Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 1, 1985

sich gezogen. Der schwerkranke Abt Roman Rauscher (1642—1683), dem die initiative zum Neubau der Kirche und des Klosters zu verdanken ist, flüchtete mit einigen anderen Mönchen in das Kloster von Spital/Pyhrn. Viele Vorbereitungen mußten getroffen wer den, um Kirchenschatz, Bibliothek und Ar chiv in Sicherheit zu bringen. Von den Stra pazen und Aufregungen gezeichnet, brachte man den 80jährigen Abt nach der Befreiung Wiens in einer Truhe nach Garsten zurück, wo er am 12. Oktober verstarb. Sein Nach folger, Abt Anselm Angerer (1683—1715), führte den Bau weiter; 1684 wurden die Tür me fertiggestellt, 1685 war der größte Teil beendet. Am 5. Oktober konnte die Kirche er öffnet werden, aber erst 1693, nachdem die Inneneinrichtung vollendet war,fand die Neu einweihung statt. Unter der Brustwehr der Musikempore heißt es im Bogen der Epistel seite:„MDCLXXVII inchoatum",im Bogen der Evangelienseite: „MDGLXXXV consummatum".27 In der bezeichnenden Inschrift eines Enblems unterhalb des großen Hauptfreskos (vgl. Abb. 1 und 2) wird die „beschwerliche Zeit" betont, in welcher die Kirche entstanden ist, und sogar die Kirche selbst dem Sieg vor Wien gewidmet: MEMORIAE GLORIOSISSIMAE VICTORIAE, CONFÜSIS, SPOLIATIS, VIGTIS, FÜGATIS OBSIDENTIBUS VIENNAM TÜRGIS, QUO ARDUO TEMPORE HOG TEMPLUM AEDIFIGABATUR. Anmerkungen: *Es ist eine schöne und ehrwürdige Tradition unse rer Wissenschaft, für die Hilfe und das Zustande kommen einer Arbeit, sei es auch nur ein kleiner Artikel, zu danken. Deshalb möchte ich an dieser Stelle Herrn Univ.-Prof. DDr. Josef Lenzenweger, Wien, und Herrn Doz. Dr. Karl Vocelka, Wien, für die Förderung in dieser Angelegenheit danken. 1 Zur Triumphdarsteliung vgl.: Josef Perndl, Die Pfarrkirche von Garsten(München o. J.)6f. Ders., Die Stiftskirche von Garsten. Ihre Baugeschichte und Ausstattung(= Sonderdruck aus dem Jahres bericht des Kollegiums Petrinum Linz(1962/63)43. Johannes Geistberger, Beschreibung der ehemali gen Kloster-jetzt Pfarrkirche in Garsten. In: Christ liche Kunstblätter 45 (1904) 115—117, und Jg 46 (1905) 125. Florian Wimmer, Einige Nachrichten über die ehemalige Klosterkirche in Steyr-Garsten. In: Christliche Kunstblätter 40(1899)25. Envin Hai nisch, Kurt Woisetsohiäger, Oberösterreich (= Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Öster reichs,Wien 1956)83.Josef Lenzenweger, Berthold Abt von Garsten 1142 (= Forschungen zur Ge schichte Oberösterreichs 5,Linz 1958)108. Vgl.fer ner das dürftige Werk (mit falscher Jahreszahl: 1689) von Alfred Bretschneider, Ein Beitrag zum Bauschaffen der landständischen Stifte Oberöster44 reichs im 17. und 18. Jahrundert(gedr. Diss. Bres lau 1914) alig.: 38—48,speziell zur Orgelempore: 44. Zu Garsten selbst vgl. zudem; Franz Xaver Pritz, Geschichte der ehemaligen BenediktinerKlöster Garsten und Gleink im Lande ob der Enns und der dazu gehörigen Pfarren(Linz 1841)68—74. Oers., Beschreibung und Geschichte der Stadt Steyr und ihrer nächsten Umgebungen. Nebst mehreren Beylagen, betreffend die Geschichte der Eisengewerkschaft und der Klöster Garsten und Gleink (Linz 1837)438—442. Martin Riesenhuber, Die kirchliche Barockkunst in Österreich (Linz 1924) 288. Gerhard Stenzel, Von Stift zu Stift in Österreich (Wien 1977) 181—183. Dazu die vielen kürzeren Beiträge von Geistberger. In: Christliche Kunstblätter Jge 45(1904) — 48(1907). 2 Perndi, Baugeschichte, 43. Oers., Pfarrkirche, 6—7. 3 Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, begr. von U. Thieme, J. Becker, 28 (Leipzig 1934, 182—183. Perndi, Baugeschichte,42—43.Lenzenweger, Bert hold, 109, 119f. 4 Perndi, Baugeschichte, 43. Oers., Pfarrkirche 6—7. 5 Thieme-Becker, 17 (Leipzig 1924) 458—461. Alfred Wurzbach, Niederländisches KünstlerLexikon. Auf Grund archivalischer Forschungen bearbeitet 1 (Wien 1906) 718—719. G. K. Nagier, Neues allgemeines Künstier-Lexikon 7 (Linz 2 1906) 107—109. 6 Nagier (Linz 19). Peeters taucht weder bei Wurzbach auf, noch ist er bei Thieme-Becker ver zeichnet. 7 Vgl. Walter Sturminger, Bibliographie und Iko nographie der Türkenbelagerungen Wiens 1529 und 1683(= Veröffentiichungen der Kommission für neuere Geschichte Österreichs 41, Graz 1955) 369—373.Karl Toifei, Die Türken vor Wien im Jahre 1683. Ein österreichisches Gedenkbuch (Prag 1883) 482, 464, 492, 512. Victor Renner, Wien im Jahre 1638. Geschichte der zweiten Belagerung der Stadt durch die Türken im Rahmen der Zeit ereignisse. Aus AniaB der zweiten Säkuiarfeier ver anlaßt im Auftrage des Gemeinderates der k. k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien(Wien 1883) 281. 