Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 1, 1985

Abb. 2: Vordere Ansicht des vormaligen Pflegertraktes (1853) f [0^ ■ P[■ ^ ! ^ f : .njijj n □ 0 □ 0 □ □ □ E □ □ n. : •! V" ^ ü □ I G D rer'ti^ ^ ^ '.-.i f 'l^,' , (") , . .. ' y--: , - (>-jLif.(yy'f^o,Ä Obergeschoß hatte ihn aufgebrochen und ge mäß unserer Ansicht in Höhe und Gesimse führung dem Barockbau angeglichen. Außer bei Stengel finden wir ihn auf allen wichtigen barockzeitlichen Bildquellen als markantes Eckmotiv der Klosternordfront, am überzeu gendsten in der Topographie-Serie des Jah res 1693 von Reslfeld,^® wo auch die im Wie ner Riß neben dem Turm befindliche Türe aufscheint. Nach Reslfeld waren nur knapp unter dem Dach kleine Fenster angebracht; bei Stengel sind es zwei Reihen hoch liegen der kleiner ösenförmiger Schußschartenöff nungen. Datierungsversuche zum Turm müssen eher von den Rissen des 19. Jahrhunderts und der Gesamtsituation ausgehen als von den wech selnden Einzelformen des Daches und der Fenster. Er besaß ein Gegenstück am ande ren (nordöstlichen) Ende der Pflegertraktfas sade, dessen Wiedergabe in den Klosterdarstellungen®" recht unterschiedlich erfolgt. Als nach 1735 die Sommerprälatur (der heutige Pfarrhof) erbaut wurde, ging diese Eckpartie verloren. Dagegen ist am Bräuhaus, also im Südwe sten, ein zweites Pendant erhaltengeblieben, das auf Grund verschiedener Zusammen hänge und Überlegungen versuchsweise in das 13. Jahrhundert datiert wird, als nach dem großen Klosterbrand von 1219®^ im Zuge des Wiederaufbaues vermutlich auch die Be festigungsanlage erneuert wurde. In diesem Verteidigungssystem besetzten die beiden Rundtürme die wichtigsten landseitigen Eck punkte, während die Süd- und die Ostflanke des Klosters durch Flußläufe abgesichert waren. Der für diese Untersuchung kunsthistorisch wohl interessanteste Abschnitt wird auf eini gen Plänen mit „Grotte" bezeichnet und bildet ein kurzes Gelenkstück zwischen dem Haupttrakt und dem Bräuhausgebäude. Die dafür aufschlußreichen Detailbeschreibun gen liefern allerdings nur die älteren Pläne, da gerade dieser Bereich bis 1867 wiederhoit stark verändert wurde. „Plan von dem Stifte Garsten: Ebene Erde" (Mappe 1, 1849/50) (Abb. 3) Der Ausschnitt wird rechts von dem oben erwähnten Turm am Bräuhaustrakt, links von einem massiven Mauerbau begrenzt, der mit einer Rundapsis als mittelalterliche Kapelle von beachtlicher Größe (ca. 7 x 18 m) identifiziert werden kann. Zur besseren Erreichbarkeit des inzwi schen wohl profanierten zweijochigen Rau mes wird der Abbruch der hofseitigen Anund Zubauten vorgeschlagen, worunter auch die Wendeltreppe fällt, die auf die Empore geführt hatte. Ein Durchbruch aus dem er sten Stockwerk des angrenzenden Haupt traktes in den nunmehr gänzlich unterteilten ehemaligen Kapellenraum soll sie ersetzen. Eine nahe am Apsidenansatz befindliche Türe wird zugemauert; zu ihr führen von au ßen fünf Stufen empor, ein Hinweis auf einen beträchtlichen Niveauunterschied in bezug auf den Kapellenboden. Andere Maueröff nungen, besonders die gartenseitig rechts gelegene, sollen entsprechend der neuen Verwendung der Räumlichkeiten stark zuge setzt und verkleinert werden. Etwas später entstand ein Schnitt durch den Kapellenbau: „Längenschnitt und rückwärti ge Facade des Strafhaustraktes" (Mappe 7, Plan E, dat. 1852/53) (Abb. 4) mit neuen Überlegungen zum Umbau. Im hinteren Joch knapp vor der Haupttraktfassade genom men, zeigt er Stufen auch vor der nunmehr dort vorgesehenen Gartentüre, und der ange gebene Zwischenboden entspricht genau der ehemaligen Empore. Mit dem Gewölbe schnitt sind, wie der Grundriß des ersten Stockwerkes anzeigt, zwei höchst unregel mäßige Kreuzgratgewölbe gemeint, die auf Konsolplatten auflaufen. Weiters stellt der Schnitt ein ausladendes Hohlgesimse als Ab schluß der hofseitigen Wandgliederung dar, damit andeutend, daß diese Flanke als Schau- und Eingangsseite ausgebildet war. Zusammen mit den in den Grundrissen sicht baren großen Wandnischen lassen diese De tails auf eine Restaurierung des Kapellen baues im späten 16. oder frühen 17. Jahrhundert schließen. Die Hypothese vom mittelalterlich-romanischen Kernbau wird durch die Klostertopographie von 1735®^ er härtet: Mit Sorgfalt zeigt die von Westen ge nommene Ansicht der Klostergebäude ein rundbogiges Trichterportal als vorderen Ein gang zur Kapelle, während ein Fenster im hin teren Obergaden zur Empore gehören dürfte. Im mittelalterlichen Kloster Garsten gab es neben der Stiftskirche und der Laurentiuska pelle (später Losensteinerkapelle) eine Klo sterspitalskapelle, den Heiligen Cosmas und Damian geweiht. Sie wird bereits um 1180 erwähnt^® und iag vermutlich nach der auch für Garsten geltenden Consuetudo von Cluny®"^ bzw. Farva^® etwas abseits vom Klo sterzentrum. Die spätere Unterbringung des Spitals nahe der Klosterkirche bzw. in den Um- und Neubauten am Ennsufer®® ist kein Argument gegen eine Verbindung mit dem hier behandelten romanischen Bau. Von einer Michaelskapelle hören wir, daß sie als erste nach dem Brand von 1219 wieder aufge baut wurde und vielleicht eine Zeitlang als Er satz für die zerstörte Klosterkirche diente.®^ Die Ummantelung der Apsis beweist, daß die Kapelle auch schon im Mittelalter in eine grö ßere Bauzone eingebunden war, die sich bis zum (romanischen?) Rundturm am Bräu30

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