Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 2, 1985

schung über die Hinrichtungsmethoden der Römer. Der zum Tod Verurteilte trug den Querbalken zu dem schon in den Boden gerammten Pflock. Dennoch erscheint im Bild der Kreuzigung die traditionelle Vision. In Dietach wurde die erweiterte Pfarrkirche am 21. November 1982 durch Bischof Maxi milian Aichern OSB geweiht. Dipl.-Ing. Anton Zeman aus Freistadt hat Kirchenumbauten und -erweiterungen nicht nur in seiner ober österreichischen Heimat geplant und durch geführt, in deren Aufgabenstellung immer die Erhaltung und möglichste Schonung des Alt bestandes aus denkmalpflegerischen Grün den geboten war. Selten aber ist eine Ersatz planung für das aufgegebene Langhaus so rasch zur Durchführung gekommen wie im Falle Dietach, weil sich hier anstelle einer un glücklichen, im vorigen Jahrhundert noch veränderten Schlauchlösung die Errichtung eines neuen Hauptraumes durch Richtungs änderung anbot, der alte gotische Chorraum blieb dabei als Tageskapelle erhalten und der damit verbundene alte Turm ebenso, dessen Erdgeschoßraum konnte sogar noch für ein Aussprachezimmer genützt werden. Die ar chitektonische Hülle des neuen Gemeinde raumes kann nur von den Menschen selbst mit kirchlichem Leben erfüllt werden, und doch erfordert das liturgische Tun eine zweckentsprechende Einrichtung. Im 7. Kapi tel der Konstitution des Vatikanum II über die heilige Liturgie wird deshalb verlangt, daß neue Kirchenbauten für die tätige Teilnahme der Gläubigen geeignet sein müssen. Die In struktion zur ordnungsgemäßen Durchfüh rung hat vor allem gefordert, daß der Altar die Mitte bildet, der sich von selbst die Aufmerk samkeit der ganzen versammelten Gemein de zuwendet. Die Planung für den neuen Altarraum in Diet ach durch den erfahrenen Linzer Bildhauer Peter Dimmel hat vor allem dieser Forderung Rechnung getragen, indem er den Altarbe zirk mit gestaffelter Anordnung des Verkündi gungsortes sowie der Sakramentsaufbewah rung (in Form eines Tabernakelpfeilers) von der Nische der Breitwand weit in den Raum der Gemeinde vorspringen iäßt. Die Gemein de umgibt den Altar. Hinter dem geräumigen Bezirk bezeichnet das überlieferte Kreuz die weihevolle Stätte. In der von der Konstitution gewünschten „rechten Ordnung" sind weitere Bildwerke wiederverwendet und aufgestellt worden, vor allem aber prägen die neuen Betonfenster den großen Gemeinderaum. Professor Ru dolf Kolbitsch, Linz, hat die Gewichte der Aussagen dieser figurativen Kompositionen sorgfältig überlegt: Die Symbolgestalten der Taufgnade (Wasser) und der Firmung (Feuer zungen) begleiten entrückt das Altargesche hen, das Rundfenster im Westen ist der Schöpfung gewidmet (Schöpferhand des Va ters, Aussendung des Geistes und Erschaf fung der Menschen), die Südwand läßt das apokalyptische Lamm mit dem Widderhorn des Christussymbols auf dem Buch mit den Sieben Siegeln schauen. Das tiefe Leuchten des Betondickglases in den feinsten Nuan cierungen dieser Entwürfe kommt im wech selnden Spiel des Lichts und der Sonnen durchstrahl ung großartig zu jener Wirkung, die theologische und biblische Aussagen zur Schau werden läßt. In dem durch eine Glaswand abgetrennten gotischen Chorraum der alten Kirche konnte die ursprüngliche Fensterordnung wieder hergestellt werden, hierfür entwarf Kolbitsch im Jahre 1982 Bleiverglasungen zu den The men der Rosenkranzgeheimnisse. Diese drei Fenster sind 1983 in reicher Ätztechnik und Bleiverglasung in der Glasmalerei Schlier bach ausgeführt worden. Der Autor dieses Beitrages konnte dem Künstler ein Medita tionsbuch besonderer Art an die Hand ge ben: Das Rosenkranzbüchlein von Karol Wojtyla, dessen Text so wie beim Kreuzwegbuch dem größeren Themenkreis der „Besinnun gen auf Christus" entnommen ist, die der jet zige Papst als Kardinal-Erzbischof von Kra kau vor Ostern 1976, zweieinhalb Jahre vor seiner Erwählung, vor Papst Paul VI. und sei nen engsten Mitarbeitern im Vatikan gehalten hat. Ein Jahr später hat Kardinal Wojtyla bei der Einweihung der Marienkirche von Nova Huta auch den Kreuzweg von Professor Kol bitsch geweiht, dessen Wiedergaben das schon genannte Kreuzwegbuch mitgestalten durften. Weil ein Rosenkranz in der zeitge nössischen Glasmalerei zumindest figurativ ein absolutes Novum darstellt, soll hier genau auf die Details der Fenster eingegangen wer den und dies ist ohne theologische Erklärun gen nicht möglich. Dem Kenner des reifen Gesamtwerkes von Rudolf Kolbitsch werden Anklänge an frühere Werke auffallen, deren Sinnhaftigkeit gerade durch diese neue Schau auf erregende Weise bestätigt wird. I. Der freudenreiche Rosenkranz (Chorfen ster links): 1. Den du, o Jungfrau, vom Heiligen Geist empfangen hast. En miniature die Entscheidung der „Magd des Herrn", die Kolbitsch einigemale in gro ßen Dimensionen und in verschiedenen Techniken (Eisenradierung, Stahlätzung, Glasfenster) gestaltet hat; ahnungsvoll schon immer einig mit Karol Wojtyla: „Hier sind wir an dem Punkt, an dem die neue Zeit beginnt. Auf diesen Beginn, auf die Verkündigung, müssen wir immer zurückgehen, weil dank ihm in der Geschichte der Menschheit die neue Zeit und die Bildung des neuen Men schen weiterdauern." Der Bote und das Hei liggeistsymbol beherrschen die Szene, die Gnadenvolle kniet in Strömen des Lichts. Der Künstler nützt nicht nur die starre Fenstertei lung für die Aufgliederung, ein aufsteigendes Blumenband schafft eine dynamische Abfol ge der einzelnen Gesetze (die in der Um gangssprache auch Gesätze oder Gesetzlein genannt werden und einfach Betrachtungs punkte von „Geheimnissen" der Erlösung sind). 2. Den du, o Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast. Der Besuch, den Maria bei ihrer Verwandten Elisabeth gemacht hat, wird in dem Bilde der Umarmung zum Symbol der Glaubensein heit. Das Ave Maria gilt der ersten unter den Glaubenden. 3. Den du, o Jungfrau, in Bethlehem geboren hast. Das Mysterium der Menschwerdung Gottes fügt auch im Bild die Kontraste zusammen: Licht und Finsternis, Gottes Unendlichkeit und die Grenzen des Menschen, die Herrlich keit und die Erniedrigung, die Unsterblichkeit und die Sterblichkeit, die Gottheit und die Ar mut des Menschen. Die Krippe ist auch der Geburtsort der Kirche, in der die Hoffnung des Menschen beständig wiedergeboren wird. 4. Den du, o Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast. Die Opfergabe der zwei jungen Tauben im Tempel erinnert an die erste Begebenheit, in der sich die messianische Würde des neuge borenen Kindes durch Simeons Lobgesang geoffenbart hat. 5. Den du, o Jungfrau, im Tempel wiederge funden hast. Als Zwölfjähriger zum Paschafest nach Jeru salem gekommen, bliebJesus im Tempel, um mit den Schriftgelehrten zu reden, wobei „alle, die ihn hörten, über sein Verständnis und seine Antworten erstaunt waren" (Lk 2,46—47). Maria und Josef suchten Jesus drei Tage lang, bis sie ihn dort fanden. Die Sorge prägt das Antlitz der Mutter beim Wie dersehen. Simeons Wort vom Schwert, das die Seele der Gottesmutter durchdringen wird, wird durch Jesus bestätigt: „Wußtet ihr nicht, daß ich in dem sein muß, was meinem Vater gehört?" (Lk 2,48). II. Der schmerzhafte Rosenkranz (Chorfen ster Mitte). 1. Der für uns Blut geschwitzt hat. Der Stacheldraht, ein Leidenssymbol unserer Tage oder vielmehr Nächte, hat die Blumen verdrängt, Blut fließt herab. Eigentlich ist es der Angstschweiß im Garten Gethsemane (Lk 50

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