287, 305, 311, 321, 423. 8 Günter Dürriegi, Wien 1683. Die zweite Tür kenbelagerung (Wien 1981) 12. 9 Ebda. 12, 144. 10 Ebda.,12.— Das vierte Blatt der Serie,dasein Bild der Belagerung zeigt, fehlt im Buch trotz der Angabe, daß alle zehn Blätter im Werke veröffent lichtseien.Vgl.49,57,63,69,123,135,143,145 und 13. 11 Vgl.dagegen:Ebda.,12,144.Er meint,daß die beiden „politischen" Szenen nach Zeichnungen von Nicolaus Visscher von R.de Hooghe gestaltet worden seien und begründet dies in der Bezeich nung „apud Vischer cum Privil". Diese Bezeich nung findet sich hingegen auf allen Radierungen de Hooghes, die z. B. im Werk G. V. Ghelens(vgl. Anmerkung 13) beigebunden sind. Nicolaus Vis scher war ein kleiner Verleger in Amsterdam, der hauptsächlich Landkarten in seinem Angebot auf wies. Bislang sind von ihm noch keine künstleri schen Tätigkeiten bekannt. Vgl. Wurzbach, Künstler-Lexikon 2(Wien 1910)801. Es ist vielmehr anzunehmen,daß Visscher als Verleger der Blätter de Hooghes fungierte, wodurch die erwähnte Be zeichnung auch plausibler erscheint. Im Titelblatt des Werkes von Ghelen (vgl. Anmerkung 13) kommt dieser Sachverhalt auch eindeutig und zweifelsfrei zum Ausdruck. — Dürriegi waren of fenbar die restlichen acht Blätter von de Hooghe, wie auch die restlichen zwei Blätter von Peeters nicht bekannt. 12 Vgl. Anton Mayer, Geschichte der Stadt Wien 4: Vom Ausgang des Mittelalters bis zum Regie rungsantritt der Kaiserin Maria Theresia 1740 (Wien 1911)62. 13 Und zwar in der französischen Ausgabe der Beschreibung der Türkenbelagerung durch den Augenzeugen G.V.Ghelen.Dessen Werk erschien zunächst 1683 auf italienisch in Venedig und Wien und erfuhr 1684zahlreiche Neuauflagen auf italie nisch, deutsch und französisch. Die erste französi sche Ausgabe wurde in Brüssel veröffentlicht. Dieser waren die Radierungen de Hooghes beige bunden. Der Titel lautet: G. V. Gheien, Relation succinte et veritabie de tout ce qui s'est passe pendant le Siege de Vienne, Residence de Sa Majeste Imperiale, Assiegee par les Turcs depuis le 14. Juillietjusqu'au 12.de Septembre 1683. Avec la Relation de ia Victoire signaläe Remportee par ies Armes Chrätiennes sur les forces Ottomannes... (Brüssel 1684). 14 Vgl.z. B.das Exemplar derStiche von Peeters, das sich in der Bibliothek des Museums für Ange wandte Kunst befindet. Vgl. die Angaben bei Stur minger, Bibliographie, Nr. 3758, 3759. 15 Zu dieser Problematik vgl. Rolf Engeising, Der Bürger als Leser. Lesergeschichte in Deutschland 1500—1800(Stuttgart 1974). Oers., Analphabeten tum und Lektüre.Zur Sozialgeschichte des Lesens in Deutschland zwischen feudaler und industrieller Gesellschaft (Stuttgart 1973). Juergen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit(München 1962). Kurt Koszyk, Vorläufer der Massenpresse. Ökono mie und Publizistik zwischen Reformation und Französischer Revolution. Öffentliche Kommuni kation im Zeitalter des Feudalismus (München 1972). Karl Voceika, Die politische Propaganda Kai ser Rudolfs II.(1576—1612)(= Veröffentlichungen der Kommission für die Geschichte Österreichs 9, Wien 1981) 13—119. Arnold Hauser, Philosophie der Kunstgeschichte(München 1958)307—365. 16 Sturminger, Bibliographie, gibt umfangreiche bibliographische Auskunft. 17 Vgl. Karl Voceika, Die Türkenbeute in der politi schen Propaganda der frühen Neuzeit. In: Öster reichische östhefte 21 (1979) 79—88. Wolfgang Prohaska, Zum Bild der Türken in der österreichi schen Kunst des 18. Jahrhunderts. In: Die Türken vor Wien.Europa und die Entscheidung an der Do nau (Salzburg 1982) 251—261. Lorenz Seeiig, Aspekte des Herrscherlobs — Max Emanuei in Bildnis und Allegorie. In: Katalog der Ausstellung: Kurfürst Max Emanuei. Bayern und Europa um 1700, Bd. 1: Zur Geschichte und Kunstgeschichte der Max-Emanuel-Zeit, ed. H. Glaser (München 1976). 18 Dürriegi, 1683, 134. 19 Vgl. die Blätter bei Gheien, Relation, 72 und 76; oder bei Toifei, 1683, 464, 482. 20 Dürriegi, 1683, 12, 134, 144. Vgl. auch 146. Dürriegi meint, daß die Person hinter Kaiser Leo pold nicht der Herzog von Lothringen, sondern

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