Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 1, 1985

Göttweiger Codex 882, Abschrift der Vita Sancti Bertholdi aus dem 18. Jahrhundert, Sepia zeichnung von Johann Karl von Resifeid (1658—1735), Darstellung des hl. Berthold mit seinem Attribut(zwei Fische), im Hintergrund die Wunderlegende. — Foto: Kunstsammlungen und Graphisches Kabinett Stift Göttweig .. "-4. < Ci,-f /A L Seine Stellung nutzte er niemals zu seinem persönlichen Vorteil aus. Er aß Immer das gleiche wie seine Brüder und das nur mäßig, vergönnte sich auch kaum Wärme während des Winters. Seine Selbstlosigkeit und Hilfs bereitschaft waren allgemein bekannt. Von den Gaben, die die Besucher brachten, nahm er nichts für sich, sondern verteilte alles gleich an die verschiedenen Klosteräm ter, Indem er dabei sofort den Namen der Spender bekanntgab, damit die Empfänger Ihrer Wohltäter Im Gebete gedenken konnten. Das war übrigens eine seiner Stärken: er Heß seine Mitarbeiter, die Offizlalen des Klosters gewähren, wenn er von deren Tüchtigkeit überzeugt war. Er glaubte keineswegs, alles selber tun zu müssen, dabei stellte die Ver waltung des unter Ihm anwachsenden Klosterbesltzes manche schwere Aufgabe. Das ungerodete Gebiet zwischen Enns und Steyr wurde durch seine Mönche,die Im allgemei nen zu zweit ausgeschickt wurden, kultiviert. Mölln, Steinbach, Ternberg waren die ersten Außenstellen, zu denen noch Gaflenz kam, dessen Pfarre um 1140 nach Garsten ge schenkt wurde. Steyr hatte offenbar zur Zelt Bertholds noch keine Bedeutung gewonnen. Es wird Im etwa ein Lebensalter nach seinem Tode verfaßten ersten Teil der Biographie nie mals erwähnt. Manchmal entschloß sich Berthold sogar aus seelsorgllchen Gründen zu damals durchaus beschwerlichen Reisen. Armllbert von Breltwlesen rief Ihn an sein Sterbebett. Ulrich von Pernegg, der sich nach dem Tode seiner Hausfrau zwölf Konkubinen zugelegt hatte, erbat seinen Besuch. Ob der Heilige vom la sterhaften Lebenswandel vor seinem Besuch schon etwas geahnt hat, Ist unbekannt. Je denfalls hielt er dem Sünder eine Standpau ke. Dieser versprach Besserung und nahm nach einem Rückfall eine seiner Schönen zur rechtmäßigen Frau. Ja, wir wissen, daß der gleiche Ulrich um 1130 die Kirche von Hain dorf(westlich von St. Pölten), mit drei Huben und zahlreichen Untertanen, an das Kloster Göttweig geschenkt hat. Zusammen mit sei nem gleichnamigen Sohn gilt Ulrich von Per negg auch als Gründer des Doppelkonventes Geras-Pernegg. Gelegentlich dieser Reise bat Ihn auch Adelheld, die Witwe nach Ernst von Hohenberg, Herrin auf Schloß Windberg ob Messern(nordwestlich von Horn),zu sich. Die von Ihr angebotenen Geschenke nahm er, wohl mit Rücksicht auf Ihren schwangeren Zustand, nicht an. Bemerkenswert Ist aller dings, daß das Stift Kremsmünster später die Genannte als große Wohltäterin pries. Mit den Grafen von Raabs,die Ihrerseits wie der mit den Babenbergern versippt waren, fühlte er sich durch verwandtschaftliche Ban de verbunden. Er machte auch dort nach mehrmaliger Einladung seine Aufwartung. Esfällt auf,daß alle diese Besuche dem nörd lichen Niederösterreich galten. Dies mag wohl mit seiner Heimat zusammenhängen. Hören wir doch,daß seine Nichte Gertrud an das Kloster Garsten(„aus Liebe zum hl. Bert hold")eine halbe Hubezu Thern,südwestlich von Hollabrunn, gewidmet hat. In der glei chen Gegend besaß das Kloster schon einen Weingarten und das Gut KIblltz, welches die Mutter der beiden schon erwähnten Neffen und der Nichte für Ihr eigenes Seelenhell so wie für das Ihres verstorbenen Ehegatten und der beiderseits verstorbenen Eltern dem Hei ligen geschenkt hatte. Der gebildete und belesene Abt erwies sich als gütiger und,wenn es notwendig war,auch als strenger Vater seiner Mönche, deren Hochschätzung er bis ans Lebensende ge noß. Er war auch groß vor seinem Kammer diener. Als Berater und Helfer seiner Zeltge nossen wurde er allgemein geschätzt. Seine verwandtschaftliche Verbundenheit mit den Babenbergern über die Grafen von Raabs bestimmte seine Einstellung zur Öffentlich keit. Als Im Investiturstrelt unter dem gutmüti gen Papst Paschalls II. (1099 bis 1118) der Kampf noch einmal entbrannte und Konrad von Abensberg (1106 bis 1147), Erzblschof aus Salzburg,flüchten mußte,nahm Ihn Bert hold von Garsten In seinem Kloster auf,eben so wie später der Abt von Admont. Dabei Ist bezeichnend,daß bei der denkwürdigen Sze ne Im Petersdom am 12. Februar 1111 der ge nannte Erzblschof unter jenen war, die dage gen protestierten, Im Sinne des Konkordats von SutrI auf die Regalien zu verzichten. Das

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2