Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 1, 1985

Eine Sammlung Garstener Baupläne des19.Jahrhunderts im Österreichischen Staatsarchiv Johann Sturm Das Österreichische Staatsarchiv(Abt. II: All gemeines Verwaltungsarchiv) verwahrt über 80 Pläne^ zum Baubestand des ehemaligen Benediktinerklosters Garsten, die im Zusam menhang mit der Adaptierung zur Strafvoll zugsanstalt entstanden sind. Dabei handelt es sich nicht nur um Baupläne als Vorlagen für noch auszuführende Um-oder Aufbauten, sondern in der Mehrzahl um Berichte über gegebene Bauzustände oder abgeschlosse ne Baumaßnahmen. Dieser Umstand sowie die mehrfach beige fügten traditionellen Gebäudenamen ma chen die Wiener Sammlung auch für die mittelalterliche und barockzeitliche Bau geschichte des Klosters zur historischen und kunsthistorischen Quelle. Nur unter diesem Aspekt wird sie hier vorgestellt und für einige Punkte erschlossen. Die Durchführung der Arbeiten unterstand der Oberaufsicht der Generalbaudirektion^ in Wien, die damals von Paul Sprenger® geleitet wurde. Daher findet sich auch Sprengers Unterschrift auf zehn Bauplänen im oö. Landesarchiv," die offenbar als approbierte Gegenstücke in der örtlichen Bauleitung auflagen und von dort in das Linzer Archiv kamen. Die Wiener Risse tragen dagegen mehrfach Titel und Namen der in Garsten unmittelbar Tätigen: Josef Reitter (Bauzeichner), Johann Benninger (bürgerlicher Maurermeisterin Steyr), H. Werenfennig (k. k. Bauleitung in Garsten) u. a. m. Am 1. Mai 1787 erfolgte die Auflösung des Stiftes Garsten durch Inkorporation nach Kremsmünster,® wobei die Kommission ge nau nach dem Aufhebungspatent von 1782 verfuhr. Die Pretiosen und Paramente wurden nach Linz gebracht, die entbehrlichen Häu ser und Liegenschaften im Juni 1787 bzw. März 1788 versteigert. Soweit ersichtlich, be traf dies jedoch nur Einzelobjekte außerhalb des geschlossenen Klosterareals, allerdings einschließlich des ehemaligen Prälaturgartens zwischen Kloster und Meierhofgebäu de.® Das Bräuhaus wurde für die Kloster nachfolge „verbestandet", die beiden Ziergärten vor dem Saaltrakt überließ man dem Hofrichter und der Konventgarten wurde von dem als Seelsorger im Stifte verbleiben den ehemaligen Prior beansprucht. Im Kloster befanden sich zum Zeitpunkt der Auflösung 16 Mönche,^ die der Abt von Kremsmünster möglichst rasch auf die Pfarrseelsorge oder andere Benediktinerklöster verteilen mußte. Für den Prior und vier Kooperatoren wurden Im nördlichen Teil des Konventtraktes, also unmittelbar an die ehemalige Stiftskirche (jetzt Pfarrkirche) anstoßend, Wohnungen, Gasträume und ein „Pfarrhof" eingerichtet.® Die übrigen Konventualen durften sich noch bis 25. August 1787 im Kloster aufhalten, dann mußten sie einem Regiment ungari scher Soldaten (Esterhazy®) Platz machen. Innerhalb weniger Jahre kam es nun in den ehemaligen Klostertrakten zu erheblichen Beschädigungen und Verwüstungen. Schon 1791 will die Militärverwaltung die „Kaserne" wegen zu hoher Reparaturkosten aufgeben und befragt daher die umliegenden Kreisäm ter, ob man die drei (!) Regimenter nicht wie ehedem außerhalb des Klosters einquartie ren könne.^° Gleichzeitig betrieb die ver sprengte Klostergemeinde wiederholt beim Wiener Hof die Wiederherstellung der Kommunität, wogegen sich jedoch Landesregie rung und Bischof Josef Anton Gail entschie den aussprachen. Offenbar war also niemand mit der eingetretenen Situation zu frieden. Seit 1784 erwog der Hof, den neu gegründe ten (oder zu gründenden) Bistümern statt eines jährlichen Unterhaltes aus dem Reli gionsfonds Besitzungen und Herrschaften von aufgelassenen Klöstern als Realdotation zu überlassen; 1789 liefen diesbezügliche Verhandlungen für das Bistum Linz, die mit einem Hofkanzleidekret im Oktober 1791 ab geschlossen wurden. Dem Linzer Bischof wurden Garsten, Mondsee und Gleink zu geteilt." Am 20. November 1791 erfolgte die