Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 1, 1985

Bücherecke Neuerscheinungen Im OLV-Buchverlag Harry Slapnicka: Christlichsoziale in Oberöster reich. Vom Kathoiikenverein 1848 biszum Ende der Christiichsozialen 1934. — Linz: OLV-Buctweriag 1984, 444 Seiten, 32 Schwarzweißabbiidungen, far biges Titelbild, Pappband, Ladenpreis 398 S. Es ist der 10. Band der „Beiträge zur Zeitgeschich te Oberösterreichs". Damit steht unser Bundesland wohl an der Spitze der zeitgeschichtlichen For schung in Österreich. Dies ist vor allem Professor Harry Siapnicka zu danken,der dieses historische Spezialgebiet zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat. Zu danken ist aber auch dem OÖ. Landesar chiv, das sich seinen Ideen gegenüber stets aufge schlossen gezeigt hat, und dem OLV-Buchveriag, der diese wichtige Buchreihe seit Jahren muster gültig betreut. Gelegentlich sollte allerdings auch an Rudolf Walter Litschel und sein seinerzeit eben falls im Oberösterreichischen Landesverlag er schienenes Buch „1934 — Das Jahr der Irrungen" erinnert werden. Slapnickas jüngste Publikation bringt eine derarti ge Fülle von Daten und Fakten, daß eine Rezen sion nur knappe Hinweise geben kann. Es liest sich spannend wie ein historischer Roman. Es macht dem Leser bewußt, wie wenig wir eigentlich von der unmittelbaren Vergangenheit,der Genera tion unserer Großväter und Väter, wissen. Die schweren Kämpfe, die die Kirche im 19. Jahrhun dert im katholischen Österreich-Ungarn zu führen hatte, sind uns heute kaum vorsteiibar. Daß der Li beralismus einst die führende politische Kraft im Lande war, erscheint in heutiger Sicht kaum glaub haft. Daß ein Linzer Bischof, Dr. Johannes Maria Gföiiner (Diözesanbischof 1867—1941), einst ge sagt haben soll:„Ich habe,seitdem ich Bischof bin, niemals christlichsozial gewählt", klingt in den Oh ren eines gegenwärtigen Lesers wie eine politische Bombe. Beschrieben wird derZeitraum 1848 bis 1934„Vom selbstbewußten Beginnen 1848" bis „Demokraten bis zum bitteren Ende". Gründung des Katholi schen Volksvereines am 15. Oktober 1848 — Grün dung katholischer Gesellenvereine nach dem Vor bild Adolf Kolpings, der 1852 und 1856 insgesamt dreimal Oberösterreich besuchte(Linz, Steyr, Bad Ischl)— die heroische Gestalt Franz Joseph Rudigiers(Diözesanbischof 1853—1884)— 1895 Grün dung eines „Clubs der katholischen Volkspartei" — ab dem Jahr 1907 Konstituierung der Christlichsozialen Partei — die Ära Johann Nepomuk Hau sers — die Ära Hauser und Schlegel als „eine Ein heit" — das sind nur einige der wichtigsten Mark steine. Erwähnung verdient auch der gewissenhafte wis senschaftliche Apparat im Anhang: Zeittafel, Ver zeichnis der katholisch-konservativen und christ iichsozialen Politiker, Literatur und Anmerkungen, Personenregister, Ortsregister. Erwähnung verdie nen ebenso die Objektivität der Darstellung und der Mut zum Anfassen heißer Eisen. Hermann Bahr: Rudigier. Faksimile-Ausgabe mit freundlicher Genehmigung des Kösei-Veriages fJiünchen, Oberösterreichischer Landesveriag Linz 1984, 72 Seiten, Halbleinen, Ladenpreis 128 S. Dieser 1916 erstmals erschienene Essay über den wohl bedeutendsten Kirchenfürsten in der Reihe der Linzer Diözesanbischöfe, Franz Joseph Rudi gier (1811—1884), ist ein typisches Austriacum. Sein Autor, einer der schillerndsten Literaten der österreichischen Literaturgeschichte,sein Held ein Priester,der zu seinen Gläubigen sprach:„Und ar beiten will ich für euch als ein guter Kriegsmann Jesu Christi" — dies in einer Periode der österrei chischen Geschichte,da der Josephinismusin den gebildeten Kreisen noch in Hochblüte stand und „Frontstellung gegen den Liberalismus"(Zitat aus Harry Slapnicka: Bischof Rudigier,eine Bildbiogra phie", OLV 1961) bezogen werden mußte. Hermann Bahr wurde als Liberaler erzogen. Sein Vater, der Linzer Notar Dr. Alois Bahr, war einer der Hauptvertreter des Liberalismus im damaligen obderennsischen Landtag. Als Schriftsteller hat er sich immer wieder gewandelt. Der österreichische Literarhistoriker Josef Nadler schreibt über ihn in seiner Literaturgeschichte Österreichs (1951): „Er hatte das Vermögen des Seelentausches. Er hatte es aus dem göttlichen Urgründe des Wortes, das alles benennen und daher alles sein kann. Er hatte es aus dem Spieltrieb seiner Natur. Dafür hat er das griechische Zauberwort ,Ekstasis' neu ge prägt:die Kunstdes Menschen,aussich herauszu treten." Als er 1916 seinen Rudigier-Essay veröffentlichte, hatte er die Rückwendung zum Katholizismus längst vollzogen. Er hatte seine Sturm- und Drang jahre (Lebensdaten 1863—1934) hinter sich. Es war ihm offensichtlich ein geistiges Bedürfnis,den Josephinismus, der die österreichische Kultur und Politik