Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 1, 1985

Oberösterreich aktuell Oberösterreichische Landesausstellung 1985 „Kirche in Oberösterreich200 Jahre Bistum Linz" Helga Litschel Die päpstliche Errichtungsurkunde vom 28. Jänner 1785 bestätigte die Bemühungen Kaiser Josefs il., das Gebiet,dasziemlich ge nau die Fläche des heutigen Oberösterreich umfaßt, aus der geistlichen Abhängigkeit vom Großbistum Passau zu lösen und die Diözese Linz zu schaffen. Seither sind zwei hundert Jahre vergangen, und dieses Jubi läum nimmt das Land Oberösterreich wahr, um gemeinsam mit der Diözese Linz die Lan desausstellung 1985 dem weitgespannten Thema „Kirche in Oberösterreich" und dem Anlaß „200 Jahre Bistum Linz" zu widmen. Als Ausstellungsort wurde das ehemalige Be nediktinerstift Garsten gewählt, wohl auch im Hinblick darauf,daß der Name „Garstina" vor rund tausend Jahren anläßlich der Synode zu Misteibach nächst Weis zum erstenmal ur kundlich aufscheint. Damit rückt ein Stift wie der ins Bewußtsein weiter Bevöikerungsschichten, das zu Unrecht viele Jahre hindurch ein Dornröschendasein geführt hat; und nicht nur das: Mit dem Namen Garsten verbindet man den Begriff „Männerstrafanstait", und der überschattet andere, lichtvolle Namen wie Garione. Prandtauer, Resifeid, Aitomonte, Rittinger und nicht zuletzt Berthold, jenen ersten großen Abt,der dem jungen Klo ster von 1110 bis 1142 vorstand und der 1970 heiliggesprochen wurde. Dieser aus einem Adeisgeschiecht stammen de Mönch,der sich zunächst in dem berühm ten Schwarzwaidkloster St. Blasien und spä ter als Großprior von Göttweig bewährt hatte, förderte nicht nur die Kolonisation im Ennsund Steyrtai, sondern seine Reformen wur den zum Vorbild für viele Benediktinerniederiassungen in Österreich. Wenige Jahre nach dem Tod Abt Berthoids entstand die „Gerate ner Chronik" in einer Schreibschuie,die dem Namen Garsten bis ins 14. Jahrhundert unter den mittelalterlichen Skriptorien alle Ehre machte. Während der Reformation drohte Garsten zu verfallen. Aber das Schicksal meinte es noch einmal gut: Unter Abt Anton Ii. Spindler sowie seinen Nachfolgern Roman Rauscher und Anselm Angerer erlebte Garsten einen neuen Höhepunkt, ausgewiesen durch eine Bauiust, die das Stift zu einem der gültigsten Denkmäler des Barocks im süddeutschen Raum werden ließ. Gleichzeitig vermochte das Kloster seine Position in wirtschaftlicher und geistiger Hinsichtzu stärken und zu festi gen; die Geratener Benediktiner galten weit em als überaus gelehrt, ihre Äbte spielten eine gewichtige Rolle innerhalb der Landes politik. Auch auf dem Gebiet der Seeisorge bildete Garsten ein Zentrum, von dem vor allem Steyr profitierte. Trotzdem kam es auf die Liste der kaiserlichen Kiosteraufhebungskommission. im Herbst 1787 mußten die ietzEin kostbares Ausstellungsstück: Bemalter Bucheinband von 1320 eines Evangelienkommentars zu Markus, aus Garsten stammend, jetzt Studienbibliothek Linz. — Foto: Diözesanbildstelie Linz ten Mönche ihr Haus für immer verlassen. Das Inventar — darunter wertvollste Kunstge genstände — wurde unter anderem an Wie ner Trödler verschleudert. Ais dann in die von Carlo Antonio Carione und Jakob Prandtauer erbauten Stiftsgebäu de die Strafvoilzugsanstalt einzog, blieb von der einst blühenden Benediktinersiediung nichts übrig als die Stiftskirche. Sie allerdings