Oberösterreich aktuell Die oberösterreichischen Landesaussteiiungen und die Denkmaipfiege in den Kiöstern Oberösterreichs Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck „Jedes Kunstwerk besitzt über den allgemei nen Wert hinausgehend seine lokale Bedeu tung, Verbundenheit und Gebundenheit. Es ist ein Teil der Atmosphäre des Landes, ist sichtbares Zeugnis seiner Geschichte. Aus dieser Erkenntnis erwächst die ernste Ver pflichtung zur Erhaltung des heimischen Kunstbestandes. Gesetze und Verordnungen allein könnten auf diesem Sektor des öffentli chen Lebens nicht helfen und nützen. Das kulturelle Heimatgefühl ist die stärkste Trieb feder der Denkmalpflege, ist ihr innerer Motor." Dieser Satz von Landeshauptmann Dr. Heinrich Gleißner (OÖ. Heimatblätter, Jahrgang 10, Heft 3/4, Dezember 1956) spie gelt diese Linie der Kulturpolitik der letzten vierzig Jahre seit 1945 in unserem Lande wider. Bereits bei meinem Eintritt in die ober österreichische Landesregierung war mir da her die Verknüpfung von Erwachsenenbil dung und Denkmalpflege als Teil eines lebendigen Geschichtsbewußtseins ein ech tes Anliegen. Angeregt durch die Landesaus stellung 1965 „Die Kunst der Donauschule 1490 — 1540" in St. Florian und deren über wältigenden Erfolg auf wissenschaftlicher Ebene und auch aus der Sicht der Besucher zahl, begann mit der Landesausstellung 1974 „Die Bildhauerfamilie Schwanthaler 1633 — 1848 — Vom Barock zum Klassizismus" in Reichersberg der Reigen jährlicher Groß veranstaltungen. In zwölf Landesausstellun gen wurden seither annähernd 2,5 Millionen Menschen mit kunst- und kulturhistorischen Fragen zu unserer Landesgeschichte be kannt gemacht. Der Themenbogen spannt sich dabei vom Lebenswerk der erst 1971 ver storbenen Künstlerin Margret Bilger (1975 in Schlierbach) bis zur „Hallstattkultur — Früh form europäischer Einheit" (1980, Steyr, Schloß Lemberg). Anlässe zu Landesausstel lungen gaben Fragestellungen über unsere Kunst- und Kulturgeschichte (Das Werden des Landes Oberösterreich, Wels 1983; Das Mondseeland, Mondsee 1981), Jubiläen (1200 Jahre Kremsmünster, 1977; Der ober österreichische Bauernkrieg, 1976, Schloß Scharnstein, Schloßmuseum Linz). Der je weilige Ausstellungsort war durch den the matischen Bezug immer rasch gefunden. Die Glaswerkstätte Schlierbach bot Margret Bil ger künstlerische Heimat, Severin als politi sche Persönlichkeit der Völkerwanderungs zeit war eng mit Lorch und dem heutigen Enns verbunden. Der Konnex von „Genius ioci" und der Aufbereitung einer Ausstellung ist eng mit der Denkmalpflege als Teil der Sichtbarmachung historischer Zusammen hänge, aber auch als staatlicher Auftrag im Sinne aktiver heimischer Kulturpolitik zu sehen. in diesem Zusammenhang denke ich beson ders an die 1987 in einem aus wirtschaftli chen Gründen aufgegebenen Industrie denkmal des 19. Jahrhunderts, im Wehrgrabenviertel in Steyr, geplante Landes ausstellung zum Thema „Arbeitswelt" und an die Ausstellung 1988 im Renaissanceschloß Weinberg bei Kefermarkt, das ebenfalls aus wirtschaftlichen Gründen von seinen Eigen tümern nicht mehr erhalten werden kann. Nun wird der Denkmaipfiege oft vorgeworfen, daß sie allzu „kirchlich" sei, doch muß als Tat sache anerkannt werden, daß sich das Kunstund Kulturwollen unserer Vergangenheit in erster Linie im sakralen Kunstbereich doku mentiert hat. Die Volksfrömmigkeit ist eine Realität, die auch die moderne Gesellschaft anerkennen muß. Betrachten