Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 1, 1985

Bücherecke anschaulich wird die Baugeschichte des Alten Münchner Rathauses mit der Rekonstruktion der ursprüngiichen Aufstellung der „Moriskentänzer" und dem „Deckenprogramm" im Saal dargestellt. Wir erfahren die wichtigsten Daten aus der Biogra phie des Erasmus Grasser, dessen Geburtsdatum in den Zeitraum 1445 — 1450 angesetzt wird und dessen Aufnahme in ihre Zunft die Münchner Ma ler, Schnitzer, Seidennäher und Glaser verhindern weilten, wobei sie ihn als „unfreundlichen, verwor renen und arglistigen Knecht" bezeichneten. Breiten Raum nimmt natürlich die „Geschichte des Moriskentanzes" ein, eines Grotesk- und Spring tanzes,der ausdem mediterranen Raum in unsere Breiten kam, in Süddeutschland „zu einer Allego rie auf die Torheit des Liebeswerbens geworden" ist. Das Herzstück des Buches sind die drucktech nisch sauberen Farbtafeln der einzelnen Figuren: Figur mit kleinem Turban, Mohr, Hochzeiter, Figur mit Kegelmütze, Figur mit wagenradartiger Krem pe, Figur mit banddurchzogener Schiidkappe, Bauer,Figur mitjagdhutähnlicher Kopfbedeckung, Figur mit löwenkopfbesetzter Mütze, Figur mit Hochmütze, durchwegs Lindenhoiz, Höhe zwi schen 61 und 81,5 cm,leider neu gefaßt mit weni gen alten Fassungsresten. Dazu ein gewissenhaft gearbeiteter Katalog. In einem Anhang schreibt Angela Hückel über die „Fassung der Moriskentänzer", über dieses Kapitel möchte ich mich nicht näher äußern. Karl Pilz: Bad Goisern In alten Ansichten. — Zaltbommel/Niederlande 1984, 80 Selten mit 76 Abbil dungen, Ladenpreis 220 S. Während die Herausgabe von Geschenkbüchern mit alten Fotografien im österreichischen Veriagswesen im Augenblick rückläufig zu sein scheint, setzt die „Europäische Bibliothek", ein Verlagsun ternehmen in Holland, ihre Serie „In alten Ansich ten" aktiv fort. Es gibt Buchreihen über österreichi sche, niederländische, belgische, westdeutsche, schweizerische, französische und großbritanni sche Gemeinden und Städte,in denen die behan delten Ortsbilder gezeigt werden, wie diese Ge meinden zu „Großvaters Zeiten" ausgesehen haben. Gemeint ist konkret die Zeit von etwa 1880 bis 1930. Österreich wurde bisher mit 60 Einzel bänden bedacht. Nach dem Bändchen „Vöcklabruck" können wir nunmehr ein Geschenkbuch über „Bad Goisern" vorstellen. Als Autor zeichnet Karl Pilz verantwortlich, ehe mals Kurdirektor von Bad Goisern,im Land als er fahrener Lokalhistoriker bekannt und geschätzt. Sein „Bad Goisern in alten Ansichten" ist die beste Publikation, die bisher in dieser Sparte in Ober österreich erschienen ist. Einieitung, Bildauswahl und vor allem Bildtexte sind mustergültig. Das An schauen der alten Fotografien wird zum beschauli chen Vergnügen, die Biidbeschreibungen infor mieren über die gesamte Ortsgeschichte. Karl Pilz besitzt eine profunde Quellenkenntnis, kann dazu aus einem reichen persönlichen Erinnerungs schatz schöpfen. Tief empfundene Heimatliebe ist für ihn ein Stilmerkmal. Die Darstellung beginnt mit Gesamtansichten des weitläufigen Gemeindegebietes, das 30 Ortschaf ten umfaßt. Immer wieder wird in diesen Fotos die gute alte Zeit iebendig. Einzeine Ortschaften, wie Unterjoch, Weißenbach, St. Agatha, üntersee usw., scheinen im historischen Fremdenverkehr eine bevorzugte Stellung eingenommen zu haben. Reizvoii ist die Darsteilung historischer Gebäude, die zum Teil nicht mehr bestehen oder inzwischen vom Zahn derZeit mitgenommen worden sind.Wer kann sich noch an den alten Bräugasthof,aus dem 1892 das „Hotel Post" wurde, erinnern? Wer erin nert sich,'daß der Hauptbahnhof