Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 1, 1985

refektorium am Südende des Konvents als „Schule und Kirche" eingerichtet, Pfarrhof und Gemeindeschule besetzen dasSommer abteigebäude, wozu kleinere Veränderungen erforderlich sind.^^ Ais insgesamt umfang reichste Maßnahme war der Ausbau des Mezzaningeschosses im Haupttrakt (Mittel trakt)zu einem voll belegbaren dritten Ober geschoß vorgesehen. Die ältesten Pläne der 2. Mappe stammen vom Februar 1851, darunter solche für die (Refektoriums-)Strafhauskapeiie, die jüng sten vom September 1853. Es handelt sich also sowohl um Projekte, als auch um Be richtspläne von bestehenden und abgebro chenen Gebäuden oder heute nicht mehr zu gänglichen Räumen (etwa im Kellerbereich). Ihre sorgfältig gezeichneten Detailformen er lauben oder bestätigen hypothetische Datie rungen zur Baugeschichte, besonders am Bräuhausflügel. Von acht Planrissen der 3. Mappe sind sechs Stück einheitlich aus dem Jahre 1864, also aus der Zeit nach der Aussiedlung der weibli chen Häftlinge bzw. der Übernahme der An staltsführung durch die Barmherzigen Schwestern. Die bisherige Kapelle im Kon vent wird einem Arbeitspächter vermietet, als neue Strafhauskirche dient der Festsaal, des sen Erwerbung aus bischöflichem Besitz an scheinend inzwischen gelungen war. Auch die Aufnahmen der4. Mappe,alle klein formatig und ohne Datum, entstanden nach 1856,da im Übersichtsplan des ersten Stock werkes links vom Saalrisalit „Trakt der barmh. Schwestern" eingetragen ist. Anderseits fehlt auf dem Situatipnsplan(Plan I) die bald nach 1865 begonnene^^, nahe der Westfront ver laufende Eisenbahntrasse. Eine besonders schöne aquarellierte Darstellung der Hoffas sade des Saalbaues läßt wie die Größe der Pläne vermuten, daß die Serie Zustand und Neuordnung der Anstalt nach ihrer Übernah me durch den Schwesternorden darstellt. Die Mappen 5 und 6 zeigen vorwiegend De tailentwürfe der Jahre 1851 bis 1853, die in diesem Zusammenhang übergangen werden können. Dagegen umfaßt die Mappe 7(A bis D) Pläne, die bei den Bauarbeiten im An staltsbereich verwendet wurden. Sie sind auf gezogen, teilweise zerbrochen, mit Bleistift korrekturen und Zusätzen versehen und tragen die Aufschrift: „AusführungsGrundplan .. . des vormahligen Stiftes Gar sten behufs einer Adaptierung zum Zwecke der k. k. Strafanstalt .. . Aus dem beiliegen den Original Ausführungs-Grundplan dd. Garsten 24. Juni 1851 entnommen mit Be rücksichtigung aller während der Adaptie rung vorgenommenen Bauveränderun gen .. ." Die angeführte Vorlage fehlt, die Handrisse selbst wurden laut Angabe 1852 aufgenommen und in den Monaten August bis September 1853 revidiert und zum dama ligen Bauzustand kollaudiert. Inhaltlich schließen sie an die 2. Mappe an und ergän zen sie. Weiters umfaßt dieser Mappenbe stand zwei Einlageserien zu den Arbeiten an den frühbarocken Nordtrakten („Pfleger- und Schultrakt") und zur Pfarrhofadaptierung in der Winterprälatur. Auch diese Umbauten wa ren gemäß der Titelüberschrift („vollführte Adaptierungsarbeiten") im April 1853 abge schlossen. Die Mappe 8 betrifft den Ausbau des Kon ventgebäudes an der Enns, dessen Erhö hung nicht nur zwei neue Stirnfassaden,son dern aus statischen Gründen auch Ausmauerungen in den darunterliegenden Stockwerken erforderte. Am Südende ist wie derum die „Strafhaus-Kapeile" eingezeichnet mitzwei getrennten Eingängen für männliche und weibliche Sträflinge. Die Pläne sind mit Abschlußdaten (Oktober, November 1853) versehen. Chronologisch am Ende aller Wiener Pläne ist die Mappe 9 anzuordnen, die ausschließ lich bildhaft gestaltete Gesamtdarstellungen der Anstalt und der einzelnen Stockwerke In jeweils doppelter Ausführung enthält. Ihre Datierung ergibt sich daraus,daß sowohl die Eisenbahnlinie als auch die im Anstaltsgelän de verlegte Gasröhrenleitung eingezeichnet sind: nach 1867.