Übergabe von Garsten durch den Abt von Kremsmün ster (als Administrator), wobei aus den da mals aufgenommenen Protokollen die inzwi schen eingetretenen Schäden an Gebäuden und Einrichtung ersichtlich werden. Bischof Gregorius Thomas Ziegler kam selbst aus einem Benediktinerkloster^® und brachte den bedrängten Ordensgemeinden seiner Neu diözese wesentlich mehr Verständnis entge gen als seine beiden Vorgänger. So war ihm gewiß auch an der Rettung der baulichen Substanz von Garsten ernsthaft geiegen. Er beanspruchte einen der Stiftstrakte(Saal trakt ?)mit einem Absteigequartier im ersten Stock und verschiedenen Beamtenwohnun gen, den Bräuhaustrakt, den Meierhof, Stal lungen,Schupfen, Holzlage und Gartenhaus (vermutlich jenes am Ennsufer)sowie einige Objekte und Grundstücke außerhalb der Klo stermauern. Etwa gleichzeitig (1791/92) wur den alle drei Stockwerke des südlichen Mit teltraktes(Haupttraktes) und der erste Stock des Konventbaues von Privatpersonen erwor ben, die jedoch im Laufe der nächsten Jahr zehnte großteils vom Bischof abgelöst wer den konnten.Sogar die Schulgemeinde hatte zeitweise im Mitteltrakt Räume angemietet. Die nach 1792 als Kaserne verfügbaren Räumlichkeiten waren also stark einge schränkt und unterlagen verschiedenen Nut zungen,z. B. als Lazarett während der napo leonischen Kriege.^® Glaubwürdig versichert die zur großen Bert holdfeier im Jahre 1842 erschienene Festbro schüre, daß Bischof Ziegler vieles habe re staurieren lassen, besonders den herrlichen Saal. Die Feier selbst war mit ca.60.000 Teil nehmern eine vorzügliche Gelegenheit, die Aufmerksamkeit einer breiten Öffentlichkeit auf Garsten zu lenken.^® Im September 1849 tätigte die Staatsverwal tung den ersten Ankauf(aus Privatbesitz)von Räumen im ersten Stock des Konventgebäu des zur Errichtung einer Strafvollzugsanstalt; der Haupterwerb erfolgte im März 1850 und betraf die bischöflichen Besitzungen, vor allem die Trakte um den Kirchenhof, ein schließlich der ehemaligen Winterabtei. Aus dieser Zeit(September 1849 bis Jänner 1850) datieren alle Linzer Pläne, die auch den älte sten Wiener Rissen (Mappe 1''®) entspre chen. Auffalienderweise trägt der Saalrisalit im Obergeschoß den Vermerk „Saaltracktfür Sr. E. dem Herrn Bischof reservirt'Ü^ Der erst kürzlich renovierte Festsaal blieb also vorerst vom Verkauf ausgenommen. Im Juli 1851 rückte die erste Kompanie Wach garnison ein, ein ungarisches Infanterieregi ment,anschließend wurden die Gefangenen, 320 Männer und 83 Frauen, einschließlich der erforderlichen Einrichtungsgegenstände aus dem Linzer Strafhaus übersiedelt.^® Das „Provinzialstrafhaus Garsten" war zunächst nur für Gemeinschaftshaft vorgesehen,^® aber schon im Oktober 1853 war das dritte Stockwerk im Konventtrakt „zum Zwecke einer Einzelhaft vollendet hergestellt".®® Die anfängliche Belegung mit Häftlingen bei derlei Geschlechts machte die Verdoppelung aller Versorgungseinrichtungen notwendig bzw. deren abermaligen Umbau, als im De zember 1856 die weiblichen Sträflinge abge zogen wurden. Etwa gleichzeitig übernahm die Ordenskongregation der Barmherzigen Schwestern für ein Jahrzehnt(bis April 1866) die Leitung der Anstalt,ein Umstand,der sich u. a. dadurch auswirkte, daß der Orden die Arbeitskraft der Sträflinge vorwiegend an Ar beitspächter vergab. An Hand dieser hausinternen Veränderun gen und anderer Hinweise kann eine Grobda tierung auch für jene Wiener Baurisse erfol gen, die keine genaueren Angaben tragen. Eine pauschale Übersicht ergibt folgendes: Die Pläne der Mappe 1 sind, wie schon er wähnt, dem datierten Linzer Bestand sehr ähnlich und zeitgleich anzusetzen (Ende 1849 bis Anfang 1850). Es handelt sich um die ältesten Aufnahmen der Klosterbauten und um erste Umbauvorschläge. Wegen des bischöflichen Anspruchs auf den Saal im Westtrakt wird vorerst das ehemalige Kloster27

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