gions tolerance in the novels of Handel-Mazzetti" (University of Michi gan, Ann Arbor 1945), Elfriede Salzers Wiener Dissertation von 1946 „Jo hann Christian Günther von Enrica von Handel-Mazzetti", Marianne Söllners Doktorarbeit „Die Motive in Handel-Mazzettis Werk", Wien 1952, und schließlich J. E. Bourgeois „Ecdesiastical characters in the no vels of Handel-Mazzetti" (University of Cincinnati, 1956). Mit den Romanen aus der Zeit der österreichischen Gegenreformation hat Handel-Mazzetti an die schmerzende Wunde einer gespaltenen Chri stenheit gerührt, die einzig durch versöhnende Liebe geheilt zu werden vermag. Sie hat damals schon ein Anliegen aufgegriffen, das heute im ökumenischen Zeitalter breiteste Kreise in allen christlichen Kirchen be wegt. Josef Nadler spricht von einem Schmerz, „den das österreichische Volk seit 300 Jahren — auch wenn es nicht daran dachte — an der Narbe der durch die Gegenreformation wiederhergestellten Glaubenseinheit er litten hat." Ein groß Ding ist die Liebe. Unter diesem Leitgedanken steht „Meinrad Helmpergers denkwürdiges Jahr". Nach Stifters Alterswerk, dem „Witiko", war der „Meinrad" das erste österreichische Prosa-Epos, mit dem eine ka tholische Dichterin einen bedeutenden Beitrag zur österreichischen Lite ratur geleistet hat. Schauplatz sind das altehrwürdige Benediktinerstift Kremsmünster, dessen Gymnasium einst Adalbert Stifter zu seinen Schü lern gezählt hat, und das evangelische Berlin zu Beginn des achtzehnten Jahrhimderts. Edv*nn, das Kind des freisinnigen Baronets August Mac En doll und einer Deutschen evangelischen Bekenntnisses, findet während einer schweren Erkrankung seiner Mutter Aufnahme im Stiftsgymna sium, wo P. Meinrad an ihm Vaterstelle vertritt. Dem Drängen seines Ab tes, Edwin zum Übertritt in die katholische Kirche zu bewegen, wider setzt sich der tieffromme und gütige Mönch. Er will die Seele seines Schützlings nicht verwunden. Nach dem Tod der Mutter wird Edwin nach Berlin zu Verwandten gebracht. Dort aber wird Edwins Vater unter der Anklage des Atheismus vor ein geistliches Gericht gestellt. Vor Ed wins Augen stirbt er unter der Folter. Nach Kremsmünster zurückge kehrt, findet Edwin unter Pater Meinrads Obhut seinen Seelenfrieden und zum katholischen Glauben. Die „Berliner Literaturzeitung" bewun derte die „Kraft, die Anschaulichkeit, die psychologische Schärfe" der jungen Autorin sowie „den gesunden historischen Sinn, dem gerechtes Ur teil höher steht, als Tendenz". „Jesse und Maria", der Roman aus dem Donauland, läßt den Nachhall der österreichischen Gegenreformation beeindruckend spürbar werden. Jesse von Velderndorff wirbt für Luthers Lehre, es geht dabei vor allem um die katholische Marienverehrung, nicht zuletzt aber um die Seele von Marias Gatten, des Försters Schinagl. Um ihn Jesses Einfluß zu entziehen, bietet Maria gegen den Velderndorffer eine Reformationskommission auf. Als Jesses Ehefrau die Ausweisung droht, verwundet der empörte Velderndorffer seinen Richter und wird daher zum Tod verurteilt. Jesses Frau erwartet ihr erstes Kind; von Mitleid und Reue ergriffen, versucht Maria vergeblich Jesses Leben zu retten, versöhnt ihren erbitterten Geg ner aber durch einen letzten Liebesdienst an ihm, seiner Frau und deren Kinde. Wie zu erwarten war, wurde die Verfasserin zunächst gründlich mißverstanden, doch setzte sich schließlich das Urteil der Einsichtigen durch, zumal der angesehene Berliner Literaturhistoriker Erich Schmid sie in der liberalen „Deutschen Rundschau" als „große neue Kraft" wür digte. Wilhelm Raabe begrüßte den Roman als ein tapferes, schönes Werk und die „Evangelische Kirchenzeitung für Österreich" sah in „Jesse imd Maria" eine Dichtung, von der viel zu lernen sei: „an Menschkunde imd konfessioneller Unparteilichkeit für Historiker und Seelenhirten, für Apologeten und Polemiker, für Katholiken und Protestanten." Im Jahr 1905 zog die Dichterin nach Steyr zu ihrem Onkel Anton von Handel-Mazzetti und dessen Gattin. Fasziniert vom Zauber der alten Ei senstadt, studierte sie nun mit wachsendem Interesse deren Geschichte. Einen weiteren Höhepunkt ihres Schaffens erreicht sie in dem Volks roman aus dem alten Steyr „Die arme Margaret". Hier in Steyr hat sie nach eigenen Worten die „stärksten poetischen Anregungen" zu dem spannungsgeladenen Buch empfangen, das uns das Elend und den Jam mer einer Zeit vor Augen führt, in der Gewalt, Unduldsamkeit und Machtstreben die Christenheit entzweiten. Die Protestantin Margaret ist die junge Witwe eines im Zuge der Gegenreformation in Steyr hingerich teten Bauernrebellen. Der katholische Viertelmeister Jakob Zettl nimmt sich der von einem katholischen Offizier in ihrer Frauenehre Bedrohten an und vertritt deren Sache so beharrlich, bis man den Offizier zum Spießrutenlauf verurteilt. Von Mitleid bewegt, durchbricht Margaret die Kette der Soldaten und reicht dem Sterbenden ein Marienbildnis als letz ten Trost und als Zeichen, daß sie ihm vergeben hat. Dies trug neuerdings der Verfasserin den Vorwurf ein, mit den Protestanten zu sympathisieren und konfessionellem Indifferentismus das Wort zu reden. Die EbnerEschenbach hingegen schrieb ihr am 2. September 1909: „Es ist ein groß artiges, gewaltiges Werk, ein hinreißendes." Der Rezensent der „Breslauer Zeitung" findet bestätigt, daß der historische Roman in Enrica von Handel-Mazzetti eine Vertreterin gefunden hat, wie wir sie seit Conrad Ferdinand Meyer „nicht mehr besessen haben". Auch in der Romantrilogie „Stephana Schwertner" entwirft sie das dü stere Bild der Glaubenskämpfe, die Oberösterreich in Leid und Not ge stürzt haben. Neben Steyr sind auch Linz und Wien Schauplätze des breitangelegten dreibändigen Romans. Das erste Buch „Unter dem Richter von Steyr" (1912) schildert die bedrängte Lage der katholischen Minder heit unter Wolfgang Händel, dem Stadtrichter. Wegen drohender Pestge fahr wird auch die einzige katholische Kirche gesperrt und jede Wallfahrt untersagt. Stephana, die Tochter des Schwertner Wirts, überredet jedoch Pater Albert, zur traditionellen Wallfahrt nach Weng trotz Verbotes auf zurufen. Soldaten unter Heinrich, dem Stadtrichtersohn, greifen ein, Ste phana kommt an den Pranger, wird aber von Heinrich befreit. „Das Ge heimnis des Königs" (1913) schildert die furchtbaren Folgen des gescheiterten Katholikenaufstandes. Als Mönch verkleidet, bringt Ste phana einem Pestkranken das Sakrament, wird zwar dabei von Heinrich gesehen, doch im Dunkel der Nacht nicht erkannt. Dennoch hat Heinrich gegen Stephana einen falschen Verdacht geschöpft. Im dritten Buch, Jungfrau und Martyrin" (1914), gibt Heinrichs für Stephana entbrannte Liebe den Anstoß zum tragischen Geschehen. In Wien, wohin Heinrich dem Vater Geleit gegeben hat, gesteht er seine Liebe zu Stephana und zer wirft sich darüber mit dem Vater. Als Stephana Heinrichs Werbung ab schlägt, da sie ihr Leben Gott weihen will, ersticht Heinrich in einer An wandlung von Eifersucht Stephana. Er wird zum Tode verurteilt, Heinrichs Soldaten bewahren ihn aber durch einen Gnadenschuß vor einer schmachvollen Hinrichtung. Sterbend ruft Heinrich die Fürbitte Stephanas, deren Unschuld bei Gericht zutage kam, auf sich herab. Ste phana aber wird als Martyrin gefeiert. „Die Eisenstadt und die sie umge bende Landschaft haben durch die bedeutenden Werke von Enrica von Handel-Mazzetti, der geistigen Mutter der ,Margaret' und ,Stephana neuen Anklang bekommen und sind in den unvergänglichen Kreis der Weltliteratur eingegangen", erklärte Bürgermeister Josef Fellinger anläß lich eines Gedenkens an Steyrs Ehrenbürgerin. Mit Tante und Onkel, der 1911 als Landesgerichtspräsident nach Linz berufen wurde, übersiedelte auch Enrica von Handel-Mazzetti in die oberösterreichische Landeshauptstadt, die ihr fünfundzwanzig Jahre da nach das Ehrenbürgerrecht verleiht. Nach den auf die „Stephana"-Trilogie folgenden bedeutsamen Bü chern, wie etwa dem Erzherzog-Karl-Roman „Der deutsche Held" (1920), der „Sand"-Trilogie (1924—1926) und dem „Johann Christian Günther" (1927) erreichte die Dichterin mit „Frau Maria" (1929—1931) wohl die letzten Höhen ihrer Kunst. Wieder ist es eine Trilogie. Sie gliedert sich in die Bände „Das Spiel von den zehn Jungfrauen" (1929), „Das Reforma tionsfest" (1930) und „Die Hochzeit von Quedlinburg" (1931). In der „Frau Maria" ist es die alles verzeihende Liebe eines reinen Mädchens, deren Licht das Dunkel ihrer Zeit — die Geschehnisse ereignen sich zu Beginn 74
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