Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 1, 1985

Berthold - erster Abt von Garsten Wendepunkt in der Geschichte eines Ortes Josef Lenzenweger Wie schmal ist doch der Streifen, auf den das heile Licht unserer Kenntnis fällt, in diesen Jahren begehen viele Pfarren ihr 200jähriges Bestehen, das sie der josephinischen Regu lierung verdanken. Garsten denkt diesmal so gar 1000 Jahre zurück. Am lebhaftesten ist wohl die Erinnerung an jenen Mann erhalten, dessen Beispiel noch heute Leuchtkraft be sitzt, an den ersten Abt des hier gegründeten Klosters. Berthoid lebt noch fort und bedeutet für nicht wenige einen Ansporn für ihr Leben, ein Beispiel. Das Gebiet zwischen dem Zusammenfluß von Enns und Steyr war schon in der Jung steinzeit besiedelt, wie Funde in Unterwaid (heute Gemeinde St. Ulrich), bei den Rebensteinermauern (Mühibachgraben, Gemeinde Garsten), am Fuße der Langensteiner-Wand und in der Prückiermauer(Gemeinde Laussa) zeigen. Doch anscheinend wuchs über diese Siedlungen wieder der Waid. Vielleicht kamen dann hier die Kelten, sicher aber Sla wen; sie begannen die Rodung. Inzwischen war als Vorposten der Religion und Kultur das Kloster Kremsmünster durch den letzten Agilolfinger Herzog Tassilo IM. ge gründet worden, in der Gründungsurkunde werden als Grenze gegen Osten Sierning und Dietach angegeben, wobei es sich wohl um Gewässerbezeichnungen handelt. Erst nach dem Ungarnsturm, der durch die berühmte Schiacht am Lerchfeid bei Augs burg beendet wurde, traten wieder normale Zustände ein, die auch eine Ordnung der kirchlichen Verhältnisse erlaubten. Bischof Piigrim von Passau (971-991) ließ deshalb in seiner ganzen großen Diözese Synoden ab halten, während der auch die Zehentbezirke umschrieben wurden. Bei einer solchen Ver sammlung in Mistelbach bei Wels, die zwi schen 985 und 990stattfand, wurde angeord net, daß u. a. Garsten, Styraburg, Sarning, Schwamming und andere Orte ihre Abgaben an die Pfarre nach Sierning zu entrichten hät ten. Damit haben wir die erste Erwähnung von Garsten und den Grund genannt,warum dieser Ort heuer sein 1000-Jahr-Jubiiäum fei ert(Steyr tat diesschon fünf Jahre früher:an geblich deswegen, weil es auch schon 1880, noch dazu in Anwesenheit von Kaiser FranzJoseph, jubiliert hatte). Die Aufzählung Garstens an erster Steile mag ein Hinweis auf hier bereits einsetzende Be strebungen zur Pfarrverseibständigung sein. Tatsächlich wird schon im 11.Jahrhundertder Name eines ersten Pfarrers erwähnt. Woifgang hieß er. Er ist durch eine Eintragung im Garstner Traditions-Kodex bekannt. Eine Ein tragung, die freilich erst 100 Jahre später er folgt ist: die Markgräfin Wiiiibirg (f 1128) machte ein Versprechen wahr, das ihr schon lange verstorbener Gatte, Otakar I. (t etwa «Jnnl'RöteirfiifpumT'pot mrmer mn*ndlr hocjlclm-jbi nrtiipr pffo iCTiiirrqdfitfroiiÄ it-imif.'('tittmambiiltinefcmmia b tttcdtCnhixfcr mdtxtcia dtfc (?.vpTtc iina K riiKirrliepr.Incii j'inurtäls.ßpKJjroJ IVp KIam4ijri aftts. äi^mmnufrtirpa wiri wiandrjwr ^dälticczncd •(n^anmlmtmirrnm ''dicuiimmmnmcnn^äbdo^daw aliqi. f6i(1rMmw mnmtfair/ 'Y- m CTuieSuuIfi$^m^0fyimnonr fvlieras nir TPA}fW X moiiülocfl. Initlum der ältesten Vita Sancti Bertholdi Abbatis Garstensis, Beginn 13. Jahrhundert, Österreichische Nationalblbliothek, Codex 602, f 63. — Foto: Bildarchiv der Österr. Nationalblbliothek 1080),gegeben hatte.Sie übergab den Dam berg in das Besitztum der Pfarrkirche und da mit des Klosters Garsten. Bekanntlich hat ihr Sohn Otakar Ii.