Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 1, 1985

Weyer an der Enns, Pfarrkirche, Feiertagskeloh aus 1717 mit Emaiibild des hl. Berthold. — Foto: Diözesanbiidsteiie Linz in der Diözese nicht eingeführt wurde,so fei erte man es nun auch in anderen Klöstern, wie z. B. Göttweig und St. Lambrecht, in ent sprechender Weise. Ais unter Abt Roman Rauscher (1642 bis 1683) beschlossen wurde, anstelle der alten, wiederholt restaurierten Kirche eine neue im barocken Stil zu erbauen, bedeutete diese Entscheidung auch für das Bertholdgrab die endgültige Situierung. Sie war mit einer neu erlichen Übertragung der Reliquien verbun den. Am 3. Juni 1677zog der ganze Konvent nach Verrichtung des Abendgebetes (Kom plet) zum Grab. Dieses wurde geöffnet, die Reliquien daraus entnommen und in einen bereitgestellten Kupfersarg gelegt. Man hatte angenommen,diese Aktion ohne großes Auf sehen durchführen zu können. Doch unter der Garstener Bevölkerung verbreitete sich rasch die Kunde.Anselm Angerer berichtet in seinem Tagebuch, es sei rührend gewesen, mit welcher Anteilnahme und Andacht die herbeigeeilten Zuschauer der etwa zwei Stunden lange dauernden Handlung folgten. Es wurde der Sarg dann für die folgende Nacht in der Krankenstube abgestellt. Am nächsten Tag um 8 Uhr früh fand eine feierli che Übertragung in die Pfarrkirche statt. Dort wurden die Gebeine in der Gruft provisorisch beigesetzt. Der Kirchenbau schritt voran. Das Türkenjahr 1683empfanden auch die Garstener als eine gefährliche Bedrohung. Der greise Abt ließ sich nach Spital a. Pyhrn bringen. Doch die Gefahr ging Gott sei Dank vorüber, aber of fenbar hatte die Aufregung dem Abt Roman das Herz gebrochen. Er verstarb am 2. Okto ber. Die Garstener Konventualen wählten nun Anselm Angerer zu ihrem Oberhaupt, der schon längere Zeit eine einflußreiche Rolle gespielt hatte. Da der Abt mit den anderen Garstenern zu sammen die Rettung des Stiftes vor den Tür ken u. a. dem Schütze des hl. Berthold zu schrieb, sah er sich veranlaßt, in Passau wieder einmal eine Eingabe wegen der Auf nahme Bertholds in das Diözesanproprium vorzubringen. Er schrieb an den Passauer Fürstbischof Sebastian von Pötting (1673 bis 1689), er möge das Fest des hl. Berthold in das Kalendarium der Diözese aufnehmen. Nun begann wieder das verhängnisvolle Spiel. Die Passauer antworteten wie immer freundlich, gerne seien sie bereit, den Wün schen des Abtes zu entsprechen,freilich sei die Voraussetzung, die Garstener müßten den Beweis einer feierlichen Kanonisation er bringen können. Man war also soweit wie zuvor. Als nach dem Hochaltar als erster derjenige des hl. Berthold auf der Epistelseite fertigge stellt wurde, wandte sich Abt Anselm noch mals nach Passau; diesmal mit der Bitte, die Reliquien Bertholds in die Klosterkirche zu rückbringen lassen zu dürfen. Sehr rasch, nämlich am 7. Februar 1686,langte die erbe tene Bewilligung ein, so daß am Bertholdfest des Jahres 1686 die RückÜbertragung in fei erlicher Prozession erfolgen konnte. Der Altar selber wurde nach Fertigstellung der übrigen Altäre durch den neuen Passauer Fürstbi schofJohann Philipp Graf von Lamberg(1690 bis 1717)am 29. Dezember 1693 konsekriert. Barocke Frömmigkeit, neu erwachter Sinn für die Heiligenverehrung und die lebendige Er innerung an Berthold sorgten für eine Weiter führung seines Kultes. Statuen und bildliche Darstellungen, nicht nur in den von Garsten betreuten Pfarren, hielten die andächtige Er innerung fest. Noch heute erfreut uns das Er klingen der mächtigen Berthold-Glocke, die im Südturm der Stiftskirche ihren Platz fand. Sie wurde anläßlich des 60. Geburtstages von Abt Anselm im Jahre 1707 gegossen. Als sie im Jahre 1791 vom Turm genommen wer den sollte, um in eine Feuerspritze umgegos sen zu werden, setzten sich die Garstener Bewohner kräftig und mit Erfolg zur Wehr. Obwohl die Aufklärung auch in Garsten ein gedrungen war, hielt es der letzte Abt Maurus Gordon (1763 bis 1786) im Jahre 1782 doch noch einmal für angebracht, beim Passauer Bischof, Kardinal Leopold Ernst Graf von Firmian (1763 bis 1783), einen Vorstoß zu unter nehmen. Er bat, das Berthold-Fest möge auf die ganze Diözese Passau oder zumindest auf die Klöster dieses Sprengeis ausgedehnt werden und beriefsich darauf,daß kurzzuvor das Fest der Hemma von Gurk (1745) für deren Heimatdiözese Gurk eingeführt wor den sei. Doch Leopold Ernst schrieb trotz sei ner Erziehung bei den Jesuiten im Germanikum zu Rom auf den Akt: „Bey gegenwerti gen Zeitumständen leichtet die Unthuenlichkeit, Gefährlichkeit und erstaunliche Unbescheidenheit des Abbten und Convents her vor, die diesen indiscreten und unbesohnenen Mönchen wohl zu erkhennen gegeben werden müßte." Dies geschah dann auch. Nach dem am 13. März 1783 erfolgten Tode dieses aufgeklärten Kirchenfürsten wurde bekanntlich durch Kaiser Joseph II. gemäß einem schon länger vorbereiteten Plan das Bistum Linz errichtet und als von Passau ab getrennterklärt. Eine Maßnahme,die schließ lich durch Papst Pius VI.(1775 bis 1799)aner kannt wurde. Für die Garstener bestand wohl damals die Versuchung zur Schadenfreude. Wenn sie dieser erlegen sein sollten, dann hatten ihr Genuß und ihre Freude nicht lange gewährt, denn nach dem Tode des Abtes Maurus Gordon wurde am 1. Mai 1787 das

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