Ennsburg. Die Burg Steyr, die „Styrapurc", wird erstmals 985/91 in einer Notiz über die „Mistelbacher Synode" erwähnt.® Da 1074 anläßlich der Gründung der Benedik tinerabtei Admont durch Erzbischof Gebhard von Salzburg Otakar bereits als „marchio Stirensis" bezeichnet wird, muß zu diesem Zeit punkt die Burg Steyr bereits der namenge bende Sitz gewesen sein.'' Die Schenkung des Damberges, südöstlich von Steyr, an die Pfarre Garsten um 1060 zeigt uns erstmals Otakar I. als Inhaber der Herrschaft Steyr und belegt seinen Besitz in dieser Region. Die Schenkung beweist aber auch, daß bereits Otakar I. Garsten zum reli giösen und wohl auch wirtschaftlichen Zen trum seiner neugewonnenen Markgrafschaft ausbauen wollte. Die Untersuchungen A.Zauners haben über zeugend bewiesen, daß es Otakar I. wohl nicht mehr beschieden war, in Garsten Säku larkleriker anzusiedeln und damit den Grund stein für das spätere Stift Garsten zu legen. Otakar II., geachtet wegen seiner Papsttreue und geschätzt als Schutzherr der Saizburger Erzbischöfe Gebhard (1060—1088), Thiemo (1090—1101) und Konrad i. (1106—1164), gründete zu Beginn seiner Herrschaft Gar sten als Eigenkloster und stattete es mit rei chem Besitz aus. Damit wurde Garsten be wußt zum religiösen Zentrum des Herrschaftsmittelpunktes Steyr ausgebaut. Die politische Mittlerrolle zu der im Osten an grenzenden Mark der Babenberger ergab sich durch die Ehe Otakars II. mit Elisabeth, einer Tochter des Markgrafen Leopold II., die als Mitgift Besitz in den Tälern Traisen und Gölsen mitbrachte, womit später Otakar II. sein neu gegründetes Kloster bestiftete. Wie in der Mistelbacher Synode(985—991) betont wurde, besaß die Pfarrkirche Sierning als Mutterkirche das Zehentrecht über Gar sten. Zu diesem Zeitpunkt waren die Mutter pfarren bereits bestrebt, eine Verkleinerung ihres Pfarrsprengels durch die Gründung von Tochterpfarren hinauszuzögern und diese nur als Vikariate zu führen. Dies bedeutete, daß an hohen Festen der Gottesdienst in der Mutterpfarre gehalten werden mußte und das Tauf-, Hochzeits- und Begräbnisrecht an der Mutterkirche verblieb. Die pfarrliche Unabhängigkeit von Sierning dürfte Garsten in der Mitte des 11. Jahrhun derts erreicht haben. Die erste urkundlich erwähnte Schenkung unter Otakar I. (1050—1075) erfolgte bereits an eine selbständige Pfarre, wird doch im Tra ditionskodex ausdrücklich von einem Pfarrer Wolfgang gesprochen („rogatu Woifgangi hic quondam parrochiani").® Die Schenkung Otakars I. erstreckte sich von der Mündung des Dambaches zum Hof Winter(„Winterube") in der Kat.-Gem. Unter waid —, von da nach Süden zum Lauf des Dambaches, sowie von der Mündung des Mühlbaches gegen Norden bis zur Mündung der „Fruznicha".® Bereits Otakar II. muß nach einer echten Ur kunde Ulrichs von Passau Bischof Altmann (1065—1091)seinen Besitz Behamberg, den Grund,aufdem die dortige Kirche erbaut war, und den Zehent der umliegenden Orte unter der Bedingung überlassen haben, daß die Kirche von Garsten dafür die Seelsorgerech te mit dem gesamten Zehentrecht im Gebiet zwischen dem Ramingbach, der unterhalb der Stadt fließt, und dem oberen Raming bach (heutiger Neustift-Bach), sowie zwi schen Enns und Steyr bis zum Rettenbach nach Süden,weiters am linken Ufer der Steyr ein Grundstück(„dos") mit Mühle und an der Mündung des Ramingbaches in die Enns einen Hofstall erhalte.