ist wahrhaftig ein Juwel, das jeden Kunst freund bewegen und begeistern muß. Die Pläne dazu schuf Pietro Francesco Carione, seine Söhne sorgten für die Ausführung:Car lo Antonio als Architekt, Giovanni Battista als Stukkateur. Außerdem arbeiteten in Garsten die Steinmetzen Peter Magnus Roß, Johann Jakob Canevaie und Johann Baptist Spaz, als Freskanten waren die Brüder Grabenberger — Michael Christoph, Michael Georg und Johann Bernhard — aus Und bei Krems be schäftigt. Das innere des Gotteshauses wird in erster Linie von den reichen Stukkaturen und vom Hochaltar bestimmt, dessen überlebensgro ße Statuen eine meisterliche Leistung des Garstener Laienbruders Marian Rittinger dar steilen. Nicht minder bedeutsam erscheinen niederländische Biidteppiche an den Chor wänden und die Werke jenes Künstlers, den man als Garstener Stiftsmaler bezeichnen kann: Johann Carl von Resifeid. ihm begeg net man in einem Wandgemälde,das die Be freiung Wiens von den Türken zum Inhalt hat, in bemalten Wandbehängen mit Begeben heiten aus den Makkabäerkriegen und im Aitarbiatt des Berthoid-Aitares. Das Oberbiid zeigt den Sarg des Heiligen, von zwei Engein getragen. In der Nische davor jedoch sehen wir den Gottesmann selbst, voiiplastisch in Stein gehauen, auf seinem Hochgrab lie gend. Die beeindruckende Plastik entstand in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, in einer Zeit also, da das Grab des heiiigmäßigen Garstener Abtes längst Ziel frommer Pil ger geworden war. Im selben Jahrhundert errichtete man auch das Hochgrab für jenen Mann, der das Wir ken der Benediktinerzu Garsten ermöglichte: für Markgraf Otakar il. von Steyr. Er hatte das von seinem Vater gegründete Koiiegiatstift im Jahre 1107 mit Mönchen aus Göttweig be setzt. Das Grab zeigt ihn mit dem Modell der romanischen Kirche in der Hand neben sei ner Gemahlin Elisabeth. Diese würdige Grab stätte erhielt das edle Paar anläßlich einer zweiten Beisetzung im Jahre 1347. Doch nicht nur ein Heiliger und ein Markgraf fanden ihre letzte Ruhestätte in der Stiftskir che Garsten. Das Adeisgeschiecht der Lo sensteiner wählte das Kloster der Benedikti ner zu seiner Erbbegräbnisstätte, in der Losensteinerkapelie sind ihre Grabdenkmä ler erhalten.Sie reichen zeitlich vom 13.Jahr hundert bis zum Aussterben des Geschlech tes mit Franz Anton Reichsfürst von Losenstein, Dompropst zu Passau, im Jahre 1692. Just in diesem Jahr malte Carl von Resifeid das Altarblatt der dem hl. Sebastian geweihten Kapelle. Damit war ein Sakralraum von selten schöner Harmonie vollendet. Car lo Antonio Carione hatte ihn geplant und 1687 gebaut, sein Bruder Giovanni Battista schuf den Stuckaitar und überzog die Gewölbe mit seinem überreichen Stuck;die Fresken steu erte Antonio Galliardi bei. Alles zusammen übt einen eigenartigen Zauber aus, geformt aus strenger Andacht und barockem Über schwang, dem sich kaum ein Besucher ent ziehen kann. Die Garstener Stiftskirche zu besichtigen, zählt demnach zum Pflichtprogramm jedes Kunstfreundes, der zwischen 26. April und 27. Oktober 1985 zur oberösterreichischen Landesausstellung „Kirche in Oberösterreich — 200 Jahre Bistum Linz" kommt,dies umso mehr, als die Losensteinerkapelie in die Aus steilung integriert wird. Aber damit sind die baukünstierischen Leckerbissen, die Gar73

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2