^® Die Wiedereinführung der staatlichen Verwaltung (1866) bzw. der Ab schluß der damit abermals verbundenen räumlichen Veränderungen bildete offenbar den Anlaß zur Anfertigung dieser letzten Se rie von „Schauplänen". Der „Situationsplan der k. k. Strafanstalt Gar sten"(Mappe 9)(Abb. 1) ist vermutlich bald nach 1867 entstanden und zeigt den Gebäudekompiex des ehemaligen Klosters im we sentlichen so, wie ihn das 18. Jahrhundert nach Errichtung des Sommerabteitraktes nördlich der Kirche nach 1735^" belassen hatte: unvollendet im Sinne der idealen hoch barocken Vorstellung,^® aber in Kombination mit nachmittelaiterlichen und frühbarocken Bauzonen.Saaltrakt und Kirche liegen einan der achsial-symmetrisch gegenüber,die Bau achse selbst wird mit der „Durchfahrt" und der Baumalleejenseits des neuen Bahndam mes fixiert, sie führt zu einem echten „perspectiv", der hier nicht mehr angegebenen Kreuzkapelle. Dieses Ausgreifen in die Land schaft ist so bezeichnend für die hoch barocke Klosteranlage wie die hierarchisch zentrierte Gebäudeordnung mit der Kloster kirche im Mittelpunkt. Die Konzeption dafür geht noch auf Carlo Antonio Carlone zurück, der ab 1680 bis zu seinem Tode im Mai 1708 den Kirchen- und Klosterbau verantwortlich plante und führte. Das Denken in orthogonal geschlossenen Grundrißmustern war einem oberitalienischen Baumeister von berühmten Vorbildern bekannt (Ospedale Maggiore in Mailand, Escorial in Spanien),die Aktualisie rung dieser Vorstellung am Ende des 17. Jahrhunderts geschah aber sicherlich unter wesentlicher Mitwirkung der hochgebildeten klösterlichen Bauherren, in Garsten durch den großen Anselm Angerer (1683—1715). Bildet die Klosterkirche den glanzvollen Ab schluß der noch von Jesuitenkunst,Gegenre formation und Stuckdekor geprägten voraus gehenden Architekturphase, so eröffnet die Neuordnung des Repräsentationshofes unter Einbeziehung der Kirchenfassade und mit der beschriebenen achsialen Polarität eine Entwicklung,die von den berühmten österrei chischen Donauklöstern Melk, Göttweig und Klosterneuburg aufgenommen wird.^® Carlones künstlerische Beziehungen in diesem Raum — natürlich noch vor Einsetzen der großen Neubauten dort, konnten von der jün geren Forschung inzwischen nachgewiesen werden,^'' biographisch waren sie seit länge rem bekannt. Das Erlahmen der Bautätigkeit um 1750 be ließ vor allem die beiden unregelmäßigen zwickeiförmig anliegenden Nordtrakte („Be amtentrakt") in ihrer frühbarocken Form aus der Zeit um 1650. Abt Roman Rauscher (1642—1683) verlegte damals die Klosterta verne aus dem Westhof vor das Hauptportal und versorgte mitden in Redestehenden Ge bäuden die Hofrichterei(N) und die Kloster schule (hofseitig), deren Identifikation durch zeitgenössische Quellen, aber auch durch die älteren Wiener Pläne(Mappe 1, 1849/50) mit den Benennungen „Pfiegertrackt" und „Alter Schultrackt"zweifeisfrei erfolgen kann. Auf dem Garstener Bild von Stengel (zirka 1634),®® der wichtigsten Bildquelle aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, ist jedoch in aller Deutlichkeit an dieser Stelle nur ein (eingeschossiger?) Trakt eingezeichnet, vor dessen Flucht das Rustikator von 1608 und an der Nordwestecke ein auffallender Rund turm kräftig vortreten. Es liegt die Vermutung nahe, daß Abt Roman die beiden isolierten Bauglieder durch den Neubau des Pfleger traktes verbunden und damit die ungünstige spitzwinkelige Bausituation geschaffen hat. Die „Vordere Ansicht des vormaligen Pflegertractes"(Mappe 7, Einlegebogen; dat. 1853) (Abb. 2)zeigt den erwähnten Turm in seiner Flankenposition, die Darstellung erfolgt aber schematisch und ohne Fenstergliederung, war er doch zum Abbruch bestimmt. Nach den Grundrißplänen von 1849/50(Mappe 1) wurde er nur in einem schmalen Segment vom Pflegerbau berührt. Im Erdgeschoß lief sogar der mächtige Mauerzyiinder vollstän dig durch die angrenzenden Räume, das 28

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