Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 2, 1985

Qualitätsniveau aufweisen, wie die Arbeiten des Linzer Glasmalers Franz Pausinger und die hervorragenden Werke Franz Stechers, denen in der Plastik nur die Tabernakelengel Franz Schneiders am Hochaltar der Pfarrkir che in Hartkirchen an die Seite gestellt wer den können. Im Rahmen dieser künstlerischen Situation kommt es auch in Oberösterreich zu einem ersten Eindringen historischer Formen in das Kunstschaffen, wobei Erzherzog Maximilian V. Este, selbst eine romantische Gestalt mit vielen typischen Wesenszügen, hier mit Bau und Ausstattung des Turmklosters auf dem Freinberg ein bedeutendes Erstlingswerk „hi storisierender" Kunstauffassung schuf, dem vorerst jedoch noch keine wirkliche Nachfol ge beschieden war. Erst die erwähnte Wende in den frühen fünfziger Jahren führte zum Durchbruch des Historismus im kirchlichen Bereich, hiemit zur Rezeption historischer Stilformen, die sich vorerst weitgehend auf die Gotik beschränkten, wenn auch in Ober österreich eine vergleichsweise starke barockisierende Tradition erhalten blieb (vgl. beispielsweise die Einrichtung der Pfarrkir che in Pischelsdorf/Engelbach von 1850/51).^^ Es kann in diesem Zusammen hang nur angemerkt werden, daß die Frage nach einer Kontinuität der barocken Form im Sakralbereich, somit nach einem fugenlosen Übergang von Nach- zu Neubarock derzeit nicht geklärt ist, wobei jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit eine völlig andere Situa tion als im Fall der „Wiederentdeckung" der Barockform in der Kunst des Wiener Historis mus angenommen werden muß. Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts wird von der quantitativ bedeutenden Produktion an eigentlicher „Kirchenkunst" dominiert, doch sind auch in diesem Bereich Differen zierungen möglich, deren Stellenwert als „Stir'kriterium jedoch nach wie vor zur Dis kussion steht. Die einheimische Produktion macht einen Wandel in der architektonischen Form der Altäre sowie der plastischen For mung durch, der mit den Stichworten von zu nehmender Vereinheitlichung der dekorati ven Zusammenhänge, Bereicherung der ornamentalen Ausstattung, die mit einer ge wissen malerischen Tendenz verbunden sein kann, sowie stärkerer Betonung der räumlich plastischen Qualitäten umschrieben werden kann; darüber hinaus ist eine zunehmende Annäherung an die jeweils maßgeblichen Vorbilder im dekorativen wie figürlichen Be reich feststelibar, die man mit dem Wandel von der Wiedergabe der „Idee" (mit oft durch aus literarischen Vorzeichen!) von der Kunst der Vergangenheit zum Versuch einer unmit telbaren Annäherung an das historische Vor bild selbst charakterisieren kann. Letztere Tendenz findet im frühen 20. Jahrhundert in Oberösterreich einen Höhepunkt in Arbeiten des Ateliers Ludwig Linzinger in Linz (z. B. Schwanenstadt, St. Georgen/Grieskir chen),sowie der Bildhauer Josef Ignaz Sattler in Linz (Bad Leonfelden, Filialkirche, Hirschbach, Hochaltar)^^ ^nd Jordan Koller in Ottensheim (Schwarzenberg, Altarfigu ren),die in Einzelfällen sogar die Grenzen der Kopie erreichen. Diese Meister bilden in den ersten Jahren des neuen Jahrhunderts eine charakteristische späthistoristische Al tarplastik aus, die letztlich die Grenzen des „Nazarenermodus" berührt und als nicht mehr überbietbare Endstufe historisierender Möglichkeiten im Sakralbereich gelten darf. Sieht man von diesen Sonderleistungen ab, die immer auf wenige hervorragende Künst ler beschränkt geblieben sind, kann die gro ße Masse historistischer Kirchenkunst nur mehr bedingt verbindlichen Zeithorizonten zugeordnet werden. Zwar ist im CEuvre der großen oberösterreichischen Ateliers (Oberhuber, Untersberger, Keppiinger etc.) in den frühen achtziger Jahren jene oben kurz cha rakterisierte Tendenz in auffallender zeitli cher Übereinstimmung feststeiibar — die künstlerische Situation dürfte durch das Auf treten jüngerer Kräfte, alien voran dem „Team" Kepplinger-Sattler (Erstlingswerk Gramastetten, Hochaltar, 1882),®® in einem Ausmaß belebt worden sein, dem sich die äl teren Meister mehr oder weniger anpaßten —, doch ist abseits der Zentren mit einer brei ten Kirchenkunstproduktion zu rechnen, die von allen Neuerungen unbeeinflußt blieb und X' iiSUtK D Hartkirchen, Pfarrkirche, Engel vom HochaltarTabernakel, spätklassizistisch, von Franz Schneider. 44

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