Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 1, 1985

Zweckform,die abgewandelt werden konnte. Da der Boden der Grablege begangen wur de, mußten verhältnismäßig flache Reliefs ausgebildet werden. Die Möglichkeit, die Platte ausdem Staubezu erheben,führte zur Ausbildung des Hochgrabes, der Tumba,die außer dem praktischen Zweck dem Nach ruhm stärker dienen konnte, da auch die Sei ten des Kastens mehr Platz für die Aus schmückung boten. Die Darstellungen auf dem Tumbadeckel blieben für den Betrachter weitgehend unsichtbar, die Schrift am schrä gen Plattenrand mußte von der Seite her und nicht von oben lesbar sein, in der Schrift ist der grundlegende Unterschied zwischen einer Grabplatte und einem Hochgrabdeckel zu erkennen. Von den Grabplatten stammen die Wand grabmale ab, die aber in Form und Komposi tion konservativ bleiben. Epitaphien dagegen sind mehrfigurige Andachtsbilder aus ver schiedenen Materialien; Stein, Metall, Holz oder Malereien auf Holz und der Wand oder Glasfenster. Die Forschung hat die Möglichkeit, verschie dene Fragen von den Grabdenkmalen her beantwortet zu erhalten. Die Grabplatte ist in erster Linie ein historisches Dokument, ein geschichtliches Denkmal, das familienge schichtliche Aussagen vermittelt. Einen Vor teil für die Zusammensteilung von Reihen bietet die oft sehr genaue Datierung, eine Herstellung der Platte wurde in der Regel kurz nach dem Tode der Bestatteten von den Hinterbliebenen veranlaßt. Deshalb kann die Entwicklung der Schrift durch die Wissen schaft der Epigraphik lückenlos dargestellt werden; es ergeben sich auch hier Gruppen, weil jede Werkstatt eine eigene Handschrift führte. Die Art, wie eine Inschrift auf eine Plat te gesetzt wurde, unterliegt künstlerischen Kriterien. Die Sprachwissenschaften erfah ren z. B. den Übergang von der lateinischen zur deutschen Sprache und hier oftmals Aus sagen zum Dialekt der Landschaft. Ähnlich ist das Vorgehen der Heraldik, die sich mit der Entwicklung des Wappens befaßt. Bei fi gürlichen Grabplatten gewinnen auch andere Disziplinen Erkenntnisse, wie die Waffenund Kostümkunde. Durch ihre Herkunft aus Bildhauerwerkstätten vermitteln die Steine auch künstlerische Werte,sie können kunst historisch — stilkritisch geordnet und bear beitet werden. Allerdings werden nur selten alle Möglichkeiten der Denkmäler gleichzei tig berücksichtigt. Die mittelalterlichen Grabmale der Losenstei ner zerfallen in sieben Werke aus dem 14., vier Platten aus dem 15. Jahrhundert, alles Wappensteine, und nur einen figürlichen Rit terstein aus dem Anfang des 16. Jahrhun derts. Im Vordergrund dieser Skizze soll die formale Entwicklung des Wappens stehen. Auf den frühen Platten fehlt jede Spur einer religiösen Verheißung, eines frommen Wun sches in der Inschrift, es herrscht auf diesen Steinen des 14. Jahrhunderts nur die Reprä sentanz des legitimen Anspruches des Ge burtsadels. Träger des Wappens ist der Schild, zunächst der heraldische Dreieck schild mit ausgebauchten Seiten und oben eingezogen, den die Platte Berthold III., ge storben 1355, schmückt. Auf den Denkmä lern für Gundaker V, gestorben 1374, und Hartneid II., gestorben 1387, wird die Schild form zum Dreieckschild gestrafft, die Seiten sind nur noch geringfügig ausgebaucht. Die beiden schriftiosen Steine gehören in diesen Zusammenhang,sie sind erst in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts entstanden. Um 1400 erscheint die unten abgerundete Form, die sich zwar durch das ganze Jahrhundert zieht, aber seit der Mitte dem tartschenförmigen Schild langsam weicht, da er der Kunstheral dik eher entspricht. Die geschweiften, an einer Seite eingekerbten und nach der ande ren ausgebogenen Tartschen, die im Turnier entwickelt wurden, kamen dem spätgoti schen Kunstwollen besonders entgegen. Der Ausbildung der Schildfigur, des Panthers der Losensteiner, auf schwarzem Grund ein gelbes, feuerspeiendes Tier, boten sich für