im vorigen Jahrhundert geradezu umstürz lerisch geprägt hatte, anzuprangern, mit der Kraft des Wortes niederzugeißeln. Er begeisterte sich an der Gestalt des „Apostels von Wien", Kiemens Ma ria Hofbauer (1751—1820), der am Beginn einer Wende stand, deshalb zu Recht 1909 kanonisiert worden ist. Er setzte Bischof Rudigier ein einzigar tiges literarisches Denkmal: „Und so hat es auch sein müssen,daß gerade der Notar Dr. Alois Bahr, zeitlebens im oberösterreichischen Landtag ein Hauptredner des Liberalismus, jetzt durch die Hand des einen seiner Buben dem großen Bischof von Linz diesen ärmlichen Stein ehrfürchtiger Erin nerung setzen ließ." Dieses Buch paßt vorzüglich in die Stimmung des Linzer Diözesanjubiiäums. Die Anregung zur Neu auflage gab Diözesankonservator Dr. Erich Widder, der sich seit seiner Studienzeit mit Hermann Bahr eingehend beschäftigt hat. Franz Josef Heinrich: Erde mein Herz. Gedichte. — Linz: OLV-Buchveriag 1984, 80 Seiten, broschiert, Ladenpreis 138 S. Franz Josef Heinrichs Stärke ist unzweifelhaft die Lyrik. Erfühlt sich weitgehend der klassischen Ge dichtform verpflichtet, meidetformal Experimentel les, in Inhalt und Aussage ist er jedoch ein Zeitge nosse mit einem blutenden Herzen. „Jedes Ge dicht ist ein Versuch, die Welt zu interpretieren", schreibt er selbst über seine poetische Arbeit. Bis her sind 1957 bis 1968 fünf Gedichtbände von ihm erschienen — Die Schattenharfe — Isolationen — Lichtzeiien — Meridiane — Die Brandstatt. Aus diesen vergriffenen Veröffentlichungen hat er nun mehr eine Auswahl getroffen und mit einigen neuen, bisher unveröffentlichten Gedichten berei chert: Die Anker fahren zu Grund — in der Sand nacht wehen wir sandgeboren von Düne zu Düne — Trauer um Aiiende — Die Uhren gehen normal — Es ist wahr daß wir Geheimnisse verachten ... — Ein neuer Planet ist zu bauen — Der Körper — Grabspruch(in memoriam K.W.Obermeier)— im mer ferner leuchtest du immer näher. Nach 1968 beschäftigte sich Franz Josef Hein rich vor allem mitProsa und dem Schauspiel.Auch hier sind ihm gute Arbeiten gelungen.Die vielen öf fentlichen Anerkennungen,die er erfahren hat, be weisen dies, so u. a. Kulturpreis des Landes Ober österreich, Literaturpreis der Stadt Linz, Buchpreis des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst, Verleihung des Professortitels. Seine Rückkehrzum Gedicht ist sehrzu begrüßen. Annemarie Richter: fViostkochbuch. — Linz: OLVBuchverlag 1984, 80 Seiten, 21 x 14,8 cm, celioeinkaschiert, Ladenpreis 178 S. Durch den Oberösterreichischen Landesverlag wird Wels zur literarischen Hauptstadt der ober österreichischen Landessäure erhoben. Nach Er scheinen der Lobrede von Wilhelm Ludwig Rieß „Vom Most und den Mostschädeln", deren Rezen sion uns im Vorjahr Freude und Vergnügen war, liegt nunmehr ein Mostkochbuch vor. Wilhelm Lud wig Rieß ist Direktor des Stadtmuseums Wels. Für Dr. Annemarie Richter wird Berlin als derzeitiger Wohnort angegeben, geboren wurde die Autorin jedoch in Wels und sie hat in Steinerkirchen an der Traun, also in Stadtnähe von Wels, einen Zweit wohnsitz. Sehnsucht nach der Heimat hat offen sichtlich auch ihre Liebe zum Most vertieft, so daß siezu dem Schluß kommt:„Mit gutem Most... Da kochts." Ein 1. Preis 1984 bei einem Kochwettbe werb in Berlin (Ente gut alles gut) weist sie als er fahrene Kochkünstlerin aus. Ihr Wissen und ihre kulinarische Erfahrung widmetsie im vorliegenden Geschenkbändchen, das typographisch liebevoll gestaltet wurde (Ferry Rotter), der Bereicherung unserer Küche durch 101 Mostrezepte, die in zwei Hauptgruppen zusammengefaßt sind: „Dünsten und Braten — eine herzhafte und deftige Kost", sowie „Beizen mit Apfelmost". Als die für Zuberei tung mit Most geeigneten Fleischsorten werden Schwein, Rind, Lamm, Geflügel, Kaninchen und Wild genannt, Kalbfleisch kommt nur in Form von Ragout in Frage. Es gibt aber auch Eintöpfe mit Most, Beilagen mit Most, Restlküche mit Most und sogar Süßes mit Most, wie z. B. Zwiebackaufiauf, Apfel-Povesen und Apfeimostbowle. Das Wasser rinnt dem Leser bei der Lektüre dieses Büchieins genußvoll im Mund zusammen. Köstlich auch eine Art Wörterbuch, in dem österreichische Kochausdrücke ins „Hochdeutsche" übertragen werden, wie etwa „Ortschwanzel = zum Dünsten geeignetes Rindfieisch". Hugo Schanovsky: Heitere Bettsteigerl. Die Fieder maus und andere Mißverständnisse, mit Zeichnun gen von Rudolf Nemec alias„Florian". — Linz: OLVBuchverlag 1984, 123 Seiten, 13 ganzseitige Zeich nungen, kartoniert, Ladenpreis 147 S. 23 neue Kurzgeschichten von Hugo Schanovsky, seit 1984 Bürgermeister der Stadt Linz! Köstliche Fortsetzung seines „Heiteren Nachtkastlbuches". 86

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