Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 1, 1985

Marian Rittinger und Johann Karl von Resifeid - zwei Barockkünstier von Garsten Walter Luger Der Aufschwung des Kunstlebens im 17. und 18. Jahrhundert in Österreich war von verschiedenen Voraussetzungen bedingt. Einerseits waren der Dreißigjährige Krieg und die Türkenkriege zu Ende, andererseits führ te die Gegenreformation zu einer Vertiefung des Giaubensiebens. in dieser Zeit begann eine Kunstepoche, die für Österreich charak teristisch ist, die man als österreichisches Barock bezeichnet. Diese Entwicklung kann man auch in Oberösterreich, einer der be deutendsten Kiosteriandschaften, wie Feuchtmüiier in seiner „Kunst in Österreich" schreibt, verfolgen. Tatkräftige und baufreu dige Äbte nützten den nun einsetzenden wirt schaftlichen Aufschwung, um glanzvolle Bauten im neuen Barockstil errichten zu las sen. Diese prachtvollen Bauten, die harmo nisch in der Landschaft stehen,zeugen vom Kunstsinn und Raumgefühl und von großzü giger Planung jener Zeit. Auch das Benediktinerstift Garsten hatte eine Reihe solcher Persönlichkeiten, die als Äbte Hervorragendes geleistet haben. Ro man Rauscher (1642—1683), Anselm Ange rer (1683—1715) und Ambros von Freuden pichl (1715—1729)führten das Stift zu einer Blütezeit. Nach einem Entwurf von Pietro Francesco Carlone wurde 1677 mit dem Bau der Barockkirche begonnen, der dann von seinem Sohn Carlo Antonio vollendet worden ist. Der großangelegte Stiftsbau wurde nach dem Tode Carlo Antonio Carlones von Jakob Prandtauer weitergeführt. Für die Aus schmückung von Kirche und Stiftsgebäude wurden von den Äbten bedeutende Künstler verpflichtet, von denen einige ganz an das Stift gebunden waren, wie der Bildhauer Ma rian Rittinger und der Maler Johann Karl von Resifeid. Beide Künstler arbeiteten häufig ge meinsam und schufen hervorragende Kunst werke. Jakob Rittinger (Ritzinger) wurde am 14. Mai 1652 in Klagenfurt geboren. Über sein frühes Leben und seine frühen Werke ist nichts bekannt. Decker nimmt an Hand der erhaltenen Altarwerke und Kleinplastiken an, daß seine Ausbildung in Oberitalien erfolgte. Rittingers Altarfiguren sind zum Teil überle bensgroß und werden in flatternde, sich bau schende Stoffe gehüllt, die sich spiralenartig um den Körper schlingen, um dann wieder kaskadenartig herabzugleiten. Die frontal ge stalteten und großartig durchgebildeten Figu ren sind raumverbunden, was durch die Be wegungen der Arme noch betont wird. Liebe voll gestaltet Rittinger seine Kleinplastiken, von denen einige zu den bedeutendsten Wer ken des österreichischen Barocks zu zählen sind. Im Garstener Chorgestühl steigern sich die verschlungenen Akanthusranken zu einem barocken Bewegungsrausch, der von Marian Rittinger, überlebensgroße Statue des hl. Petrus am Hochaltar der ehemaligen Stiftskirche Garsten, um 1685. — Foto; Diözesanbildstelle Linz Putten belebt wird. Diese bringen aber auch einen heiteren Zug in die Szene. Erst ab seinem Aufenthalt in Garsten ist Rittingers Leben und Schaffen greifbar. Am 31. Oktober 1682 wurde er Novize, wo er am 8. Dezember 1683 unter dem Klosternamen Marian die Profeß als Laienbruder ablegte. In Garsten ist er auch im Alter von 60Jahren am 26. Mai 1712 gestorben. An der Westfassade der Stiftskirche sind die einzigen Steinplasti ken Rittingers aus Eggenburger Sandstein erhalten. Die Nischenfiguren stellen den hl. Berthold, den Stifter Otakar und seine Gattin Elisabeth dar,die Giebelfigur Maria Immacu lata. Auch die beiden Weihwasserbecken hal tenden Engel aus bemaltem Stuck um 1690 sind nach Perndl Arbeiten von Rittinger. Das erste bedeutende Werk Rittingers ist der nach einem Entwurf von Carlo Antonio Carlone geschaffene Hochaltar der ehemali gen Stiftskirche Garsten. Rittinger ist für diese Arbeit schon 1679 nachweisbar. Als Jahresentlohnung bekam er dafür 150 Gul den. Während dieser Arbeit ist Rittinger als Laienbruder in das Stift eingetreten (siehe oben). Der prächtige, in Schwarz und Gold gehaltene Hochaltar war 1685 vollendet. Auf einem mächtigen Sockel erhebt sich der im posante Aufbau. Je zwei gewundene Säulen mit goldenen Blumenschnüren und korinthi schen Kapitellen flankieren das Altarbild. Ne ben diesen Säulen stehen die Figuren Petrus und Paulus (außen) und Benedikt und Abt Berthold (innen)in tief geschnittenen Falten gewändern. Über dem gesprengten Giebel erheben sich wieder je zwei gewundene Säu len, die das Oberbild flankieren. Die Figuren hier stellen Josef und Joachim und die drei Erzengel dar. Diese Plastiken mit zahlreichen Engeln beleben die effektvolle Altararchitek tur. Für Schnitz- und Bildhauerarbeiten am Hochaltar wurden 3000 Gulden ausbezahlt. Der Wert der Vergoldung betrug über 1500 Gulden. Das Tabernakel schuf der Garstener Stiftstischler Jakob Pokorny 1683. Die beiden Altarbilder schuf Franz de Neve 1683. (Der Maler Johann Karl von Resifeid, der vielfach mit Rittinger zusammengearbeitet hat, trat erst 1684 in den Dienst des Stiftes Garsten.) Der um 1700 entstandene lebensgroße Osterengel neben dem Hochaltar ist ebenfalls ein Werk Rittingers. Reich flattert das Gewand um seinen Körper. Weit greifen die Flügel In den Raum. Mit beiden Händen hält er eine füllhornartige Leuchte, sein Blick ist nach oben gerichtet. Aber nicht nur in der Stiftskirche von Gar sten ist ein mächtiger neuer Hochaltar errich tet worden,auch in anderen zu Garsten gehö renden Pfarrkirchen finden wir prächtige Ba rockaltäre, die von der Gestaltungskraft Rit tingers zeugen. So schuf der Künstler 1688—1690 den prächtigen Hochaltar in der Pfarrkirche von Ternberg. Auch hier erheben sich auf einem mächtigen Sockel je zwei Säu len,die jedoch zum Unterschied von Garsten glatt sind. Auf dem gesprengten Segmentgie bel sitzen zwei vergoldete Engel. Im Auszug des Altars befindetsich kein Bild,sondern ein vergoldetes, reiches Schnitzwerk mit GottVater in der Mitte, von spielenden Putten um geben. Vor den inneren Säulen des Altars stehen Petrus und Paulus. Die eleganten, schlanken Figuren werden von reichen Ge wandfalten umspielt, wobei auch hier der Ge gensatz vom eng anliegenden Gewand und dem reichen Faltenspiel des Mantels zum Ausdruck kommt, besonders schön bei der Figur des Apostels Paulus. 47

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