wir die alte Kunst als einen geschichtlich-ethischen Wert, so müssen wir auch Gotteshäuser, die heute weitgehend ihre Funktion verloren ha ben, zu erhalten versuchen. Zum Schlagwort der Denkmalpflege unserer Tage ist das „öffentliche Interesse" geworden. Wo liegen nun die Wege seiner Realisierung? Sowohl im kirchiichen, wie im profanen Bereich soll dem Leben, also dem „Neuwert", sein Recht eingeräumt werden. Eine Restaurierung ist dann am besten gelungen, wenn sie Wieder herstellung im Sinne von Revitalisierung be deutet. Die denkmalpflegerischen Aktionen des Lan des im Zusammenhang mit den Landesaus stellungen zeigen eine relative Ausgewogen heit von profanen und kirchlichen Baudenkmalen. Von den bisherigen dreizehn Ausstellungen wurden fünf in Stiften Ober österreichs und acht in profanen oder profa nierten Objekten durchgeführt. Das Diözesanjubiläum 1985 soll das Augenmerk auf den kirchlichen Bereich lenken. Jedem, der heute mit wachem Auge durch unser Land fährt, wird kaum entgehen, wie sehr heute noch die Klöster mit ihren meist barocken Gebäudeanlagen oder mit Monu mentalbauten anderer Epochen der Land schaft ihren Stempel aufprägen. Nicht selten nehmen sie die schönsten Plätze eines Land striches, eines Fluß- oder Stromtales ein oder bestimmen das Ortsbild eines Dorfes. Dem „Phänomen Kloster" in seiner Bedeutung für Schulwesen, Kunst und Wissenschaft, vor allem aber für den religiösen Einsatz, steht heute in der öffentlichen Meinung manchmal allzu deutlich die Rolle des Konservierens ge genüber, die aus Klöstern Museen machen will. DDr. Angerer, selbst Prämonstratenser, schreibt: „. . . deshalb sollte der Pulsschlag der Vergangenheit gefühlt werden, auch um uns zu Bewußtsein zu bringen, daß in unse ren Tagen eine der tiefgreifendsten Umge staltungen vorgenommen wurde und noch wird. Dies sei nicht beklagt, denn Umgestal tungen gab es zu allen Zeiten — vita est motio — Leben ist Bewegung. Es könnte aber sein, daß wir den Blick nur noch nach vorne richten, nicht mehr nach hinten, und damit wäre die Kontinuität unterbrochen, die bisher die Klöster und Stifte der alten Orden aus zeichnete. Für jede dieser Gemeinschaften böte jedoch auch die eigene Geschichte An satzpunkte für die Zukunft" (Angerer, Trum ler: Klösterreich, Molden 1978). Ich glaube daher, daß die Forderung der kirchlichen Stellen nach Förderung der öffentlichen Hand in diesem Bereich ebenso legitim und gerechtfertigt ist, wie seitens der Wirtschaft, denn schließlich ist der Verlust un seres geistigen Kapitals der Beginn einer gei stigen und seelischen Verarmung. Es ist da her unsere Aufgabe, dort zu helfen, wo die eigene Kraft nicht mehr ausreicht. Dafür eini ge wenige Beispiele. Kremsmünster wird im ganzen Land als ein Nationaldenkmal ersten Ranges verehrt. Es wird aber auch vermerkt, daß das altehrwür dige „Gotteshaus zu Kremsmünster" nicht nur historischer Kulturträger, sondern in glei cher Intensität geistiger und religiöser Ge genwartsfaktor ist — ein Faktor, mit dem un sere beunruhigte und gefährdete Generation jederzeit rechnen kann, dem Leitmotiv fol gend, das über dem Eichentor angebracht ist: „Hoc tegmine tutus — Unter diesem Zei chen bist du sicher". Zum Jubiläumsjahr 1977 stellte sich für das Land Oberösterreich die Aufgabe zweifach dar. Zum ersten erschien es notwendig, helfend an der Gesamtrestau rierung des Klosterkomplexes mitzuwirken. 61
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