(etwa 1080 bis 1122) seine Eigenpfarre BehambergWeistrach dem Bischof Aitmann von Passau (1065 bis 1091) übergeben und dafür im Tausch die Passauer Eigenpfarre Garsten er halten. Dem Zuge der Zeit folgend, gründete er hier ein Koiiegiatstift, in dem Weitpriester zusammen wohnten. Doch auch dieses Insti tut brachte in den Augen der Reformer nicht den gewünschten Erfolg. Daher ging man an manchen Orten dazu über, Mönche zu beru fen, und zwar der strengen Reformrichtung von Cluny. 1094 waren aus St. Blasien im Schwarzwaid Benediktiner dieser Obödienz nach Göttweig gekommen. Markgraf Otakar Ii., der Eigenkirchherr von Garsten, der als glühender Anhänger der gregorianischen Reform geschildert wurde, beschloß daher auch,sein Weitpriesterstift in ein Benediktinerkioster umzuwandeln. Den Umstand, daß zwei von den Kanonikern in der vorbeifiießenden Enns ertrunken waren. nahm er zum Anlaß,seinen Klerikern,die zu gleich seine Hörigen waren, kurzerhand zu eröffnen, daß er Benediktiner einzuführen gedenke und sie übertreten müßten. Dabei wurde mit den Kandidaten für das Mönchs ieben keineswegs zimperlich umgegangen, um sie für den neuen Stand zu gewinnen. 1107 wurden Mönche aus Göttweig berufen. Sie standen unter der Führung des Priors Wirnt(=Bernhard). Nach dem Tode des Abtes Berengar von Vornbach am Inn (t 29. Oktober 1108) wähl ten die Mönche des dortigen Klosters den Garstner Prior zu ihrem Vorsteher, so war dessen Platz in Garsten frei. Die Bücke des Markgrafen richteten sich nunmehr auf den Nachfolger Wirnts in Göttweig, den dortigen Großprior Berthoid, der ebenfalls aus St. Bla sien gekommen war. Mit ihm betrat jener Mann den Garstner Boden, der die junge Gründung zu hoher Blüte zu führen imstande war. Er wußte in kluger Weise die Giuniazenser-Gewohnheiten den Erfordernissen der mit der Pfarre verbundenen Seeisorge anzu passen.Zahlreiche Eintritte in seinen Muster konvent waren die Folge. Dabei war essicher lich gar nicht leicht, die drei Schichten von Klosterinsassen zu einem gemeinsamen Le ben zu veranlassen: die ehemaligen Kanoni ker, die der Gründer ins Kloster gezwungen hatte,die neue Mannschaft aus Göttweig und schließlich die unter Berthold neu Eingetrete nen. Daß er auch zwei in unseren Augen sehr gefährdete Männer aufnahm, ist für ihn be zeichnend: Einwich, den früheren Räuber, und Leo den Raubritter, der wegen seiner Greueltaten vom weltlichen Gericht schon verurteilt worden war und hinter Kiostermauern Asyirecht suchte. Außerdem waren zwei Neffen von sehr unterschiedlichem Charak ter in seinem Kloster. Berthoid,ein sehr unru higer Bursche,den erschließlich fortschicken mußte, und der als Selbstmörder endete. Ul rich war der andere. Er wurde in Garsten, nach dem Tode Berthoids, Prior und schließ lich 1173 Abt von Kremsmünster(t 1182). Garsten war unter Berthoid bereits in der Lage, nach auswärts Äbte zu liefern. Ulrich wurde erster Abt von Gieink (1125) und ein gleichnamiger Kiostervorsteher zu St. Lam brecht in der Steiermark (ca. 1123). Berthoid war eben ein Mann des Gebetes,der auf ge wissenhafte Verrichtung des Chorgebetes bei sich und seinen Untergebenen Wert leg te. Am Petrus-Altar seines Kloster-Oratoriums feierte er täglich die hi. Messe; dort empfing er viele Hilfe- und Ratsuchende und nahm ihnen die Beichte ab. Dabei sah er gewissen haft darauf, ob sie wenigstens die gewöhnli chen Gebete sprechen konnten. Notfalls sagte er ihnen das „Vater unser"so lange vor, bis sie es erlernt hatten.

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