^ Dieser für Otakar II. wohl sehr vorteilhafte Tausch grenzt das Seelsorgegebiet Garstens nach Norden mit dem Zusammenfluß der Steyr in die Enns ab, nach Süden hingegen öffnet sich für die junge Pfarre ein weites, großteils unkultiviertes und kaum erschlosse nes Rodungsgebiet. Dieses weite Gebiet er möglichte dem Markgrafen, über die seelsorgiiche Erschließung hinaus gleichsam eine Landbrücke in die Karantanische Mark zu schlagen, wo er bis jetzt noch sehr wenig präsent war. Die Kontrolle über diese wichtige Region sicherte am ehesten eine Eigenkir che, mehr noch ein Eigenkloster. Bald nach dem Tausch(1082)übergab Otakar das riesige Seelsorgegebiet einer Gruppe von Säkularklerikern. Enttäuscht von ihrem Lebenswandel und be eindruckt von der vorbiidhaften Reform des ehemaligen Chorherrenstiftes Göttweig, be schloß Otakar nach 25 Jahren Kanonie, sein Eigenkloster in ein Benediktinerkioster der strengen Reform unter der Führung Göttweigs umzuwandeln. Hier hatte Hartmann, der zuvor Prior im Reformkloster St. Blasien im Schwarzwald gewesen war, die strenge Mönchsreform im Geiste Clunys eingeführt und Göttweig in eine Benediktinerabtei um gewandelt. Hatte vor dem Gütertausch Otakars der bi schöfliche Ordinarius von Passau das Verfü gungsrecht über die Pfarre,so blieb Garsten zwar auch weiterhin in der Diözese Passau, Otakar II. wird aber Eigenkirchenherr. Nachdem nun Garsten um 1107 in ein Priorat mit Abhängigkeit von Göttweig und mit Bert hold um 1111 in eine selbständige Abtei um gewandelt worden war, ergab sich für den Markgrafen die Notwendigkeit,sein Eigenklo ster mit umfangreichen Schenkungen auszu statten, damit es den gestellten Erwartungen gerecht werden konnte. Der Bau des Klosters erfolgte auf dem mit der Pfarre eingetauschten Grund. Sowohl das Kloster wie auch die Klosterkirche waren der hl. Maria geweiht, was uns den starken Ein fluß Clunys verdeutlicht. Nach der Umwand lung Garstens in eine Abtei erhält der Abt auch das Vergebungsrecht über die außer halb des Klosters bis 1792 bestehende Pfarr kirche.® Das Besitztum der neuen Abtei umfaßte vor erst die Güter der ehemaligen Kanonie, die aber bei der Umwandlung in eine Mönchsklo ster oder kurz darauf durch Schenkungen be trächtlich vermehrt wurden. In der Vita Bertholdi heißt es: „In den ersten Zeiten des Klosters,als der Gottesmann noch nicht lange an seinem Bestimmungsorte war, sah es mit dem Besitze des Gotteshauses noch recht dürftig aus,aber durch ihn hob es sich aus seinen geringen Anfängen gewaltig, da ihn die Begüterten sowohl wie die Leute aus dem Mittelstande so liebten, daß sie aus Zuneigung zu ihm das Kloster reichlich mit Besitz ausstatteten."® Das riesige, dem Stift anvertraute Seelsorge gebiet bestand vorerst aus ungerodetem Waidgebiet, welches erst kultiviert werden mußte. Diese Aufgabe übernahmen die unge bildeten, bärtigen Mönchsbrüder(„fratres illiterati et barbati"), die ausgesandt wurden, kleine unabhängige Seelsorgestellen (Obödienzen) zu errichten, denen jeweils zwei Brüder vorstanden. Solche Niederlassungen sollen sich bald in Gaflenz, Großraming, Losenstein, Mölln, Steinbach und Weyer befunden haben.'® Diese sich daraus entwickelnden Ortschaften und Seelsorgestätten wurden nicht nur dem Stift inkorporiert, sondern führten später zur Organisation des Grundbesitzes nach Ämtern. So ließ Abt Friedrich I.(1263—1281)den Klo sterbesitz in 11 Amtsbezirke einteilen. 1 Garsten: umfaßte die Güter in der Umge bung des Stiftes bis Großraming 2 Gaflenz: Liegenschaften bis an die Grenze der Steiermark und Niederösterreichs. 3 Mölln: Besitz entlang der Steyr 4 Aschach 5 Windischgarsten 6 Neustift: Güter zwischen den beiden Ramingbächen 7 Weistrach: Klostergut Weistrach,SanktJo hann und Kürnberg in NÖ. 8 Egkerl: großer Bezirk in der Riedmark 9 Thern:Güterzu Garsten(Gastern)und Münichreuth im Waldviertel 10 Wilhelmsburg: alter Besitz im Bezirk St. Pölten 11 Speck: Streubesitz im Hausruckviertel" 20
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