der 1877 eröffne ten Eisenbahnstrecke Attnang/Puchheim— Stainach/Irdning auf Goiserer Gebiet ursprünglich in der Ortschaft Anzenau lag und das Bahnhofge bäude im Ortszentrum erst 1895 erbaut worden ist? Lokalgeschichtlich amüsant sind die fotografi schen Rückblenden auf altes Brauchtum, die An fänge des Wintersports, auf Konrad Deubler, aite Handwerke etc. Ein richtiges Heimatbuchl Wer das innere Salz kammergut und Im besonderen Goisern in sein Herz geschlossen hat, wird dieses Geschenkbändchen gerne erwerben. Wolfgang Johannes Bekh: Dichter der Heimat. Zehn FbrträtsausBayern und Österreich. — Regensburg: Verl. Friedrich Pustet 1984, 255 Seiten, Ladenpreis 249 S. Die Beschäftigung mit dem benachbarten bayeri schen Büchermarkt zeigt, daß die bajuwarische „Heimatliebe", die in der beginnenden Aufwertung des Heimatbegriffes langsam wieder den Ihr ge bührenden Stellenwert erhält, in beispieihafter Weise auch Österreich einbezieht. So wurden in die vorliegende Anthologie4österrei chische Dichter aufgenommen — Franz Stelzhamer, „Die Innviertier Nachtigall", Richard Billinger, „Sichel am Himmel", Hans Schatzdorfer, „Geigen bauer und Poet dazu", Karl Heinrich Waggerl.„Ein Mensch wie ich". Der Autor besitzt ein reiches Detaiiwissen. Er hat sich die Lebensbilder seiner Dichter erwandert, ihre Lebenslandschaft aufgesucht. Wer weiß z. B. in Oberösterreich von der Freundschaft Richard Billingers mit dem St. Florianer Organisten und Komponisten Augustinus Franz Kropfreiter? Dieser fühlt sich heute noch,wie er mir erst vor kurzem in einem Gespräch bestätigt hat, dem mit dem Dich ter oft besprochenen musikalischen Plan über Frangois Villen verpflichtet. Woifgang Johannes Bekh besitzt aber auch eine poetische Feder. Geschickt verbindet er eigenen Text mit Auszügen aus den Werken seiner Dichter. Seine Porträts zu lesen, ist ein Vergnügen, neben bei eine Wissensbereicherung. Auch seine Auswahl ist bemerkenswert. Er schreibt über „literarische Erscheinungen, deren Bedeu tung sich so gründlich ausdem Bewußtsein der Öf fentlichkeit fortgestohlen hat, daß vielfach sogar ihre Namen in Vergessenheit geraten sind". Inzwi schen hat jedoch eine Besinnung eingesetzt. Umso willkommener erscheinen uns diese Dichter porträts. Neben den Österreichern — Ich steh Im Schatten meiner Zeit — Martin Greif (1839—1911) Ein Winteridyll — Karl Stieler(1842—1885) Zwischen Traum und Tag — Hans Carossa (1878—1956) Die Heimat, von der ich rede — Wilheim Dieß (1884—19570 Welt am Donaustrom — Georg Britting (1891—1964) Vom Brandner Kaspar bis zum Geisterbräu — Jo seph Maria Lutz(1893—1972). Fritz Lichtenauer: Wosden wosden. Gedichte im innviertier Diaiekt. — Passau:Andreas Haiier-Verlag 1984, 54 Seiten, Ladenpreis 88 S. Franz Lichtenauer,Jahrgang 1946,gewissenhafter Schriftleiter der „Oberösterreichischen Kulturbe richte", ist bisher vor allem als Vertreter einer experimenteiien Dichtung und Graphik in Erscheinung getreten. Er ist mit seinen Veröffentiichungen spar sam. Umso überraschender sein jetziger Versuch im Innviertier Dialekt. Lichtenauer schreibt aller dings nicht die gewohnte Mundart. Er hält sich an das Beispiel,das H.0.Artmann vorgezeichnet hat. Nicht mit allen seinen Epigonen kann man zufrie den sein. Manches ist zu modisch. Lichtenauers Verse wirken jedoch in keinem Beispiel modisch, weil sie originell und im Inhalt oft sehr tiefsinnig sind, da und dort auch scharf zeitkritisch. aus an sauan mosd kosd an essi mocha und aus ana sauan müli a subbn owa wos duasd mid an sauan reng. O. Wutzel 91

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