kaiser getreu, so ist es mit meiner Kunst . . . Anmerkung Der Essay „Die Heimat meiner Kunst" ist von mir gekürzt worden. Die . . . zei gen Kürzungen an. Die Kürzungen wurden vor allem dort vorgenommen, wo es sich um Passagen handelt, die heute nur mehr schwer Verständnis fänden. Eirüge Deminutiva wurden abgeändert (z. b. Zellchen in Zelle). Im Titel der Wiedergabe soll es daher heißen: Aus: Die Heimat meiner Kunst. Der Essay ist in einem Bändchen gleichen Namens erschienen: „Die Heimat mei ner Kunst" von Enrica von Handel-Mazzetti. Mit einem Vorwort und Anmerkun gen von Hofrat Prof. Dr. Franz Berger. Hausen Verlagsgesellschaft m. b. H., Saar louis / 1934. Das Bändchen enthält weiters noch „Paula Grogger und ihr Gleichnis von der Weberin" und „Mein Werk im Ausland". 78
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