den Künstler mannigfache Möglichkeiten zur Gestaltung. Dagegen ist die Form des Hel mes stärker zweckgebunden. Der Topfhelm ist oben flach, hat eine verstärkte, oft gratige Mittelkante, unten an beiden Seiten eine kreuzförmige Öffnung zum Durchziehen der Befestigungskette und zahlreiche Luftlöcher in mehreren Reihen übereinander. Darüber liegen die schmalen langen Augenschlitze. In ihrer Höhe konnte die Verstärkung der Mittel achse mit einem stilisierten Blatt endigen. Die zwei Helme auf den Platten Berthold IV., gestorben 1443,und Florian,gestorben 1452, sind Spangenhelme,während in der gleichen Zeit auf der Platte für Rudolf,gestorben 1449, der schwere Stechhelm verwendet wurde. Der Spangenhelm blieb seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts die bevorzugte Form für das Adelswappen wie bei Achaz,gestorben 1527. Auf diesem Stein wird beim Wappen der Polheimer auch eine Helmkrone verwendet, sie spielt in der Heraidik nur eine untergeordnete Roiie und ist kein Rangabzeichen. Sie kann beliebig auf jedem Wappenhelm angebracht werden. Die Helmdecke bietet für die plastische Dar stellung das größte und freieste Feld unter allen Wappenteilen. Sie ist in ihrer künstleri schen Durchführung und Form am stärksten dem Zeitstil unterworfen und entfernt sich am weitesten und schnellsten von ihrer heraldi schen Grundform. Ihr ursprünglicher Zweck war die Beschattung. Die strenge Form über den Topfhelmen des 14. Jahrhunderts weicht im 15. Jahrhundert den Zaddeln, die der For menvielfalt der Steinmetzen freien Lauf lie ßen. Die Zaddeln sind bei spätgotischen Stei nen ein wesentlicher ornamentaler Bestand teil des Bildfeldes. Das Kleinod ist der plastische Schmuck auf dem Helm, oft die Wiederholung der Schild figur. Bei den Losensteinern wird durchwegs ein Paar Büffelhörner und ein Paar Ohren verwendet. Erst vor der Mitte des 15. Jahr hunderts wird in die Ausbauchung der Hör ner der Oberkörper des steigenden Panthers eingestellt. Büffelhörner waren auch ander weitig als Helmkleinod beliebt, die Verwen dung in Zusammenhang mit den Ohren dürf te vom Haupte des Panthers übernommen worden sein. Zweimal kommt das Wappen der Polheimer vor, die acht Schrägbalken. Als Kleinod werden hier Schirmbretter oder Flü gel, die das Wappen wiederholen und am Rande mit Federn besteckt sind, aufgesetzt. Diese Bretter waren notwendig für Wappen, die mit ihren geometrischen Figuren nichtfür Helmkleinode geeignet waren. Die gesamte Anlage des ganzen alleinstehenden Wap pengebildes ist vorherrschend von links nach rechts (heraldisch) gewendet. Der Schild kann sich nach rechts bis zu einem Winkel von 45 Grad neigen, der Helm ruht dann auf der linken Ecke oder auf der linken Hälfte des oberen Schildrandes und ist gerade, frontal oder mehr oder weniger nach rechts gestellt. Das Kleinod folgt der Richtung des Helmes nur so weit, als seine Teile zur vollen Ansicht kommen; es braucht der Helmstellung nicht zu entsprechen. Sind zwei Schilde darge stellt, so neigen sie sich gegeneinander(vgl. Nr. 10). Der Frauenschild ruht unter dem Schütze des rechten, also des Mannesschil des (vgl. Nr. 8). Stilkritisch lassen sich aus dem Bestand drei Gruppen zusammengehöriger Grabplatten zusammensteilen a) Die beiden unbeschrifteten Steine sind nicht nur durch das Material Kalksandstein verbunden, sondern auch durch das Profil der Rahmung, die Stellung der Schilde, die Auffassung der Panther bis ins Detail, die Form der Topfhelme, die Kleinode als von einer Hand geschaffen erscheinend; nur bei den Helmdecken hat sich der Meister kleine Abweichungen erlaubt. b) Die Grabplatten des Gundakar V, gestor ben 1374, und des Hartneid II., gestorben 1387,sind gleichfalls aus einer Werkstatt her vorgegangen. Hier sind es vor allem die Schildfiguren, aber auch Helm, Ohren und vielleicht auch die Schrift entsprechen einer Werkstattgepflogenheit. 67

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